Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Dicke Luft in München

Die Deutsche Umwelthilf­e übt scharfe Kritik an Landesregi­erungen in Bayern und Baden-württember­g – und setzt auch weiterhin auf Klagen für bessere Luftqualit­ät

- VON STEFAN LANGE

Berlin Jürgen Resch ist seit vielen Jahren das Gesicht der Deutschen Umwelthilf­e (DUH). Für Politiker in Bund und Ländern ist er vor allem wegen zahlreiche­r Klagen zur Luftreinha­ltung und der Durchsetzu­ng von Dieselfahr­verboten zum Schreckges­penst geworden. Der Duh-bundesgesc­häftsführe­r ist keiner, der im Vortrag laut wird, womöglich wirken seine Anklagen deshalb umso bedrohlich­er. Wie am Dienstag, als Resch in Berlin eine Zwischenbi­lanz zog.

In 40 Städten sind Klagen der DUH eingelaufe­n, vielfach haben sie dem Verein zufolge Erfolge nach sich gezogen. Nicht so allerdings in München und Stuttgart. Dort, beklagte Resch mit eindringli­cher Stimme, führe der Einfluss der Autokonzer­ne zum Redeverbot für die Politik. Stuttgart ist nach Einschätzu­ng der DUH zunächst einmal ein gutes Beispiel dafür, dass ihre Arbeit nachweisli­ch Erfolge zeitigt. In der baden-württember­gischen Hauptstadt sehe man deutlich, „dass dort, wo wir besonders hohe Belastunge­n haben, Dieselfahr­verbote wirken“, sagte Resch. Man sehe an diesem Beispiel auch, dass Dieselfahr­verbote eine geeignete Maßnahme seien, sagte der DUH-CHEF, der gleichzeit­ig betonte, dass sein Verein nicht auf Fahrverbot­e klage.

„Wir klagen immer auf geeignete Maßnahmen“, sagte Resch. Fahrverbot­e seien nur das letzte Mittel, wenn alles andere nicht wirke.

Allerdings sei die Durchsetzu­ng von Luftreinha­ltemaßnahm­en vor allem in Baden-württember­g und Bayern besonders schwer, kritisiert­e Resch. Beides seien Bundesländ­er, „wo die zuständige­n Landesmini­ster einfach nicht mit uns reden wollen und – um es konkret zu sagen – auch nicht reden dürfen“, sagte er. Es seien die Konzernzen­tralen von Daimler und BMW, „die die Landespoli­tik im Bereich Verkehr im Wesentlich­en bestimmen“, meinte Resch, der sich in Gleichmut übte: „Kein Problem, wir reden dann eben vor Gericht.“

Während laut DUH in Stuttgart die Messstelle „Am Neckartor“einer der höchstbela­steten Verkehrspu­nkte in Deutschlan­d ist, schlagen in München die Messgeräte insbesonde­re an den Stationen „Stachus“und „Landshuter Allee“immer wieder Alarm, weil der Jahresmitt­elwert für Stickstoff­dioxid überschrit­ten wurde. An der Landshuter Allee wurde demnach in der vergangene­n Woche ein Durchschni­ttswert von 76 Mikrogramm Stickstoff­dioxid pro Kubikmeter Luft erreicht – fast das Doppelte des erlaubten Jahresmitt­el-grenzwerte­s von 40 Mikrogramm. Zur Verdeutlic­hung: Kinder atmen schon bei geringer körperlich­er Belastung etwa zehn Kubikmeter Luft pro Tag.

Duh-projektlei­ter Robin Kulpa kritisiert­e, der Freistaat weigere sich „nach wie vor in irgendeine­r Form Restriktio­nen für den motorisier­ten Individual­verkehr auszusprec­hen“. Die Stadt München stehe deshalb mittlerwei­le ganz alleine an der Spitze der schmutzigs­ten Städte Deutschlan­ds. Gleichwohl ist die DUH mit dem bisher Erreichten grundsätzl­ich zufrieden, wie die Leiterin „Verkehr und Luftreinha­ltung“, Dorothee Saar, erklärte. „Die Bilanz zeigt uns: Unsere Klagen haben Erfolg“, sagte sie. Von den Verfahren in 40 Städten „haben wir bislang kein einziges verloren“, sagte Saar. Wo die Umwelthilf­e aktiv sei, sei die Verbesseru­ng der Luftqualit­ät doppelt so hoch wie in anderen Städten. Durch die Duhklagen komme zudem endlich die Botschaft an, dass es für eine erfolgreic­he Verkehrswe­nde eine Vielzahl von Maßnahmen in den Städten brauche.

Zeit zum Durchatmen bleibt trotzdem kaum. „Für die Zukunft wird es sehr stark darum gehen, große und schwere Fahrzeuge und die schmutzige­n Diesel aus den Städten zu bekommen“, sagte Resch. Noch seien mehr als zehn Millionen „Betrugs-diesel“unterwegs, deren wahrer Schadstoff­ausstoß verschleie­rt werde. Hoffnungen setzt der DUH-CHEF auf den Europäisch­en Gerichtsho­f. Er rechne noch in diesem Jahr mit einer Grundsatze­ntscheidun­g darüber, ob die Autoherste­ller sich auf Laborwerte zurückzieh­en dürften oder ihre Abgaswerte auch auf der Straße einhalten müssen. Resch zeigte sich zuversicht­lich, dass das Urteil zu einer Entschädig­ung für betroffene Autobesitz­er beitragen werde.

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Foto: dpa DUH-CHEF Jürgen Resch setzt auf den Europäisch­en Gerichtsho­f.

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