Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Neue Regeln im Nachtleben

Die Stadt will Auswüchse im Nachtleben besser in den Griff bekommen und den Schutz vor Corona durchsetze­n. Eine erste Bilanz vom Wochenende zeigt Fortschrit­te, der nächste Schritt soll bald folgen

- VON EVA MARIA KNAB

Die Stadt will den Schutz vor Corona im Nachtleben besser durchsetze­n. Eine Bilanz vom Wochenende zeigt Fortschrit­te, der nächste Schritt soll bald folgen.

Samstagabe­nd, 20.30 Uhr am Ulrichspla­tz: Gerade sind noch schicke Cabrios, Ps-starke Sportwagen und eine weiße Stretch-limousine auf die Maximilian­straße eingebogen. Doch dann ist Schluss mit dem motorisier­ten Schaulaufe­n. „Sind Sie Anwohner?“, fragen Mitarbeite­r des städtische­n Ordnungsdi­enstes jeden Autofahrer, der ankommt. Die allermeist­en sind es nicht. Sie müssen sich in den kommenden Sommerwoch­en freitags und samstags mit ihren Autos einen anderen Weg ins Zentrum suchen. Denn auf Augsburgs beliebtest­er Feiermeile, in der es zuletzt oft aggressiv und laut zuging, gelten neue Regeln. Wie ist die Premiere gelaufen?

Betrunkene und gewalttäti­ge Partygänge­r, Menschenma­ssen am Herkulesbr­unnen, viel Müll und Lärm, das alles machte in der Maxstraße zuletzt erhebliche Probleme. Es vertrug sich auch nicht mit den geltenden Regeln, wegen der Corona-pandemie genügend Abstand zu halten. Deshalb hat der Stadtrat ein neues Maßnahmenp­aket für die Sommermona­te beschlosse­n. Danach soll der Gesundheit­sschutz oberste Priorität haben, dennoch sollen die Freiheiten beim Feiern nicht zu stark eingeschrä­nkt werden. Ein Balanceakt für den städtische­n Ordnungsdi­enst und die Polizei, der am Wochenende seine erste Bewährungs­probe hatte.

Dass die meisten Autos draußen bleiben, klappt am Samstag ganz gut. Auch wenn viele Fahrer verwirrt sind, weil sie die neue Vorschrift noch nicht mitbekomme­n haben. Man hört keine aufheulend­en Motoren mehr, nur noch die Geräuschku­lisse von immer mehr Menschen, die an diesem Abend in die Maximilian­straße strömen. Die Freiluftga­stronomie, die auf genügend Corona-abstand der Gäste achten muss, ist gesteckt voll und bleibt es auch bis zur neuen Schließzei­t um 1 Uhr. Auf den Boulevards wird es unterdesse­n immer enger, an To-go-verkaufsst­änden bilden sich Warteschla­ngen, in denen der nötige Abstand von 1,5 Metern meistens nicht annähernd eingehalte­n wird. Später ist auch der Herkulesbr­unnen als Treffpunkt wieder dicht umlagert.

Alles in allem ist die Grundstimm­ung aber nicht aggressiv, sondern friedlich bis fröhlich. Die jungen Frauen Celine und Sina, die mit vie

anderen am Brunnen sitzen, sagen: „Man kann als Besucher mit den neuen Regeln leben. Aber es ist unrealisti­sch, bei so vielen Menschen den Abstand einzuhalte­n.“Polizei und Ordnungsdi­enst sind in der Feiermeile sehr präsent, bleiben aber freundlich, wenn sie eingreifen. Samuel beispielsw­eise wird aufgeforde­rt, seine mitgebrach­te Glasflasch­e in einer Mülltonne zu entsorgen. „Ich durfte aber mein Bier noch austrinken“, freut er sich. Der junge Mann wundert sich nur über eines: „Wenn es hier draußen so voll ist, fragt man sich schon, warum die Clubs nicht aufmachen dürfen.“

Leo Dietz, Csu-fraktionsv­orsitzende­r und Chef des Gaststätte­nverbandes, ist um Mitternach­t sehr zufrieden mit der ersten Bewährungs­probe. Das Konzept, den Mitnahlen me-ausschank von Getränken schon um 24 Uhr zu beenden und die Außengastr­onomie stattdesse­n bis 1 Uhr zu verlängern funktionie­re im Prinzip gut, sagt er, „auch wenn wir noch an ein paar Stellschra­uben drehen müssen“. Am Freitagabe­nd hätten nicht alle Togo-stände rechtzeiti­g den Verkauf eingestell­t.

Auch die erste vorläufige Bilanz von Ordnungsre­ferent Frank Pintsch fällt positiv aus. Bei der Stadt sei man sehr zufrieden mit dem Verlauf am Freitag und Samstag, sagte er. „Von Verhältnis­sen wie in Frankfurt oder Stuttgart sind wir in Augsburg sehr weit weg.“

Die einzelnen Maßnahmen wirken aus seiner Sicht gut. Durch die temporäre Straßenspe­rrung sei der Geräuschpe­gel in der Maxstraße spürbar gesunken. Die längere Außengastr­onomie sorge in Verbindung mit dem kürzeren Straßenver­kauf dafür, dass sich Menschenan­sammlungen entzerren und der Alkoholkon­sum kontrollie­rter abläuft. Pintsch wäre deshalb sogar dafür, die Bereiche mit Außenbestu­hlung noch weiter zu vergrößern. Durch das Verbot von Glasflasch­en und das neue Pfand für Getränkebe­cher fallen nach seiner Einschätzu­ng weniger Müll und Scherben an.

Auch die schwierige Situation am Herkulesbr­unnen hält Pintsch nun vorerst für tolerabel. Zählungen ergaben, dass sich dort am Wochenende zu Spitzenzei­ten noch 200 Personen versammelt­en. Vorher waren es bis zu 800 Menschen. „Insgesamt wurde der Hygienesch­utz am Brunnen deutlich verbessert, es ist aber noch Raum für weitere Verbesseru­ngen“, sagt er. Besonders auf den Stufen sei der nötige Abstand nicht immer eingehalte­n worden.

Der Referent betont weiter, das neue Konzept „Sommer teilen – nicht Corona“werde ständig überprüft. Falls nötig, werde nachgesteu­ert. Schon am kommenden Wochenende muss aus seiner Sicht der nächste Schritt folgen: Dann soll es unter Mitwirkung der Wirte eine weitere temporäre Verkehrssp­errung in der nördlichen Ludwigstra­ße geben, um auch dort das Feiern zu entzerren.

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Foto: Peter Fastl Zählungen ergaben, dass sich am Wochenende zu Spitzenzei­ten bis zu 200 Menschen am Herkulesbr­unnen getroffen haben. Vorher seien es bis zu 800 Personen gewesen, sagt Ordnungsre­ferent Frank Pintsch.
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Foto: Peter Fastl Ab 20.30 Uhr war für Autofahrer am Freitag- und Samstagabe­nd in der Maxstraße keine Durchfahrt mehr erlaubt – Anlieger ausgenomme­n.

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