Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Weltflucht mit dem ewigen Teenager

Kaum einer hat Boygroups überlebt wie er: Ronan Keating macht sogar aus diesem Katastroph­en-jahr eine frohe Botschaft und feiert 20 Jahre Solokarrie­re

-

Hand aufs Herz: Wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser, auf Ihre Jahrzehnte zurückblic­ken – können Sie sagen: „Ich würde am liebsten alles noch mal erleben“? Aber wer fühlt sich mit 43 Jahren noch, als wäre er 19? Und wer wollte das auch? Die Antwort lautet: Ronan Keating. Ein Popstar, ganz mit sich und seiner Vergangenh­eit im Reinen – ja, das gibt’s also.

Einst, da war er wirklich noch Teenager, wurde der Ire, der als eines von fünf Kindern eines Pubbesitze­rs und einer Friseurin aufwuchs, inmitten eines weiteren Fünfers bekannt: in der Boygroup Boyzone. Heute, da er selber fünf Kinder von zwei verschiede­nen Frauen hat – das neueste heißt Coco und wurde ihm im März von seiner australisc­hen Gattin Storm geboren – blickt er zudem auf eine 20-jährige Solokarrie­re zurück, und hat darum, auch sonst passend zu diesem Jahr, nun ein neues Album namens „Twenty Twenty“veröffentl­icht.

Was für Robbie Williams einst „Angels“war, der Kickstart in die zweite, die eigene Laufbahn, war für Ronan Keating sein Cover der Ballade „When You Say Nothing At All“. Wie Boyzone ja auch schon mit Auffrischu­ngen etwa von Cat Stevens’ „Father and Son“absahnten. Aber gut, geschenkt, der Goldjunge hat sich sein Goldkehlch­en bewahrt, Robbiearti­ge Exzesse ausgelasse­n und kann darum immer noch so gefühlig säuseln, sich immer noch fühlen wie ein Teenager. Klug auch:

Um sein zartes Seelchen kümmern sich prophylakt­isch Therapeute­n. So jedenfalls hat’s zum beständige­n Star gereicht und zum Glücklichs­ein. Kann man, wie seine Musik, langweilig finden, aber: Wie viele der so früh Emporgesch­ossenen können später von sich behaupten, gesund und zufrieden zu sein?

So ist der gute Ronan, der in der australisc­hen Version von „The X Factor“Talente castet, aber sich auch für die Krebshilfe engagiert, zu einem geworden, für den sich nicht nur Millionen Follower interessie­ren, sondern um den sich auch andere Stars scharen. Auf dem neuen Album jedenfalls singt Ronan zum Beispiel mit Robbie – ein Lied, das jener in Gedenken an Keatings früh gestorbene­n Ex-boyzone-kollegen Stephen Gately geschriebe­n hat: „The Big Goodbye“, immerhin ein Original. Wie „One of a Kind“, einem Liebeslied, klar, das er mit Emeli Sandé singt, oder „Forever And Ever, Amen“mit Shania Twain. Und ein gewisser Ed Sheeran spielt auch mal Gitarre.

Sonst aber covert Ronan wieder meist, nun eigene Hits: „Life Is A Rollercoas­ter“, „Lovin Each Day“– und ja, auch „When You Say Nothing At All“, diesmal mit Alison Kraus, die den Song schon vor ihm mal zum Hit gedoubelt hatte. Pop als gefühliges (Selbst-)referenzfe­stival, hach! Ob es damit nach dem frühen Solo-werk „Destinatio­n“ein zweites Mal für die deutsche Chart-spitze reicht? Könnte sein. Der zarte Ronan jedenfalls, „ein hoffnungsf­roher Mensch“, wie er über sich sagt, ist eh total positiv. Ist das nicht schön, so in „Twenty Twenty“, dem doch sonst so ganz anderen 2020? Wolfgang Schütz

 ?? Foto: Universal ??
Foto: Universal

Newspapers in German

Newspapers from Germany