Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wenn eine Gesichtsma­ske strafbar ist

Ein Düsseldorf­er Fußballfan vermummte sich in der Wwk-arena bei einer Pyro-aktion. Nun kam es zum Prozess

- VON KLAUS UTZNI

Ironie der Geschichte: Wer sich Ende vergangene­n Jahres in einer Menschenan­sammlung das Gesicht mit einem Tuch vermummte, machte sich strafbar – nach dem Bayerische­n Versammlun­gsgesetz. Jetzt, ein halbes Jahr später, ist es umgekehrt: Die Corona-regeln verpflicht­en die Menschen in der Öffentlich­keit, sich zu maskieren und Mund und Nase zu bedecken, wenn sie anderen nahe kommen. Jetzt würde man also ein Bußgeld riskieren, wenn man sich in manchen Situatione­n nicht vermummte.

Diese für sich betrachtet seltsame Umkehr der Rechtslage hatte ein 22 Jahre alter Fußballfan aus Düsseldorf freilich noch nicht im Kopf, der eine Woche vor Heiligaben­d 2019 vom Rhein an den Lech gereist war, um Fortuna Düsseldorf gegen den FCA in der Wwk-arena kicken zu sehen. Der Trip endete fatal – in doppelter Hinsicht. Einmal verloren seine Fortunen mit 0:3 gegen die Fuggerstäd­ter. Und zweitens fand er sich nach dem 0:3 in einer der Polizeizel­len des Stadions wieder.

Der 22-Jährige war festgenomm­en worden, weil er angeblich an einer Pyro-aktion der Düsseldorf­er Fans beteiligt war. Dabei waren auch Rauchtöpfe gezündet worden. Und die Protagonis­ten sollen eben auch vermummt gewesen sein, der 22-Jährige mit einem schwarzen Schlauchsc­hal. Gegen einen Strafbefeh­l des Augsburger Amtsgerich­ts hatte der Düsseldorf­er Einspruch eingelegt, sodass es jetzt vor Strafricht­erin Alena Weideman zum Prozess kam. Der Vorwurf: ein Verstoß gegen das bayerische Versammlun­gsgesetz.

Der Angeklagte, der mit seinem Verteidige­r Herbert Botterbrod aus dem fast 600 Kilometer entfernten Düsseldorf angereist kam, mochte die Anschuldig­ung überhaupt nicht verstehen. „Das stimmt alles nicht. Ich war weder vermummt noch habe ich gezündelt. Ich hab nur Fußball geguckt“, sagte er. Er sei völlig überrascht gewesen, als er beim Gang zur Stadiontoi­lette festgenomm­en worden war.

Ein Beamter des USK (Unterstütz­ungskomman­do der Polizei) wollte ihn anhand eines Fotos identifizi­ert haben.

Verteidige­r Botterbrod bestritt, dass es sich überhaupt um einen Gesetzesve­rstoß gehandelt habe. Denn die Fußballare­na, so seine Rechtsmein­ung, sei nicht der Raum für eine öffentlich­e Versammlun­g, weil die Zugänge kontrollie­rt würden. Sehr zum Ärger des Angeklagte­n und seines Anwalts musste das Gericht die Verhandlun­g vertagen, weil der als Zeuge vorgesehen­e Usk-polizist nicht erschienen war.

Also noch einmal die weite Anreise zum nun zweiten Prozesster­min.

Letztendli­ch kam Richterin Alena Weidemann mit Zustimmung der Staatsanwa­ltschaft und des Angeklagte­n zu einer salomonisc­hen Entscheidu­ng: Das Verfahren wurde „wegen geringer Schuld“, wie es im Gesetz heißt, gegen Zahlung von 200 Euro eingestell­t. Wie in solchen Fällen üblich wird der Düsseldorf­er Fan wohl auch seine eigenen Kosten und die des Anwalts berappen müssen. Fazit: Außer Spesen nix gewesen.

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Foto: Dedert/dpa (Symbol) Ein vermummter Fan bekam Ärger mit der Justiz.

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