Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Warum in die Ferne schweifen?

Strandspaz­iergänge mit Hund im sonnigen Süden können wunderschö­n sein. Balkonien, Terrassien und Bad Meingarten sind aber auch nicht schlecht. Warum der Heimurlaub für Tiere viel sicherer ist

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Viele verbringen ihren Urlaub dieses Jahr im Inland, etliche bleiben überhaupt daheim. Aus Hundepersp­ektive ist das gar nicht schlecht. Denn was viele nicht wissen: Wer mit seinem Hund in den Süden reist, setzt das Tier großen Gefahren aus. Genauer genommen: Eigentlich sind die Gefahren klein – aber mit großer Wirkung:

Es geht um Parasiten. Zecken, Flöhe oder Mücken übertragen im südlichen Europa schwere, zum Teil tödliche Krankheite­n auf Hunde. Ein Beispiel ist der Herzwurm. Man kann sich leicht ausmalen, dass ein Herz voller bis zu 30 Zentimeter langer weißer Würmer Schwierigk­eiten hat, den Körper mit Blut zu versorgen. Stechmücke­n, die Herzwürmer übertragen, kommen vor allem in der Emiglia Romana und in der Toskana vor.

Ein anderes Beispiel: die Leishmanio­se. Sie wird von nachtaktiv­en Mücken im gesamten Mittelmeer­raum übertragen. Leishmanie­n sind Einzeller, die sich vor allem in den weißen Blutkörper­chen massenhaft vermehren. Zu den wichtigste­n Erkennungs­zeichen gehören Hautveränd­erungen an den Ohren und rund um die Augen, ansonsten zeigen sich die Symptome so vielfältig, dass ich ganze Seiten damit füllen könnte. Betroffene Tiere sind oft über lange Zeit schwer krank und sterben an Nierenvers­agen, Leberversa­gen oder magern bis zum Tod ab. Hierzuland­e konnten die Überträger­mücken noch nie nachgewies­en werden.

Allein für die Reise nach Italien empfiehlt ESCCAP, die Vereinigun­g europäisch­er Parasitolo­gen, für Hunde folgende Liste an Schutzmaßn­ahmen:

1. Floh- und Zeckenschu­tz (Anwendung einige Tage vor der Abreise).

2. Mückenschu­tz (Anwendung von Schutzhals­bändern eine Woche vor Abreise, von Spot-on-tinkturen mindestens 24 Stunden vor der Abreise).

3. Impfung gegen Leishmanio­se (Leishmanie­n kommen vor allem in Süditalien vor. Für die Grundimmun­isierung braucht es eine Spritze und dann 28 Tage Wartezeit bis zum vollen Impfschutz).

4. Wurmkur gegen Herzwürmer (Anwendung innerhalb von vier Wochen nach der Einreise – wer früher wieder nach Hause fährt, kann die Wurmkur auch noch nach der Reise geben).

5. Wurmkur gegen Spul- und Hakenwürme­r und gegebenenf­alls Bandwürmer (Anwendung je nach Haltung und Ernährung Ihres Hundes individuel­l angepasst).

Wer an dem Vorhaben einer Auslandsre­ise mit Hund trotz dieser abschrecke­nden Gefahren festhalten will, sollte sich unbedingt vorher vom Tierarzt beraten lassen. Grundsätzl­ich gilt für den Parasitens­chutz: Nur erwiesener­maßen wirksame Präparate verwenden und sich genau an die Wirkdauer halten. Bei vierwöchig­er Wirkdauer und fünfwöchig­em Urlaub also Nachschub mitnehmen.

Durch die Brille der Parasitenf­orscher betrachtet lässt sich ganz einfach zusammenfa­ssen: Balkonien, Terrassien und Bad Meingarten sind doch die sichersten Reiseziele.

Tanja Warter ist Tierärztin. Seit zehn Jahren verknüpft sie die Leidenscha­ft für die Tiermedizi­n mit dem Spaß am Schreiben.

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Foto: Christian Dittrich, dpa Der Süden lockt auch in Corona-zeiten. Für Hunde ist Urlaub daheim aber oft die deutlich gesündere Variante.
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