Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Die Angst vor dem neuen Leichtsinn
Infektionszahlen steigen wieder an. Erste Politiker fordern härtere Maßnahmen
München Es wirkt wie ein plötzliches Corona-déjà-vu: Alles schon mal passiert, alles schon mal dagewesen. In Deutschland und Europa steigt die Zahl der Infektionen mit dem Coronavirus wieder an, auf den Straßen demonstrieren Gegner der Hygienemaßnahmen und das Robert-koch-institut warnt: „Eine weitere Verschärfung der Situation muss unbedingt vermieden werden.“Einige Länder in Europa rudern nach ersten Lockerungen bereits zurück: Belgien verbietet seinen Einwohnern Reisen nach Spanien oder in die Schweiz, Großbritannien hat für einige Gebiete im Westen des Landes wieder strenge Kontaktbeschränkungen verhängt.
Auch hierzulande werden angesichts der steigenden Zahlen erste Stimmen laut, die härtere Maßnahmen im Kampf gegen die Ausbreitung des Virus fordern. „Bei stark steigenden Fallzahlen wie im März werden wir vielleicht wieder ähnliche Maßnahmen wie damals ergreifen müssen, um einen Kollaps unseres Gesundheitssystem zu verhindern und viele Menschenleben zu retten“, sagt etwa der Münchner Csu-bundestagsabgeordnete Stephan Pilsinger unserer Redaktion. „Eine Normalität kann es erst wieder geben, wenn ein Impfstoff ausreichend verfügbar ist. Das ist voraussichtlich erst im Frühjahr 2021 der Fall.“
Der Politiker, der auch Arzt ist, blickt mit Sorge auf all jene, die Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen missachten. „Immer mehr Menschen glauben, dadurch, dass sie das Coronavirus ignorieren, wäre dieses verschwunden. Das ist wirklich fatal.“Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder spricht in einem Interview mit der Bild am Sonntag davon, dass viele Menschen leichtsinniger geworden seien. „Dazu gehören auch die extremen Lockerer und Verschwörungstheoretiker, die alle Maßnahmen schnellstens aufheben wollen.“Tausende dieser Corona-gegner sind am Samstag in Berlin unter dem Motto „Das Ende der Pandemie – Tag der Freiheit“auf die Straße gegangen, um gegen die bestehenden Auflagen zu demonstrieren. Unter ihnen waren – wie auch schon bei vorherigen Protesten – neben besorgten Bürgern auch Rechtspopulisten, Linksextreme und Verschwörungsgläubige.
Weil die Hygieneregeln nicht eingehalten wurden, hatte die Polizei am Nachmittag Strafanzeige gegen den Veranstalter gestellt, der den Demonstrationszug letztendlich für beendet erklärte. Nachdem sich auch bei der anschließenden Kundgebung viele Teilnehmer nicht an das Maskengebot und die Abstandsregeln hielten, löste die Polizei die Versammlung auf.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier fordert härtere Strafen für alle, die sich nicht an die Coronaregeln halten. Der Cdu-politiker spricht von „unverantwortlichem Fehlverhalten“und betont: „Wer andere absichtlich gefährdet, muss damit rechnen, dass dies für ihn gravierende Folgen hat.“
Mehr zur Demonstration und den Reaktionen darauf lesen Sie im Leitartikel und auf Politik.