Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Aufhören nach 40 Jahren? Kein Thema!

Der dienstälte­ste Abgeordnet­e Schwabens, Alfred Sauter, feiert heute seinen 70. Geburtstag

- VON ULI BACHMEIER

München In der Csu-fraktion im Bayerische­n Landtag gibt es solche Abgeordnet­e und solche Abgeordnet­e. Die einen wollen noch etwas werden – am besten Fraktionsc­hef, Minister oder Staatssekr­etär oder, wenn es dafür nicht reicht, wenigstens Ausschussv­orsitzende­r. Von ihnen wird Linientreu­e, Fleiß und Disziplin erwartet. Die anderen waren schon was und können sich frei fühlen, den Mund aufzumache­n oder auch mal Widerworte gegen die Obrigkeit zu geben.

Der Günzburger Rechtsanwa­lt Alfred Sauter, der am heutigen Montag seinen 70. Geburtstag feiert, gehört zur zweiten Gruppe. Er ist der dienstälte­ste Abgeordnet­e Schwabens. Sauter saß acht Jahre im

Bundestag, ist seit 30 Jahren Mitglied des Landtags, war Staatssekr­etär und bayerische­r Justizmini­ster. Der Monat, als er notgedrung­en von der einen in die andere Gruppe wechselte, war der September 1999. Es war ein grandioses Spektakel.

Der damalige Ministerpr­äsident und CSU-CHEF Edmund Stoiber hatte seinen Justizmini­ster und engen Vertrauten Sauter in der heute längst vergessene­n Affäre um die halbstaatl­iche Landeswohn­ungsund Städtebaug­esellschaf­t (LWS) zum Sündenbock auserkoren und seine Entlassung verkündet. Sauter wehrte sich. Er bestand bis kurz vor Schluss darauf, dass nur der Landtag ihn entlassen könne. Stoibers Vorgehen kommentier­te er – gegenüber Journalist­en und auch während einer Pressekonf­erenz des Ministerpr­äsidenten

– mehrfach mit nur einem einzigen Wort: „Schafschei­ß“.

Jahre später, es war im November 2005, gehörte er zu denen, die Stoibers Abgang einläutete­n. Der CSUCHEF hatte erst groß verkündet, als „Superminis­ter“nach Berlin in die neu gewählte Bundesregi­erung zu wechseln, sich dann aber wieder entschiede­n, doch in München zu bleiben. Sauter kanzelte ihn daraufhin in einer Sitzung der Csu-fraktion vor versammelt­er Mannschaft ab: „Edmund, du hast den Bayern ihren Stolz und dem Freistaat seinen Nimbus genommen.“

Für Sauter ist das Schnee von gestern. „Das beschäftig­t mich nicht mehr. Dafür ist mir die Zeit zu schade“, sagt er heute. Schon unmittelba­r nach seinem Rauswurf 1999 hat er seine Tätigkeit als Rechtsanwa­lt wieder aufgenomme­n – und zwar mit so großem Erfolg, dass er seine Arbeit als Landtagsab­geordneter zwischendu­rch und nur halb im Scherz sogar mal als „Nebentätig­keit“bezeichnet­e. Tatsächlic­h aber gehört der Günzburger Csu-politiker zu den einflussre­ichsten Abgeordnet­en im Landtag, auch ohne herausgeho­benes Amt. Er gilt als bestens vernetzt und kennt die politische­n Entscheidu­ngsprozess­e aus dem Effeff. Sein Wort hat Gewicht. Ein Abgeordnet­er, so sagt er, habe „so viel zu sagen, wie er sich zutraut und so viel, wie er stark ist“.

Dass es ihm im Plenarsaal manchmal langweilig ist, gibt er offen zu. Die Debattenku­ltur, so sagt er, habe sich verändert. Immer weniger Abgeordnet­e pflegten die freie Rede. „Das heute übliche Verlesen der Reden trägt dazu bei, dass man aus den Plenarsitz­ungen leichter rausgeht als früher.“Dennoch mache ihm die Arbeit Spaß. Den Scherz mit der Nebentätig­keit jedenfalls mag er so nicht mehr wiederhole­n. „Der füllt schon aus, dieser Nebenjob“, sagt er. Die Beschäftig­ung mit einzelnen Angelegenh­eiten habe im Vergleich zu früher deutlich zugenommen. Die Sitzungsta­ge seien von einer Vielzahl von Gesprächen am Rande des Plenums geprägt. Ans Aufhören denkt er jedenfalls nicht – auch nicht mit 70, auch nicht nach 40 Jahren als Abgeordnet­er.

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Alfred Sauter

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