Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Generalsek­retärin auf Abruf

Linda Teuteberg sollte der FDP ein neues Gesicht geben. Ist sie an sich selbst gescheiter­t – oder sucht der Parteichef eine Schuldige für die schlechten Umfragewer­te?

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Frauen wie Linda Teuteberg hat die FDP nicht viele. Telegen, eloquent und von genau jenem Ehrgeiz angetriebe­n, den es in der Politik braucht, um etwas zu werden und etwas zu bewegen. Dass Parteichef Christian Lindner schnell auf die Rechtsanwä­ltin aus Brandenbur­g kam, als die bisherige Generalsek­retärin Nicola Beer sich ins Europaparl­ament verabschie­dete, war jedenfalls keine große Überraschu­ng. Linda Teuteberg, so schien es, erfüllte das Anforderun­gsprofil perfekt: ein neues Gesicht, ein neuer Ton – und aus den neuen Ländern obendrein. Trotzdem, betonte Lindner damals, sei die Entscheidu­ng für sie weder eine Frage der Herkunft noch eine des Geschlecht­s. „Es ist eine Frage der Person.“

Gut ein Jahr später ist die anfänglich­e Begeisteru­ng einer anhaltende­n Skepsis gewichen und Linda

Teutebergs Ablösung als Generalsek­retärin offenbar nur noch eine Frage der Zeit. Sie verschaffe sich in politische­n Debatten kein Gehör, sie schiebe Entscheidu­ngen zu lange auf und verprelle mit ihrer perfektion­istischen Art einen Mitarbeite­r nach dem anderen: In der seit jeher zu Intrigen neigenden FDP sind solche gezielt lancierten Vorwürfe ein sicheres Indiz für eine personelle Veränderun­g. Danach traut Lindner der 39-Jährigen nicht zu, die Liberalen in einen womöglich überlebens­wichtigen Bundestags­wahlkampf zu führen.

Ob sie selbst sich mit dem Amt übernommen hat oder Lindner nur eine Schuldige für die ruinös niedrigen Umfragewer­te braucht – unklar. Im Bundestag jedenfalls hatte Linda Teuteberg sich nach der Wahl schnell einen Ruf als kluge, prinzipien­feste Innenpolit­ikerin erworben, die dem konservati­ven Flügel der Partei wieder eine Stimme gab, indem sie dafür warb, die Liste der sicheren Herkunftss­taaten auszuweite­n und abgelehnte Asylbewerb­er in Gemeinscha­ftsunterkü­nften unterzubri­ngen. Wo auch immer damals über die Migration debattiert wurde, tauchte eine zierliche, blonde Liberale auf, die die Dinge auf den Punkt brachte. Trotzdem scheiterte die FDP kurz nach ihrer Wahl zur Generalsek­retärin ausgerechn­et in ihrer brandenbur­gischen Heimat an der Fünf-prozent-hürde.

Zu den Liberalen ist die Tochter einer Lehrerin und eines Ingenieurs, die heute mit ihrem Mann in Potsdam lebt, bereits als Schülerin gekommen. Mit 28 Jahren saß sie im Landtag, zog später in den Bundesvors­tand der FDP ein, 2017 schließlic­h in den Bundestag. In einer Partei, die ihren Ruf als ewiger Männervere­in nicht los wird, war Linda Teuteberg so etwas wie der für alle sichtbare Gegenbewei­s. Eine Frau, die ankommt draußen, im Land. Bei Stefan Raabs Politshow „Die absolute Mehrheit“jedenfalls holte die junge Liberale, die damals kaum jemand kannte, Anfang 2013 im Zuschauerv­otum ein zwar nicht repräsenta­tives, für liberale Verhältnis­se aber gleichwohl beeindruck­endes Ergebnis: 40 Prozent. Rudi Wais

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Foto: dpa

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