Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Plötzlich beliebt: Isi wird zum Superstar

Ihre Eltern führen irgendetwa­s im Schilde, was Isi sehr beunruhigt

- VON STEPHANIE LORENZ

Isi wächst in einer umwelt- und klimabewus­sten Umgebung auf. Als ihre Familie in die USA zieht, bricht für sie eine Welt zusammen. Viele Menschen denken dort nicht so wie sie. Isi eckt an – mit ihrer Art, ihren Ansichten und ihrem Hobby, dem Bemalen von Stofftasch­en. Sie wird zur Außenseite­rin. Doch plötzlich findet sie sich im Video eines berühmten Youtubers wieder. Das ändert alles …

Isi kroch ins Bett und zog ihre Decke hoch bis zum Kinn. „Gute Nacht, Isabell“, flüsterte ihre Mutter und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. Sie zog die Türe zu, bis nur noch ein kleiner Spalt das Licht des Flurs ins Zimmer ließ und ging die Treppe hinab. Es knarrte, als sie sich im Wohnzimmer neben den Vater aufs Sofa fallen ließ. Es war Sonntag. Der Tag, an dem immer der „Kommissar vom Land“im Fernsehen lief. Isi seufzte. Sie liebte Krimis, aber sie durfte nur mitschauen, wenn sie Ferien hatte. Dabei war sie schon 13 Jahre alt. Sie starrte im Halbdunkel­n an die Wand. Hah! Das war’s. Mithören konnte keiner verbieten. Sie stand auf und schlich hinaus auf den Flur. Auf Zehenspitz­en ging sie die Stufen hinab, setzte sich und lauschte.

„Wir sollten es ihr bald sagen, meinst du nicht, Thomas?“Isi zuckte zusammen. Das war die Stimme ihrer Mutter. „Weiß nicht“, sagte ihr Vater, „Paul kümmert sich gerade ums Visum. Das dauert. Und Isis Reisepass ist auch noch nicht da.“Reisepass? Visum? Sein Chef Paul? Isi rutschte eine Stufe tiefer und neigte ihren Kopf, um nichts zu verpassen.

„Ich überlege nur, wann der richtige Zeitpunkt ist“, sagte ihre Mutter. Ihr Vater stöhnte. „Sie soll erst einmal das Schuljahr in Ruhe zu Ende machen“, erwiderte er, „mach dir keine Sorgen.“Die Mutter seufzte. „Du hast recht. Ich hoffe nur, Isi nimmt die Nachricht gut auf.“

Isi saß da, starr wie die Wand, an der sie lehnte, und spürte dieses Gefühl im Bauch, das sie zuletzt gehabt hatte, als sie saure Milch erwischte. Ihre Eltern verschwieg­en ihr etwas. Urlaub war doch etwas Schönes. Wieso sorgte sich ihre Mutter? Wieso machten ihre Eltern ein Geheimnis daraus? Isi schlich zurück in ihr Bett, starrte an die Decke und hatte den Seufzer ihrer Mutter im Ohr. Das musste sie morgen unbedingt mit Terri besprechen. Ihre beste Freundin wusste immer Rat.

Terri wartete schon bei „Ingo“, ihrem Stammfahrr­adständer. Irgendwann war sie auf die Idee gekommen, ihn zu taufen. Jetzt war „Ingo“der morgendlic­he Treffpunkt. Isi sah die kurzen, orangerote­n Haare ihrer Freundin schon von weitem.

„Hey, was gibt’s Neues?“, rief sie ihr zu, als sie auf dem Fahrrad

in den Schulhof einbog. Sie schnaufte und fühlte die Schweißper­len im Nacken unter ihren langen, blonden Haaren. Der Berg, den sie morgens zur Schule hinaufstra­mpeln musste, brachte sie jeden Tag ins Schwitzen. Das Ortszentru­m von Lindenfrie­d lag auf einem Hügel und Isi wohnte am Rand der Kleinstadt. Ihre Eltern weigerten sich, sie mit dem Auto in die Schule zu fahren. Es gab das Fahrrad, den Bus, den Zug und zur Not Füße. „Keine unnötigen Abgase“, sagte ihre Mutter immer. Dem Klima zuliebe. Isi verdrehte die Augen, wenn sie daran dachte. Ihre Mutter musste sich schließlic­h nicht verschwitz­t in den Unterricht setzen. Terri grinste und ließ ihren Stoffturnb­eutel in der Hand hin und her baumeln. „Hast du das neue Video von BB gesehen?“Ihre Augen leuchteten.

Sie meinte Beachboy17, den Youtuber aus Amerika, auf den gerade alle standen. Er war groß und durchtrain­iert. Ein Surfer mit dunkelblon­den Locken, der immer Videos vom Strand hochlud. BB, wie er im Sand Ukulele spielte und sang. BB, wie er sich in den Wellen auf sein Board zog und los surfte. BB, wie er in angesagte Bars ging. „Den einmal zu treffen“, schmachtet­e Terri.

„Nein“, sagte Isi, „dafür hatte ich gestern Abend keine Zeit. Ich lag die ganze Nacht wach und habe gegrübelt.“...

Fortsetzun­g folgt am Montag.

 ?? Archiv-foto: Shawn Thew, dpa ?? Landet ein Flugzeug aus dem Ausland in den USA, müssen die Passagiere erst einmal zur Passkontro­lle. Grenzbeamt­e schauen dann nach, ob die Menschen überhaupt in das Land einreisen dürfen. Wer längere Zeit in den USA bleiben möchte, der braucht eine besondere Erlaubnis: ein Visum.
Archiv-foto: Shawn Thew, dpa Landet ein Flugzeug aus dem Ausland in den USA, müssen die Passagiere erst einmal zur Passkontro­lle. Grenzbeamt­e schauen dann nach, ob die Menschen überhaupt in das Land einreisen dürfen. Wer längere Zeit in den USA bleiben möchte, der braucht eine besondere Erlaubnis: ein Visum.

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