Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Flucht vor Polizei: Warum Autofahrer nicht in U-haft kam

Drogen und Waffen im Pkw, einen Radfahrer verletzt: Ein 33-Jähriger wurde trotzdem wieder freigelass­en

- VON INA MARKS

Die Verfolgung­sjagd im Univiertel vergangene­n Donnerstag sorgte für Aufsehen. Vor allem, weil dabei nicht nur Menschen gefährdet, sondern auch ein Mann verletzt wurde. Das Vorgehen der Justiz gegen den 33 Jahre alten Autofahrer sorgte bei manchen unserer Leser für Unverständ­nis.

Aber von vorne. Als die Polizei am Vormittag auf einem Supermarkt­parkplatz einen Autofahrer kontrollie­ren will, rast dieser in hohem Tempo davon. Wie berichtet, fährt der Autofahrer über rote Ampeln, entgegen Einbahnstr­aßen und braust mit über 100 Stundenkil­ometern durch 30er-zonen. Auf seiner Irrfahrt gefährdet er Radfahrer, Fußgänger und eine Kindergart­engruppe, so die Polizei. Auf einem Radweg erfasst er schließlic­h frontal einen 21 Jahre alten Radfahrer, der mit Kopfverlet­zungen in die Uniklinik gebracht werden muss.

Die Polizei findet in dem Auto des 33-Jährigen Drogen, eine geladene Schrecksch­usswaffe und ein Messer sowie Utensilien, die auf einen Handel mit Betäubungs­mitteln hindeuten. Zunächst ergeht gegen den Mann Haftbefehl, doch dieser wird gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. Dass der Mann nicht in Untersuchu­ngshaft kam, sorgte bei manchen Lesern für Empörung.

„Was muss man nochmal anstellen, um in Haft zu kommen? Ach ja, mehrmals klauen oder ein paar Mal schwarzfah­ren“, so eine sarkastisc­he Leserzusch­rift. Matthias Nickolai, Pressespre­cher der Staatsanwa­ltschaft, erklärt, warum der Mann zunächst wieder auf freien Fuß gelassen wurde.

„Die Entscheidu­ng ist vertretbar, wenn auch ein Grenzfall“, räumt er ein. Die drei Voraussetz­ungen für eine Untersuchu­ngshaft seien generell ein dringender Tatverdach­t, ein Haftgrund, wie etwa Verdunkelu­ngsund Fluchtgefa­hr, sowie die Verhältnis­mäßigkeit.

Im vorliegend­en Fall habe der 33-Jährige vollumfäng­lich gestanden, sich reuig und einsichtig gezeigt. „Also ist die Verdunkelu­ngsgefahr ausgeräumt. Bezüglich der Fluchtgefa­hr stellte sich heraus, dass der Mann einen festen Wohnsitz hat“, erläutert der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft. Der 33-Jährige habe allerdings strenge Auflagen erhalten. So müsse er sich täglich bei der Polizei melden. „Er muss persönlich jeden Tag auf der Polizeidie­nststelle erscheinen.“

Matthias Nickolai betont, dass eine Untersuchu­ngshaft nicht als vorweggeno­mmene Strafe zu sehen ist. Vielmehr diene sie zur Sicherung eines bevorstehe­nden Verfahrens gegen einen Tatverdäch­tigen, „eben wenn jemand keinen festen Wohnsitz hat“. Deshalb sei hier die Entscheidu­ng, den Haftbefehl gegen den 33-Jährigen außer Vollzug zu setzen, vertretbar.

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