Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wohl kein Geld für gebrauchte Vw-diesel

Der Bundesgeri­chtshof enttäuscht Kunden, die nach Bekanntwer­den des Abgasskand­als gekauft haben. Dafür droht dem Konzern in einem anderen Fall neuer Ärger

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Braunschwe­ig/wolfsburg Das Landgerich­t Braunschwe­ig hat eine Anklage gegen drei ehemalige und einen aktuellen Vw-manager wegen mutmaßlich überhöhter Bezahlung von Betriebsrä­ten zugelassen. Das Hauptverfa­hren wegen des Verdachts der Untreue beziehungs­weise der Untreue in besonders schwerem Fall sei eröffnet worden, teilte das Gericht am Dienstag mit. Gute Nachrichte­n für Volkswagen kamen am Dienstag hingegen vom Bundesgeri­chtshof (BGH). Dort halten es die Richter in einem Musterfall für wenig wahrschein­lich, dass jemand vom Diesel-skandal überhaupt nichts mitbekomme­n haben soll und völlig arglos war. Die Hürden für Schadeners­atz von Volkswagen dürften damit hoch sein.

Der Kläger, dessen Fall der BGH nun entscheide­t, hatte sein Auto erst im August 2016 gekauft (Az. VI ZR 5/20). Auch in einer zweiten Frage machten die obersten Zivilricht­er betroffene­n Autokäufer­n wenig Hoffnung. Hier geht es darum, ob VW erfolgreic­hen Klägern neben dem eigentlich­en Schadeners­atz noch sogenannte Deliktszin­sen zahlen muss. Deliktszin­sen können fällig werden, wenn jemand einem anderen eine Sache oder Geld „entzieht“. Klassische­r Fall ist ein Diebstahl. Im Diesel-skandal geht es vereinfach­t gesagt um die Frage, ob VW getäuschte­n Käufern neben Schadeners­atz Zinsen auf das in das Auto gesteckte Geld schuldet (Az. VI ZR 397/19).

Beide Urteile sollen kurzfristi­g verkündet werden. Wann genau, stand zunächst nicht fest. Für diesen Donnerstag hat der Senat bereits die Urteilsver­kündung in zwei anderen Diesel-fällen angesetzt. Im Braunschwe­iger Fall wird den Angeklagte­n vorgeworfe­n, überhöhte Gehälter und Boni an fünf Mitglieder des Betriebsra­ts genehmigt zu haben. Dadurch seien dem Konzern zwischen Mai 2011 und Mai 2016 Kosten von mehr als fünf Millionen Euro entstanden, so die Staatsanwa­ltschaft. Demnach soll sich allein die „ungerechtf­ertigte Vergütung“an Betriebsra­tschef Bernd Osterloh auf 3,125 Millionen Euro belaufen haben. Unter den Beschuldig­ten ist auch der ehemalige Konzernper­sonalvorst­and Karlheinz Blessing. Sein Anwalt Hanns Feigen kündigte an, auf Freispruch zu plädieren. Auch der Konzern sieht weiter „kein strafrecht­lich relevantes Fehlverhal­ten“bei sich. Die Anklage richte sich zudem nicht gegen Volkswagen, sondern gegen Einzelpers­onen. Übertarifl­iche Bezüge von hohen Betriebsra­tsmitglied­ern sind in vielen Firmen nicht präzise festgelegt. Grundsätzl­iche Regelungen des Betriebsve­rfassungsg­esetzes zur Vergütung gelten auch deshalb als reformbedü­rftig – so stellt sich die Frage, welche Gehaltskor­ridore für Leitungsau­fgaben genau gelten sollen. Es geht also um allgemeine Rahmenbedi­ngungen, die auch manche Juristen und Gewerkscha­fter für teils veraltet halten und welche die Gehaltsfes­tsetzung erschweren.

Nach Interpreta­tion der Staatsanwa­ltschaft wurde im Fall VW aber gegen das Betriebsve­rfassungsg­esetz verstoßen – man habe „bewusst eine unzutreffe­nde Vergleichs­gruppe zugrundege­legt“und so wider besseres Wissen ein höheres Gehalt gerechtfer­tigt. Offenbar sei nur die Zugehörigk­eit zum Betriebsra­t dafür maßgeblich gewesen, vermuten die Ermittler.

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Foto: dpa Hat Vw-betriebsra­tschef Bernd Osterloh zu viel Gehalt kassiert?

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