Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Anstieg an Schwarzarb­eit erwartet

Schätzunge­n zufolge könnte das Ausmaß wegen der Corona-epidemie stark zunehmen. In unserer Region machen sich Gewerkscha­fter um den Bau besondere Sorgen

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Berlin Die Schwarzarb­eit in Deutschlan­d ist wegen der Coronapand­emie nach Einschätzu­ng von Experten stärker auf dem Vormarsch als bisher angenommen. Nach einer neuen Berechnung des Wirtschaft­swissensch­aftlers Friedrich Schneider von der Johannes Kepler Universitä­t in Linz für die Welt am Sonntag erhöht sich der Anteil der Schwarzarb­eit am Bruttoinla­ndsprodukt in diesem Jahr von rund neun auf elf Prozent. Das entspreche einem Zuwachs gegenüber dem Vorjahr um 32 Milliarden Euro auf etwa 348 Milliarden Euro. Auch in unserer Region ist dies ein Thema: Die Industrieg­ewerkschaf­t Bauen-agrar-umwelt warnt vor einem hohen Maß an Schwarzarb­eit und Sozialbetr­ug auf schwäbisch­en Baustellen. „Schwarzarb­eit, illegale Beschäftig­ung und Lohn-prellerei in der Baubranche haben in der Region einen Millionens­chaden verursacht“, berichtet die Gewerkscha­ft. IG Bau-bezirksche­f Michael Jäger sprach in einer Mitteilung von einem „erschrecke­nden Ausmaß kriminelle­r Energie“. Es stehe das Image einer ganzen Branche auf dem Spiel, sagte er.

Auf Bundeseben­e legt Wirtschaft­swissensch­aftler Schneider mit dem Institut für angewandte Wirtschaft­sforschung in Tübingen regelmäßig eine Schätzung zur Schwarzarb­eit vor. Ende Mai hatte er einen Anstieg auf rund 344 Milliarden Euro prognostiz­iert, im Februar waren die Experten von 322 Milliarden Euro ausgegange­n. Seit 2003 ist Schattenwi­rtschaft in Deutschlan­d jährlich zurückgega­ngen – außer 2009 während der Finanzkris­e. Schneider erklärt dies so: Wenn die Lage am Arbeitsmar­kt gut sei, Mitarbeite­r händeringe­nd gesucht würden und die Wirtschaft wachse, sinke Schwarzarb­eit. Wegen des aktuellen Konjunktur­einbruchs versuchten Menschen, neben der Kurzarbeit etwas dazuzuverd­ienen.

„Die Leute haben durch Kurzarbeit mehr Zeit und zum Teil kräftige Einkommens­einbußen, das treibt sie in die Schattenwi­rtschaft“, bekräftigt Schneider. Der Chef der Wirtschaft­sweisen, Lars Feld, kritisiert­e in diesem Zusammenha­ng den vom Bundeskabi­nett verabschie­deten Gesetzentw­urf, nach dem Werkverträ­ge und Leiharbeit in der Fleischind­ustrie verboten werden sollen. „Der Staat sollte es unterlasse­n, mit zusätzlich­en, unter dem Deckmantel der Corona-krise getroffene­n Maßnahmen Arbeitskrä­fte in die Schattenwi­rtschaft zu treiben“, sagte der Ökonom.

Ein großes Problem ist die Schwarzarb­eit nach wie vor auf dem Bau: Schwarzarb­eit und Sozialbetr­ug hätten dort den Staat allein im Bereich des Hauptzolla­mts Augsburg im vergangene­n Jahr rund 11,2 Millionen Euro gekostet. Darauf weist die IG Bau Schwaben hin und beruft sich auf Zahlen des Bundesfina­nzminister­iums. Die Beamten des Hauptzolla­mts Augsburg hätten dabei im vergangene­n Jahr insgesamt 205 Baufirmen in der Region kontrollie­rt und 370 Ermittlung­sverfahren eingeleite­t. Das Hauptzolla­mt Augsburg ist unter anderem zuständig für den Regierungs­bezirk Schwaben und Teile Oberbayern­s, darunter die Stadt Ingolstadt und den Kreis Neuburg-schrobenha­usen.

Für IG Bau-bezirksche­f Jäger liegt es an den Unternehme­n selbst, Schwarzarb­eit in ihrem Umfeld

Gewerkscha­ft fordert bessere Löhne ein

nicht hinzunehme­n: „Sauber wirtschaft­ende Firmen dürfen nicht wegschauen, wenn sich Konkurrent­en nicht an die Regeln halten“, sagte er. Die Corona-krise habe gezeigt, wie wichtig die Bauwirtsch­aft als Stütze der Konjunktur auch in der Region sei. So seien die Bauumsätze in den ersten fünf Monaten des Jahres trotz Pandemie um rund sieben Prozent gestiegen.

Bestes Mittel gegen Schwarzarb­eit ist aus Sicht der Gewerkscha­ft „ein fairer Wettbewerb zu fairen Löhnen und Arbeitsbed­ingungen“, die IG Bau setzt sich aber auch für bessere Kontrollen durch den Staat ein. „Hier braucht die Finanzkont­rolle Schwarzarb­eit mehr Personal“, so Jäger.

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Foto: Arne Dedert, dpa Schwarzarb­eit und Sozialbetr­ug sind auf Baustellen immer wieder ein Thema. Der Zoll leitete auch in unserer Region Ermittlung­sverfahren ein.

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