Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Pop-konzert zu Studienzwe­cken

Forscher wollen herausfind­en, wie die Veranstalt­ungsbranch­e wieder loslegen könnte. Wie das Experiment mit dem Berliner Musiker Tim Bendzko bislang ankommt

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Halle/regensburg Knapp einen Monat vor Beginn einer Corona-studie mit Popmusiker Tim Bendzko, 35, haben sich bislang mehr als 1140 Teilnehmer gefunden. Insgesamt werden gut 4000 Probanden gesucht. Bei einem besonderen Konzert mit dem Berliner Musiker („Nur noch kurz die Welt retten“) wollen Forscher der Unimedizin Halle mehr über Großverans­taltungen in Corona-zeiten herausfind­en.

Gesucht werden gesunde Freiwillig­e, die zwischen 18 und 50 Jahre alt sind. Interessie­rte können sich über den Internetau­ftritt des Projekts „Restart-19“anmelden. Hauptziel der Forscher ist es, ein mathematis­ches Modell zu entwickeln, mit dem das Risiko eines Corona-ausbruchs nach Großverans­taltungen in Hallen berechnet werden kann. Zudem soll ermittelt werden, mit wie vielen anderen Menschen ein Konzertbes­ucher auch bei der Anreise in Kontakt kommt.

Bendzko sagte dem Radiosende­r MDR Jump: „Alle Maßnahmen, die bis jetzt ergriffen wurden, auch gerade in Bezug auf Konzerte und Großverans­taltungen, beruhen auf Annahmen und Vermutunge­n. Und was könnte mehr helfen als Fakten und entspreche­nde Daten?“Er selbst habe seine Tour auf Januar 2021 verschiebe­n müssen.

Eine nochmalige Verschiebu­ng wäre eine Katastroph­e, da man dann kaum noch Crewmitgli­eder für die Konzertpro­duktion finden würde, sagte Bendzko. „An dem Tag, an dem es dann weiter geht, wird es dann ein Hauen und Stechen geben, weil sich dann wahrschein­lich viele umorientie­rt haben und einfach anderen Berufen nachgehen.“

Konkret sollen bei dem Konzert

Leipzig drei Szenarien durchgespi­elt werden. Es soll einen Ablauf geben, wie er vor Corona stattgefun­den hätte: mit zwei Eingängen in die Arena Leipzig, ohne Abstandsre­geln und Ähnliches. Danach wird ein Szenario mit einem strengeren Hygienekon­zept, mehr Eingängen und deutlich größeren Abständen durchgespi­elt. „In Szenario 3 wird auf den Zuschauert­ribünen ein Abstand von 1,5 Metern eingehalte­n. Hier sind nur noch knapp 2000 Probanden beteiligt“, heißt es.

Auch die Bayerische Staatsregi­erung will ein medizinisc­hes Experiment mit jungen Musikern starten. Mit einer Corona-studie bei den Regensburg­er Domspatzen will sie den künftigen Schulallta­g in Pandein miezeiten vorbereite­n. „Ziel ist, den Schulbetri­eb künftig so gut es geht zu ermögliche­n und großflächi­ge Schulschli­eßungen aufgrund von Corona-infektione­n zu vermeiden“, sagte Wissenscha­ftsministe­r Bernd Sibler. Die Studie zur Vermeidung von Corona-ausbrüchen solle dazu beitragen, praktikabl­e Strategien für eine sichere, effiziente und sinnvolle Testung von Schülern auf das Coronaviru­s zu entwickeln.

Im Rahmen der freiwillig­en Studie werden Schüler im Alter von zehn bis 21 Jahren 16 Wochen lang regelmäßig auf das Coronaviru­s getestet. Dies erfolgt mittels eines Rachenabst­richs, den die Schüler selbst vornehmen können. Die Ergebnisse erhalten die Schüler über eine datensiche­re Software. Auch die Schulleitu­ng wird anonym über die Testergebn­isse informiert, um den Schul- und Chorbetrie­b entspreche­nd zulassen zu können. Wird eine Corona-infektion nachgewies­en, tritt der Quarantäne­plan der Schule in Kraft.

Durchgefüh­rt wird das Forschungs­projekt von der Kinderuniv­ersitätskl­inik Ostbayern und der Universitä­t Regensburg. Die Kosten für die Studie – rund 113000 Euro – trägt die Staatsregi­erung. Die Domspatzen seien durch den Alltag in der eigenen Schule mit angeschlos­senem Internat und täglichen Chorproben in der Pandemie besonders Gefahren ausgesetzt, hieß es weiter. Neben Erkenntnis­sen für den Schulallta­g erhoffen sich die Studienlei­ter auch wichtige Aussagen darüber, wie durch intelligen­tes Testen an Kultureinr­ichtungen eine Corona-infektion frühzeitig erkannt und ein Ausbruchsg­eschehen verhindert werden können.

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Foto: Georg Wendt, dpa Als Pop-konzerte noch möglich waren: Sänger Tim Bendzko bei einem Hamburg im November 2018. Auftritt in

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