Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Stadt entfernt Engelstrompete am Herkulesbrunnen
Pflanzkübel sollten für Corona-abstand sorgen, doch die Bepflanzung war giftig. Warum die Stadt sie aufstellte
Der Herkulesbrunnen ist, besonders in diesem Corona-sommer, einer der beliebtesten Treffpunkte in der Stadt. Dies führte zuletzt aber auch zu Problemen: Weil an lauen Sommerabenden viele Menschen dort ihre Freizeit verbrachten, konnten die coronabedingten Sicherheitsabstände kaum eingehalten werden.
Damit dies besser funktioniert, hat die Stadt Blumenkübel und Pflanztöpfe aufstellen lassen. Nun stehen dort Palmen – und bis Donnerstagmorgen auch Engelstrompeten. Diese Sträucher haben es in sich: Die Bestandteile der ursprünglich in Südamerika beheimateten Pflanze sind giftig, richtig dosiert können sie Rauschzustände hervorrufen. Die Pflanzen finden sich auf einschlägigen Seiten im Internet: Dort sind Rezepte nachzulesen, wie man aus den Blüten einen Tee brauen oder die Samen essen kann. Allerdings sind die jeweiligen Teile der Pflanze unterschiedlich giftig – und dosieren lassen sie sich kaum.
Der Stadt fiel die potenzielle Droge auf der Partymeile wohl vorerst nicht weiter auf. Erst nachdem sich Hörer bei Hitradio RT1 beschwerten und der Sender darüber berichtete, reagierten die Verantwortlichen. Die Kübel mit den Engelstrompeten wurden am Donnerstagvormittag wieder abgebaut.
Immer wieder hört und liest man von Fällen, in denen sich Menschen, die sich durch Teile der Engelstrompete berauscht hatten, selbst verstümmelten oder an einer Überdosis starben. Wie konnte es also dazu kommen, dass eine solche Pflanze ihren Weg an einen derart prominenten Platz finden konnte? Umweltreferent Reiner Erben (Grüne) erklärt, man habe eine Pflanze gebraucht, die sich vor allem durch „die Robustheit gegenüber Urin, Erbrochenem und Vandalismus“auszeichnet. Aufgestellt wurden die Sträucher am 17. Juli. Die Pflanzkübel mussten laut Erben schnell kommen, da die Pflanzen ein Teil des Maßnahmenpakets zum Infektionsschutz sind. Von vornherein sei eine temporäre Aufstellung angedacht gewesen, sagt Erben.
Zugegeben: Die bauchigen, gelben, orangen oder weißen, herabhängenden Blütenkelche der Engelstrompete sind nicht zu übersehen. Groß und duftend präsentiert sich die Giftschleuder im Sommer. Auch wenn die am Brunnen ein wenig verdurstet wirkten. Wieso niemand daran dachte, dass ausgerechnet diese hochgiftige und potenziell berauschende Pflanze an einem öffentlichen Ort zu platzieren vielleicht nicht die beste Idee ist, erklärt das Umweltreferat nicht. Erben sagt, die „Engelstrompete gehört zur Familie der Nachtschattengewächse wie Tomate oder Kartoffel und steht als klassische Kübelpflanze in vielen Botanischen Gärten und auch in Hausgärten“.
Er verweist darauf, dass in der Praxis keine Vergiftungen mit der Engelstrompete bekannt seien, da niemand – abgesehen von Kleinkindern und Kleintieren wie Katzen – auf den Gedanken käme, die Blätter oder die Blüten zu essen. Bislang habe sich niemand beim Amt für Grünordnung, Naturschutz und Friedhofswesen oder beim Umweltreferat wegen der Engelstrompeten beschwert. In diversen Online-gartenlexika allerdings lässt sich nachlesen, dass bereits das längere Einatmen des Blütendufts der Pflanzen in geschlossenen Räumen zu Kopfschmerzen und Erbrechen führen kann. Auch der Hautkontakt mit ihnen kann zu Vergiftungen führen, weswegen bei der Gartenarbeit Handschuhe empfohlen werden. Für Haustiere kann die Pflanze bisweilen tödlich sein. Das Umweltreferat erklärt abschließend, unabhängig von dieser Angelegenheit bittet die Stadt Augsburg alle Einwohner, vom Verzehr von städtischen Pflanzen ebenso wie dem mutwilligen Zerstören abzusehen.