Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Vom Suchen und Finden

Beim Geocaching machen sich Abenteurer auf die Suche nach Schätzen, die andere versteckt haben. Man kann am Perlachtur­m fündig werden oder auf dem Grund eines Sees. Vorausgese­tzt, man lässt sich auf einige Spielregel­n ein

- VON MICHAEL EICHHAMMER

Um uns zu erklären, wie dieses Hobby funktionie­rt, nimmt uns das „Team Dogpatrol“mit zu geheimen Stellen im Siebentisc­hwald. Wir parken in der Krankenhau­sstraße, nahe dem Awo-alten- und -Pflegeheim und dem Universitä­tsklinikum Augsburg Süd in Haunstette­n. Das Team Dogpatrol besteht aus Keith Minehart und seinem Hund, denn der Mentaltrai­ner verbindet sein Hobby gern mit dem Gassigehen. „Einfach so spazieren zu gehen fand ich immer langweilig“, sagt er. Deshalb gefiel dem Haunstette­r die Idee des Geocaching­s.

Diese moderne Schnitzelj­agd kombiniert das Spaziereng­ehen mit dem Nervenkitz­el einer Schatzsuch­e. Der Name Cache kommt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie Versteck. „Ich war damals total erstaunt, wie viele Geocaches es gibt und an welchen teils unmögliche­n Orten“, berichtet der gebürtige Amerikaner. Zehn Jahre und Tausende von Geocaches ist das nun her.

Langeweile beim Spaziergan­g – das kennen nicht nur 49-Jährige wie

Minehart, sondern vor allem auch Kinder. Viele Eltern seien der Überzeugun­g, dass ihre Sprössling­e nicht gern spazieren gehen, weiß der Geocaching-experte. Doch sei dies nur eine Frage der richtigen Verpackung: „Wenn man den Ausflug als Schatzsuch­e ankündigt, sind Eltern überrascht, wie begeistert ihre Kids drei, vier Stunden bei der Sache sind.“

Wichtigste­s Hilfsmitte­l beim Geocaching: das eigene Smartphone. Zunächst installier­t man die App von Geocaching.com. Bei der Suche nach einem Geocache in der Nähe unseres Startpunkt­es zeigt uns die App ein Verstecksp­iel mit dem mysteriöse­n Namen „Maria hilft dir suchen“. Das Handy wird zur interaktiv­en Schatzkart­e. Das eingebaute GPS navigiert uns zur „Schatzinse­l“: eine kleine Kapelle am Wegesrand. „Maria hilft“verspricht der Schriftzug unter dem Dach. Doch die Marienfigu­r im Inneren schweigt und kümmert sich nur um das Jesuskind auf ihrem Arm. Wenn man mal nicht fündig wird, biete die App Hinweise von anderen Geocachern, verrät Keith Minehart. Wir lesen also: „Den Blick auf den Boden gerichtet und voll auf Maria vertraut.“Mit gesenktem Haupt spazieren wir also im Kreis um die Kapelle herum, inspiziere­n den Boden und werden irgendwann fündig. Wo genau, dürfen wir nicht ausplauder­n, denn das wäre gegen die Geocacher-ehre. Vergleichb­ar mit Cineasten, die einem anderen Kinogänger nicht im Vorfeld das Ende verraten. So eine Schatzsuch­e lebt schließlic­h – wie ein Kinofilm – von der Spannung des Ungewissen.

Ein anderes ungeschrie­benes Gesetz in der Geocaching-szene: Der gefundene Cache wird nicht ent

denn er soll ja noch weitere Abenteurer erfreuen. Meist handelt es sich daher um kleine Röhrchen, „Petlinge“genannt. Eigentlich werden aus diesen Rohlingen Petflasche­n gemacht, doch die Geocacher verwenden die Röhrchen als „Flaschenpo­st“. Aufbewahrt wird darin das sogenannte Logbuch. In diesem zusammenge­rollten Papierstüc­k dokumentie­ren die erfolgreic­hen Schatzsuch­er mit Datum und Unterschri­ft, dass sie den Cache aufgespürt haben. Manchmal sind die Zettel aber bereits vollgeschr­ieben, oder der Stift im Petling wurde entfernt. Deshalb rät unser Experte, vorsichtsh­alber immer einen eigenen Stift und Zettel dabei zu haben. Ergänzend kann man sein Erfolgserl­ebnis auch in der App eintragen. Wie lange die Schatzsuch­e dauert, ist zum einen eine Frage der Erfahrung. Zum anderen unterschei­den sich die Caches im Schwierigk­eitsgrad (des Verstecks) und in der Zugänglich­keit des Terrains. Die Stufe 1 ist leicht, während die Stufe 5 die größte Herausford­erung darstellt. Ein Cache der Stufe 1,5, wie unser erster Versuch, sollte in 5 bis 10 Minuten zu schaffen sein, denkt Minehart.

Weiter geht es mit dem zweiten Cache. Der nennt sich „Spaziergan­g im Siebentisc­hwald“und belohnt uns schon vor seinem Auffinden mit einer malerische­n Aussicht. Wie der erste Cache ist er in der Zugänglich­keitsstufe von 1,5. „Das war mein 1112. Cache“, sagt Keith Minehart stolz und trägt sich im Logbuch ein. Wie weit Minehart – im wahrsten Wortsinn – geht, um seine Siegesseke­ith rie zu erhöhen, zeigt sein Bekenntnis: „Ich habe mir extra für einen Cache eine Wathose gekauft.“Fische wollte er im Wasser nicht fangen, sondern einen Cache. Um den zu bergen, musste Minehart nachts durch den Kanal beim Alten Stadtbad waten. Mit Freunden, die sein Hobby teilen, hat Minehart einmal 100 Caches an einem einzigen Tag aufgespürt.

Weltweit gibt es inzwischen rund 2,2 Millionen Geocaches. In Augsburg sind 350 bis 400 davon versteckt. Manche in der Natur, andere in urbaner Kulisse. Unter anderem bei der Autobahnra­ststätte Augsburg Ost, am Bahnhof, Perlachtur­m, dem Rathaus oder der Fuggerei. Schwer zugänglich ist ein Geofernt, cache im Umland: Der Schatz im Friedberge­r Baggersee ist nur von Tauchern auffindbar. „Geocacher suchen sich gern interessan­te Stellen für ihre Verstecke aus“, weiß Keith Minehart. Neben den klassische­n Caches werden immer wieder neue

Varianten ausprobier­t. So gibt es auch welche, bei denen man erst Rätsel lösen muss, um die Koordinate­n zu bekommen. Oder bei denen man dreimal um einen Kreisverke­hr rennen muss – das GPS zählt mit.

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Fotos: Michael Eichhammer Keith Minehart, 49, ist ein Geocaching-experte – sein Hobby kann man auch als moderne Form der Schnitzelj­agd sehen.
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Mit einem Smartphone kann man auf die Suche machen. sich

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