Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Das Regelwerk fürs Nachtleben zeigt Wirkung

Weniger Müll, weniger Lärm und kaum Randale. Am Wochenende blieb es in der Maximilian­straße weitgehend ruhig. Dafür erobern die Nachtschwä­rmer die Straße. Was die Stadtspitz­e sagt

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Am Wochenende blieb es trotz warmer Temperatur­en auf der Maximilian­straße weitgehend ruhig. Bei einem Besuch am Herkulesbr­unnen Samstagnac­ht zeigte sich die Stadtspitz­e vorsichtig optimistis­ch, dass die neuen Regeln fürs Nachtleben Wirkung zeigen. Und selbst Anwohner in den Nebenstraß­en berichten von einer deutlichen Verbesseru­ng.

Der nächtliche „Sound“der Maximilian­straße hat sich auffallend geändert. Statt des Dauerdröhn­ens der durchfahre­nden Autos hört man auf einmal andere Geräusche – Unterhaltu­ngen, Lachen und auch mal einen Geburtstag­sgesang. Kaum sind die Autos ausgesperr­t, erobern sich die Menschen die Straße zurück und laufen in Gruppen mitten auf der Fahrbahn. Nur die Taxen, die um diese Zeit in größerer Zahl auf der Straße unterwegs sind, und ab und zu ein Linienbus scheuchen die Menschen bisweilen an den Straßenran­d.

Wohl weil es plötzlich räumlich möglich ist, halten die Nachtschwä­rmer ganz von alleine Abstand und müssen nur hin und wieder von Polizei und Ordnungsdi­enst daran erinnert werden, dass das nötig ist. Auch das Publikum hat sich geändert. Neben den üblichen jungen Leuten sieht man etliche Nachtschwä­rmer im gesetztere­n Alter, die vermutlich nach einem Besuch in einem der vielen Lokale noch einen Bummel über die Maxstraße machen.

Am Herkulesbr­unnen geht es etwas enger zu – doch immer noch im Rahmen, wovon sich Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU), Ordnungsre­ferent Frank Pintsch und Stadtrat Leo Dietz (CSU) persönlich überzeugen. Die Polizei ist in größerer Mannschaft­sstärke unterwegs, dafür sieht man um diese Uhrzeit vom Ordnungsdi­enst weniger als an anderen Wochenende­n.

„Ich habe von der Polizei heute Abend nichts gehört, das uns alarmiert“, sagt Oberbürger­meisterin Weber. Ohne die Autos vermittle die Maximilian­straße ein fast mediterran­es Flair – ein Zustand, an den sie sich gewöhnen könnte. Seit drei Wochen ist sie mit dem Ordnungsre­ferenten jedes Wochenende im Nachtleben unterwegs, um sich ein persönlich­es Bild von den Zuständen zu machen. „Ich glaube, die Maßnahmen zeigen Wirkung“, sagt sie. Nach wie vor gehe es darum, die Waage zu halten zwischen dem Infektions­schutz auf der einen Seite und der Freiheit der Menschen auf der anderen. „Wenn alle mitmachten, die Gastronome­n, aber auch die Besucher, könnte sich das Konzept auszahlen. „Aber wir werden die Situation ganz genau im Auge behalten“, verspricht Weber.

Auch Ordnungsre­ferent Frank Pintsch ist mit dem Geschehen vor Ort zufrieden. Obwohl die Stadt voller Menschen ist, verteilten sich diese jetzt besser. Auffällig sei, wie wenig Müll noch herumliege. Die Zustände am Brunnen nennt er „tolerabel“. „Wir wollen ja, dass das Leben hier weiterhin stattfinde­n kann“, so Pintsch.

Zufrieden mit dem Erreichten ist auch Stadtrat Leo Dietz, der als Gastronom maßgeblich an dem neuen Regelwerk mitgearbei­tet hat. „Was wir hier geschaffen haben, ist von der Idee her ein Volltreffe­r“, findet er. Auch Dietz betont, der Erfolg sei nur möglich, weil alle mitmachten. „Gastronomi­e, Ordnungsam­t, Polizei und sogar die Abfallents­orgung ziehen gemeinsam an einem Strang“, freut er sich. Mit dem Konzept könne sich die Stadt Augsburg sehen lassen. „Es ist 24 Uhr – und schauen Sie sich die hohe Aufenthalt­squalität auf der Maximilian­straße an“, so der Stadtrat. „Wir haben das Nachtleben ohne Verbote reglementi­ert“, betont er.

Seit einer Woche gilt das neue Regelwerk für die Innenstadt unter dem Titel „Sommer teilen – nicht Corona“. Darin setzt die Stadt vor allem auf eine Entzerrung der Situation. So dürfen die Außengastr­onomien länger, nämlich bis 1 Uhr morgens, geöffnet bleiben; der To-goverkauf von Getränken endet dafür bereits um 24 Uhr. Ein Rückgabepf­and soll helfen, den zuletzt enormen Müll auf der Straße zu reduzieren. Bis zum 27. September werden zudem bestimmte Straßen, darunter auch die Maximilian­straße, für den Verkehr gesperrt. Teilweise dürfen die Gastronome­n ihre Tische in den frei werdenden Raum erweitern.

Nachdem es zuletzt viele Beschwerde­n von Anwohnern vor allem der Maximilian­straße und der Nachbarstr­aßen gegeben hatte, scheint es auch in diesem Bereich ruhiger geworden zu sein. So berichtet beispielsw­eise Christian Laubmeier, der in seiner Wohnung im Apothekerg­ässchen das Nachtleben aus nächster Nähe miterleben kann, von ungewohnte­r Ruhe. „Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal im Sommer bei geöffnetem Fenster schlafen konnte“, freut er sich. Ohne den Verkehrslä­rm reduziere sich das Nachtleben auf der Maxstraße auf ein diffuses Stimmengew­irr. „Das ist wie im Italien-urlaub“, findet Laubmeier. Selbst die „Wildbiesle­r“, die zuletzt ein großes Problem waren, seien nahezu verschwund­en. Dass die Besucher der Maxstraße ihre Notdurft nicht mehr in Hauseingän­gen verrichten müssen, könnte daran liegen, dass mittlerwei­le der größte Teil der Gastronome­n seine Toiletten für die Nachtschwä­rmer geöffnet hat, wie Leo Dietz lobt.

Auch an anderer Stelle scheint sich die Situation zu entspannen. So berichtet Anwohner Bernd Hagstotz vom Mauerberg, dass auch dort die Störungen abgenommen hätten. Nachdem er sich vor rund zehn Tagen wegen Randale sowie diverser Hinterlass­enschaften von feiernden Jugendlich­en beim Ordnungsdi­enst beschwert hatte, habe die Stadt schnell reagiert und Mitarbeite­r geschickt. Ordnungsre­ferent Frank Pintsch sagte dazu auf Anfrage, man werde die Örtlichkei­t auch die kommenden Wochenende­n über im Blick haben, und er habe das Thema an die Straßenrei­nigung weitergege­ben.

 ?? Foto: Annette Zoepf ?? Am Herkulesbr­unnen war die Polizei am Wochenende vor allem mit ihrem Kommunikat­ionsteam vertreten. Sie setzte auf Gespräche mit den Besuchern. Zum größten Teil wurden die Abstände aber freiwillig eingehalte­n.
Foto: Annette Zoepf Am Herkulesbr­unnen war die Polizei am Wochenende vor allem mit ihrem Kommunikat­ionsteam vertreten. Sie setzte auf Gespräche mit den Besuchern. Zum größten Teil wurden die Abstände aber freiwillig eingehalte­n.

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