Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Strafverfahren gegen Infantino
Der Fifa-präsident hat sich im Geheimen mit dem höchsten Schweizer Bundesanwalt getroffen. Es geht um Amtsmissbrauch und Begünstigung. Was unternimmt die Fifa?
Bern Fifa-präsident Gianni Infantino gerät in der Schweizer Justizaffäre immer stärker unter Druck und steht nun auch selbst im Visier der Ermittler. Die Schweizer Staatsanwaltschaft eröffnete am Donnerstag ein Strafverfahren gegen den Chef des Fußball-weltverbands und könnte die Fifa in die größte Krise seit der Skandal-ära von Vorgänger Joseph Blatter stürzen.
In dem Verfahren geht es um geheime Treffen zwischen Infantino und dem Leiter der Bundesanwaltschaft, Michael Lauber. Die Vorwürfe gegen Infantino lauten auf Anstiftung zum Amtsmissbrauch, Anstiftung zur Verletzung des Amtsgeheimnisses und Anstiftung zur Begünstigung. Angeklagt wird auch ein ebenfalls bei den Treffen anwesender Oberstaatsanwalt. Vor gut einem Monat hatte sich Infantino selbst noch zuversichtlich präsentiert und die Treffen als notwendig dargestellt. „Für mich ist diese ganze Sache absurd“, sagte der 50-Jährige damals. „Lasst mich das ein für alle Mal klarstellen: Mich mit dem Bundesanwalt der Schweiz zu treffen, ist absolut legitim und legal. Es ist kein Verstoß gegen irgendetwas.“Von der Fifa gab es zunächst keine Reaktion. Damit könnte Infantino, der sich seit Amtsantritt im Februar 2016 stets als Erneuerer und Reformer präsentierte, vorübergehend auch Ungemach in seinem Amt als Fifa-präsident drohen. Als die Schweizer BA 2015 ein Strafverfahren gegen den damaligen
Weltverbandschef Blatter unter anderem wegen des Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung eröffnete, wurde dieser für 90 Tage durch die Fifa-ethikkommission gesperrt. Das Verfahren läuft weiterhin. Nun steht Infantino gut ein Jahr nach seiner Wiederwahl als Fifa-präsident mehr denn je in Erklärungsnot. Die geheimen Treffen fanden 2016 und 2017 statt, während die Bundesanwaltschaft gegen die Fifa wegen Korruption ermittelte. Bei den Ermittlungen geht es unter anderem um die Vergaben der Fußball-wm 2018 an Russland und 2022 an Katar. Es bestünden „Anzeichen für ein strafbares Verhalten“, hieß es von der BA. Auch gegen Lauber soll nun ein Strafverfahren eröffnet werden. Er ist aber noch bis Ende Januar 2021 im Amt und deshalb vor Strafverfolgung geschützt. Deshalb beantragte der eigens eingesetzte außerordentliche Staatsanwalt beim Parlament die Aufhebung seiner Immunität.