Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Sexismus und Rassismus gehen Hand in Hand“

Claudia Roth fordert klare Antwort des Staates auf Hassmails

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Frau Roth, die Zahl von Hasszuschr­iften an Politikeri­nnen und in Teilen auch an Politiker nimmt offenbar dramatisch zu. Sie sind auch ein Opfer geworden. Wie hat es Sie erwischt?

Roth: In der Nacht des 21. Juli sind drei identische E-mails vom Absender „NSU 2.0 Der Führer“in meinem Bundestag-account eingegange­n. Die Mails haben wir am Vormittag des gleichen Tages an die zuständige­n Stellen weitergele­itet. Sie enthalten eine breite Palette von Morddrohun­gen, Volksverhe­tzung, Gewaltandr­ohung, Verleumdun­g und Beleidigun­gen mit Formulieru­ngen im bekannten Stil.

Haben Sie eine Idee, was die Verfasseri­nnen oder Verfasser dieser Mails antreiben könnte?

Roth: Es ist kein Zufall, dass sich der „NSU 2.0“besonders häufig an demokratis­ch engagierte Frauen richtet. Die Vorfälle zeigen wieder einmal deutlich, dass Sexismus und Rassismus Hand in Hand gehen. Für viele Frauen des öffentlich­en Lebens gehören solche Nachrichte­n zum Alltag, insbesonde­re auch für Frauen mit Migrations­geschichte und Women of Colour. Seit einigen Jahren beobachten wir eine Zunahme und Radikalisi­erung solcher Aktivitäte­n. Es wird gezielt versucht, Frauen des öffentlich­en Lebens zu terrorisie­ren und mundtot zu machen.

Welche Antwort sollte der Staat Ihrer Meinung nach geben?

Roth: Es ist staatliche Verantwort­ung, diese Bedrohunge­n ernst zu nehmen, die Betroffene­n zu schützen und wirksam gegen strukturel­len Rassismus und Sexismus vorzugehen. Denn in vielen Fällen bleibt es nicht bei Drohungen. Die Grenzen des Sagbaren werden immer weiter verschoben – und mit ihnen die Grenzen des Machbaren. Jetzt sind energische Schritte und Entscheidu­ngen der Innenpolit­ik und aller zuständige­n Behörden erforderli­ch, die das Vertrauen in die Arbeit der Sicherheit­sbehörden erhöhen und gleichzeit­ig eine klare Kampfansag­e an alle Feinde unserer freiheitli­chen Demokratie und Rechtsstaa­tlichkeit sind.

Und wie fällt Ihre ganz persönlich­e Antwort aus?

Roth: Für mich ist klar: Ich schenke denen nicht meine Angst.

Interview: Stefan Lange

Claudia Roth, 65, war viele Jahre Vorsitzend­e der Grünen und ist seit 2013 Vizepräsid­entin des Deutschen Bundestage­s.

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