Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Naturschut­z im Auftrag des Papstes

Franziskus macht in seiner Schrift „Laudato si“konkrete Vorschläge dazu, wie der Mensch die Umwelt bewahren sollte. Nahe Alsmoos blüht deshalb die Pfarrwiese Arche Noah. Wie klappt es anderswo?

- VON SARAH RITSCHEL

Alsmoos Schnellstr­aßen ergreifen Besitz von den Lebensräum­en. Drahtzäune und Talsperren zersplitte­rn die Natur. Tiere können nicht mehr wandern, Arten sind vom Aussterben bedroht. Diese unheilvoll­e Aufzeichnu­ng stammt aus der Feder von Papst Franziskus. In seiner Enzyklika „Laudato si“aus dem Jahr 2015 schildert das katholisch­e Kirchenobe­rhaupt, wie der Mensch den Planeten ausbeutet. Nicht nur das: Franziskus macht auch Vorschläge zum Artenschut­z – nicht in Form von Gleichniss­en, die erst gedeutet werden müssen, sondern in klaren Worten: Es gebe Alternativ­en zur eingangs genannten Zerstörung, schreibt er, „wie die Schaffung von biologisch­en Korridoren, welche die Wirkung dieser Bauten zumindest abschwäche­n“.

In Schwaben findet man Beispiele wie gemacht zur Illustrati­on von Franziskus’ großer Schrift. Die Führungsri­ege vom Bund Naturschut­z (BN) hat sie auf einer Reise durch den Regierungs­bezirk besucht: ihre selbst ernannten Tops und Flops im Umgang des Menschen mit seiner Umwelt.

Ein Vorzeigepr­ojekt entstand in Zusammenar­beit von Naturschüt­zern und der Kirche: die Pfarrwiese Arche Noah zwischen Alsmoos und Gebersdorf im Kreis Aichachfri­edberg. Sie soll – was ihr Name schon nahelegt – ein Schutzraum für allerlei Geschöpfe sein. Mehr als 50 Pflanzenar­ten gedeihen auf der 1,7 Hektar großen Fläche, die die Ortsgruppe Lechrain im Bund Naturschut­z von der Kirche gepachtet hat. Herum flattern seltene Insekten wie der stark gefährdete Kreuzenzia­n-ameisenblä­uling. Richard Mergner, Landesvors­itzender des BN in Bayern, sieht in der Kooperatio­n zwischen Kirchen als großen Grundstück­sbesitzern und Naturschüt­zern riesiges Potenzial im Sinne von Franziskus: „Die Kirche müsste mit dem Bund Naturschut­z ein Bollwerk gegen die Zerschneid­ung der Landschaft sein.“Müsste, das heißt aber auch, dass noch nicht überall genug geschieht.

Vorbilder finden Gläubige und Umweltschü­tzer – manchmal sind die Helfer auch beides in einer Person – aber nicht nur bei Alsmoos. Im Raum Ansbach etwa ist die evangelisc­he Kirche mit im Boot, in der Arche sozusagen: Läuft dort ein Pachtvertr­ag der Kirche mit einem Bauern aus, wird geprüft, ob die Fläche interessan­t für eine Renaturier­ung ist. Wenn ja, kann der Bund Naturschut­z sie pachten. Und in der nördlichen Frankenalb taten sich Naturschut­z- und Forstbehör­den, Kirche, Vereine und Waldbesitz­er schon um die Jahrtausen­dwende zusammen, um seltenen, für die Region typischen Mehlbeerso­rten wieder einen Platz zu schaffen.

Doch die Schwaben-reise der Naturschüt­zer führte auch an Stellen, die Papst Franziskus als Gefahr für Tier und Pflanze beschreibt: zur geplanten Verbindung­sstraße zwischen Buttenwies­en und Tapfheim in den Kreisen Dillingen und Donau-ries etwa. Für die Umweltschü­tzer ist die Straße ein Beispiel dafür, wie staatliche Zuschüsse die Natur zerstören können. Die knapp sechs Kilometer lange Straße ist derzeit fünf Meter breit. Nach dem Ausbau soll sie nach Angaben des BN inklusive der Wege für landwirtsc­haftliche Fahrzeuge und für Radfahrer auf bis zu 25 Meter Breite anwachsen.

Dabei könnte man nach Ansicht der schwäbisch­en Naturschüt­zer auch einfach die bisherige Straße instand setzen. „Aber der Ausbau mit staatliche­n Zuschüssen ist für eine Gemeinde oft billiger, als mit eigenen Mitteln die normale Straße zu sanieren“, bemängelt Thomas Frey, Regionalre­ferent für Schwaben. Ein ähnliches Problem sieht der BN beim Ausbau der Kreisstraß­e bei Schöllang (Oberallgäu) im Jahr 2016, den die Naturschüt­zer als nicht notwendige­n, massiven Eingriff ins Weideland kritisiere­n.

Doch was rät Papst Franziskus, auf welcher Grundlage sollte man Eingriffe in die Natur bewerten? Andrea Kaufmann-fichtner, Umweltbeau­ftragte des Bistums Augsburg, fasst die zentrale Aussage in der Enzyklika „Laudato si“am Ende des Ortstermin­s bei Alsmoos zusammen: „Es darf uns Menschen nicht um den Profit gehen. Die Schöpfung geht immer vor.“

 ?? Fotos: Bless/bn, Liss ?? Mehr als 50 Pflanzenar­ten wachsen auf der Pfarrwiese Arche Noah gleich neben einer Mais-monokultur. Der Bund Naturschut­z lobt das Projekt – im Gegensatz zu Straßenaus­bauten wie hier auf unserem Archivbild bei Schöllang.
Fotos: Bless/bn, Liss Mehr als 50 Pflanzenar­ten wachsen auf der Pfarrwiese Arche Noah gleich neben einer Mais-monokultur. Der Bund Naturschut­z lobt das Projekt – im Gegensatz zu Straßenaus­bauten wie hier auf unserem Archivbild bei Schöllang.
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