Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Zu viele Wertstoffe landen im Restmüll
Gesamtmenge des Abfalls in Deutschland sinkt kaum
Berlin Die Bundesregierung hat den Deutschen tief in die Mülltonnen geblickt und dabei Bedenkliches entdeckt. Rund zwei Drittel dessen, was in die grauen Eimer gestopft wird, gehören dort nämlich gar nicht hinein. „Leider landen noch immer viel zu viele wertvolle Rohstoffe in der Restmülltonne“, sagte Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth (SPD) am Dienstag in Berlin. Das hat eine Studie des Umweltbundesamtes (UBA) ergeben, für die Stichproben aus 14 Untersuchungsgebieten in ganz Deutschland entnommen wurden, die gewissermaßen den Inhalt von 2800 Mülltonnen abbilden.
Fast 40 Prozent des Inhalts eines durchschnittlichen Mülleimers bestehen aus Küchen- und Gartenabfällen. Die sollten eigentlich in spezielle Biotonnen wandern, um dann kompostiert oder zu Biogas vergoren zu werden. Weitere 27 Prozent machen sogenannte trockene Wertstoffe wie Textilien, Holz oder Elektroschrott aus. Mengenmäßig kaum ins Gewicht fallen Lösungsmittel, Lacke, Leuchtmittel, Batterien oder Bauabfälle mit 0,5 Prozent. Doch die darin enthaltenen Schadstoffe sind bei unsachgemäßer Entsorgung besonders problematisch für die Umwelt. Auch beim Verbrennen in Müllheizkraftwerken können nicht alle Gifte herausgefiltert werden. In mehr als 60 Prozent der Stichproben wurden alte Batterien oder Akkus gefunden, obwohl diese verpflichtend getrennt gesammelt werden müssen.
Die letzte derartige Untersuchung hatte 1985 in der alten Bundesrepublik stattgefunden, also noch fünf Jahre vor der deutschen Wiedervereinigung. Seither hat sich das Müllaufkommen insgesamt kaum verändert, die Deutschen produzieren heute fast genauso viel Abfall wie damals. Doch sie haben sich innerhalb von 35 Jahren fleißig darin geübt, Müll zu sammeln, zu trennen und der Wiederverwertung zuzuführen. Der Gang zum Altpapieroder Glascontainer ist zur Gewohnheit geworden. Auch Blechoder Aludosen und Verpackungsmüll werden meist fachgerecht entsorgt, in die Gelbe Tonne oder den Gelben Sack. So bleibt am Ende immer weniger Restmüll für die Graue Tonne übrig. Laut Umweltbundesamt waren es im Jahr 2018 noch 128 Kilogramm je Einwohner, fast halb so viel wie 1985.
Ein großer Erfolg, findet Umweltstaatssekretär Flasbarth: „Die Umweltpolitik hat in den vergangenen Jahrzehnten einiges bewegt bei der Abfallverwertung.“Doch es gebe weiter viel zu tun. Etwa müsse die Dichte der Biotonnen erhöht werden, hier hätten viele Kommunen noch Nachholbedarf. „Zu erwarten, dass Bürger ihre Eierschalen zur Kompostieranlage fahren, ist nicht praxisnah“, sagt er. Ziel sei eine echte Kreislaufwirtschaft, in der kaum noch Restmüll anfalle und Rohstoffe wiederverwertet würden. Alles, was sich wiederverwerten lasse, müsse auch recycelt werden. „Wir trennen gut, aber eben nicht sehr gut“, sagte Flasbarth. Aber nicht nur bei den Verbrauchern, auch bei der Verpackungs- und Recyclingwirtschaft sieht er noch Luft nach oben. Gerade im Bereich des Plastikmülls sei die tatsächliche Recyclingquote noch zu gering. Deutschland drohe hier sogar, an den neuen Eu-vorgaben zu scheitern.
Laut UBA sind die Tonnen in den Städten deutlich voller als in den Vororten und auf dem Land. Erzeugt ein Städter mehr als 150 Kilo Restmüll im Jahr, sind es bei Vorortbewohnern nur 110 Kilo. Und Städter nehmen es offenbar auch mit der Trennung nicht so genau. Dass Landbewohner Biomüll häufiger auf den eigenen Komposthaufen werfen, mag das teilweise erklären.
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