Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Städte wehren sich gegen neue Fahrverbote
Die Schadstoffwerte sind gesunken, aber die Deutsche Umwelthilfe klagt weiter
Berlin Im Streit über Diesel-fahrverbote in Ballungszentren geht der Städtetag auf Konfrontationskurs zur Deutschen Umwelthilfe. „Fahrverbote sind keine gute Lösung, um saubere Luft zu erreichen“, betonte die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Städtetages, Verena Göppert, gegenüber unserer Redaktion. Verbote dürften nur „das letzte Mittel sein, wenn nicht auf anderem Wege die Grenzwerte eingehalten werden können“. Die Umwelthilfe hingegen pocht auf weitere Verbote. Sie hat mittlerweile 40 Klagen eingereicht und will an diesem Dienstag eine Zwischenbilanz ziehen.
Göppert sagte, die Städte unternähmen „große Anstrengungen, um überall die Stickoxid-grenzwerte einzuhalten“. Die Erfolge seien klar zu erkennen: „Der Ausstoß von Stickoxid in den Städten ist zurückgegangen, und zwar nicht nur als Folge der Pandemie“, erklärte sie und verwies darauf, dass Länder und Städte ihre Pläne Luftreinhaltung weiterentwickelt hätten. Zahlen des Umweltbundesamtes bestätigen einen solchen Trend. Allerdings kommt es auch immer wieder zu Überschreitungen der Grenzwerte. Am Samstag etwa schlugen Messstellen in Tübingen und München Alarm – Bayern und Baden-württemberg tauchen in den „Überschreitungstabellen“des Umweltbundesamtes besonders häufig auf.
Die Umwelthilfe moniert, dass Diesel-fahrzeuge die Hauptursache für überhöhte Schadstoffwerte seien. Sie klagt in mehreren Städten auf einen wirksamen Luftreinhalteplan und konnte bereits Erfolge erzielen. Städtetags-vize Göppert erklärte, die Städte seien „hier in der Hand der Gerichte“. Inzwischen habe die Umwelthilfe mit mehreren Städten allerdings auch Vergleiche geschlossen, durch die Fahrverbote dann abgewendet worden seien.
Für den Autoexperten Ferdinand
Dudenhöffer, der unter anderem als Professor für Betriebswirtschaftslehre und Automobilwirtschaft an der Uni Duisburg-essen tätig war, sind die Fahrverbote ein Thema „von gestern“. Der Sturm sei vorbei, „der Staub legt sich“, sagte Dudenhöffer unserer Redaktion. Einerseits habe die Regierung lange die Augen verschlossen und Abmahnungen der EU renitent ignoriert. Die Umwelthilfe habe das Problem dann „brutal sichtbar gemacht und dafür gesorgt, dass Gerichte die Umweltstandards durchsetzen“. Auf der anderen Seite seien die Fahrverbote in höchstem Maße konfrontativ und trügen zur Lähmung der Großstädte bei. Der Städtetag macht die Autobranche dafür mitverantwortlich. „Dass es überhaupt zu den heißen und langen Debatten um Fahrverbote gekommen ist, haben wir der Autoindustrie zu verdanken: Der Ausstoß der Stickoxide auf der Straße war bei zahllosen Diesel-pkw viel
Wenig Interesse an Nachrüstungen
höher als auf dem Prüfstand“, kritisierte Göppert. Sie forderte Bund, Länder und die EU auf, die Bemühungen der Städte für nachhaltige Mobilität, etwa durch den Ausbau des Nahverkehrs, weiter zu unterstützen.
Ein Mittel gegen vermeintlich stinkende Diesel-fahrzeuge sind Hardware-nachrüstungen. Doch das Kundeninteresse scheint gering. Laut einem Bericht der Automobilwoche fördern die deutschen Hersteller die Nachrüstung älterer Wagen mit 3000 Euro. Volkswagen sei jedoch kein einziger Fall bekannt, in dem ein Kunde Gebrauch von der Nachrüstung gemacht hätte. Als weitere Option sind Software-updates im Gespräch. Während die Umwelthilfe sie als „weitestgehend unwirksam“beurteilt, ist das Kraftfahrt-bundesamt der gegenteiligen Auffassung.