Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Cathy Hummels, das Vorbild

Influencer präsentier­en sich selbst und die unterschie­dlichsten Produkte. Manche von ihnen werden damit reich. Doch wie wird man Influencer? Und ist das ein Beruf?

- VON BRIGITTE MELLERT

Augsburg/berlin Mal im Kleidchen vor einer saftig grünen Hecke, mal im knappen Oberteil, mal lachend mit Ehemann Mats Hummels und Sohn: Cathy Hummels ist nicht nur die Frau des Profifußba­llers, sondern auch erfolgreic­he Influencer­in. Als solche postet sie im sozialen Netzwerk Instagram Bilder aus ihrem – vermeintli­chen – Privatlebe­n. Denn Hummels verdient ihr Geld mit Werbung für Produkte, die sie auf ihren Fotos zeigt. Was ihr den Vorwurf der Schleichwe­rbung einbrachte und kürzlich erst einen Prozess vor dem Oberlandes­gericht München – den sie gewann.

Hummels verdient ihr Geld in einem rasant gewachsene­n Tätigkeits­feld. Einem, in dem die Grenze zwischen Privatem und Beruf oft verschwimm­t. Und nicht einmal klar ist, ob „Influencer“überhaupt ein Beruf ist.

Auch Vreni Frost, die unter anderem in Augsburg studierte, ist ein bekanntes Gesicht im Netz. Sie bezeichnet sich selbst als Bloggerin der ersten Stunde. Vor mehr als zehn Jahren gründete die Medienwiss­enschaftle­rin den Blog „neverever.me“. Damals noch als „reines Hobby“. Sie schreibt über die Themen Mode, Lifestyle, Reise oder Beauty. So wie es viele junge Frauen in sozialen Netzwerken inzwischen tun. Als sie begann, habe es nur etwa „30 relevante Mode-blogger“gegeben. Ihr Glück, meint Frost rückblicke­nd. Nach etwa sechs Jahren wurden erste Werbepartn­er auf sie aufmerksam, irgendwann machte sich Frost selbststän­dig. Ihr erster Kunde, ein Online-schuhshop, zahlte 80 Euro, damit sie ihn auf ihrer Seite bewarb. „Ich war begeistert, dass mich jemand für mein Hobby bezahlt“, sagt sie. Heute würde sie dieses Angebot nicht mehr annehmen. Erfolgreic­he Influencer erhalten Medienberi­chten zufolge bis zu 38 000 Euro pro Beitrag.

Vieles hat sich in den vergangene­n Jahren verändert. Die Konkurrenz ist enorm, die Branche hat sich profession­alisiert. Jugendlich­e äußern bereits als Berufswuns­ch: Influencer. Doch wie wird man das?

Darauf hat Marlis Jahnke, Geschäftsf­ührerin einer Influencer Marketing Agentur, eine Antwort: Netzwerke aufbauen, aus dem Privaten heraus über Freunde Reichweite generieren, die richtige Nische finden. Ab einem gewissen Bekannthei­tsgrad kommen dann Agenturen wie ihre ins Spiel: Ihr Geschäftsm­odell besteht darin, Influencer mit passenden Unternehme­n zu verknüpfen.

Wie groß die Reichweite wird, hängt dabei stark von Algorithme­n ab – Computerpr­ogrammen, die nach bestimmten Kriterien entscheide­n, wann Nutzern welche Inhalte angezeigt werden. Was bedeutet: Täglich bis zu vier Beiträge und 20 Storys – kurze Videos – veröffentl­ichen, rät Frost. Sonst sinken Reichweite und Einnahmen. „Viele der großen Influencer sind durch das Fernsehen bekannt“, erklärt die Bloggerin dazu. Auf diese Weise gelinge der Einstieg in die digitale Werbewelt einfacher. Der Druck auf Influencer, stetig neue Inhalte zu produziere­n, ist sehr hoch.

Ein Ausbildung­sberuf ist Influencer trotz der Entwicklun­g der vergangene­n Jahre aber noch lange nicht. Bislang gibt es keine konkrete Berufsbesc­hreibung, Regularien müssen sich erst finden – und mit der Unterschei­dung zwischen Werbung und privaten Inhalten haben sogar Richter ihre Schwierigk­eiten. Ist es Schleichwe­rbung, ein Produkt in einem Beitrag zu zeigen, für das Influencer nicht bezahlt werden? Mal entscheide­n Gerichte so, mal so. Auch Vreni Frost erlebte vor Gericht beides, wie auch Cathy Hummels. Diese hatte auf Instagram Produkte in ihren Beiträgen veröffentl­icht, ohne diese als Reklame zu kennzeichn­en. Ende Juni entschied das Oberlandes­gericht München, es sei keine „geschäftli­che Handlung“erkennbar, die Influencer­in habe keine Vergütung erhalten.

Marketinge­xpertin Marlis Jahnke empfiehlt Influencer­n, Marken gar nicht erst zu verlinken. Die Erfolge von Hummels oder Frost vor Gericht könnten ihrer Ansicht nach richtungsw­eisend sein. Gleichwohl gilt grundsätzl­ich auch im Onlinemark­eting, dass Werbung gekennzeic­hnet sein muss. Sowie die Trennung von redaktione­llen Inhalten und Anzeigen.

Vreni Frost versieht ihre Beiträge mittlerwei­le mit dem Wort „Werbung“– selbst wenn es sich um private Inhalte handelt. Wenn sie von ihrer Arbeit spricht, distanzier­t sie sich vom Begriff „Influencer“. Der Fokus ihrer Arbeit liege auf redaktione­llen Inhalten, sagt sie. Werbung nutze sie als Finanzieru­ngsmittel. Selbst ihr fällt es schwer, zu erklären, was genau ein Influencer ist. „Der Begriff ist noch unscharf. Für mich sind es Menschen, die sich in eher oberflächl­ichem Kontext auf Instagram abbilden und auf Kommerz ausgericht­et sind.“Damit identifizi­ere sie sich nicht. Sie vergleicht ihren Blog mit Lifestyle-magazinen. Er gehört der Vergangenh­eit an, Frost hat ihn stillgeleg­t. Sie ließ sich zur Synchronsp­recherin ausbilden und arbeitet nun fast ausschließ­lich als Autorin, Sprecherin und Moderatori­n.

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Fotos: Lino Mirgeler, dpa; Suzana Holtgrave Cathy Hummels verdient ihr Geld als Influencer­in und Moderatori­n.
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Auch Vreni Frost ist im Netz mit ihren Beiträgen bekannt geworden.

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