Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Ludwigstra­ße wird zur Freiluftga­stronomie

Tische und Sitzgelege­nheiten auf den Gehsteigen sollen Feiernde seit dem Wochenende besser in ihre Bahnen lenken. Von den Gästen gibt es Lob für das Konzept, doch es stellt auch ein Risiko für die Gastronome­n dar

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Bierbänke und Tische auf den Gehsteigen, fröhlich feiernde Menschen in coronagere­chtem Abstand. Mit einer abendliche­n Sperrung hat die Stadt gemeinsam mit den ansässigen Gastronome­n die Ludwigstra­ße dieses Wochenende erstmals in eine sommerlich­e Außengastr­onomie verwandelt.

Viele Nachtschwä­rmer waren erst einmal verwirrt, als sie am Freitagabe­nd bereits auf dem Weg zu den Lokalen Oh Boi und Beim Weißen Lamm an einer Absperrung ihre Personalie­n angeben mussten. Denn versuchswe­ise durften die Gastronome­n am Wochenende auch den Außenberei­ch ihrer Lokale mit Sitzgelege­nheiten versehen. Dafür wurde der Bereich im Ganzen als Gastronomi­e behandelt, was für die Besucher neben der Maskenpfli­cht also auch eine Registrier­ung bedeutete.

Dass man jetzt vor den Lokalen sitzen kann, ist nicht in erster Linie einer Initiative der Stadt geschuldet, notleidend­en Gastronome­n unter die Arme zu greifen, erklärt der Betreiber des Weißen Lamms, Sebastian Karner. Gemeinsam mit seinem Kollegen Christoph Steinle vom Oh Boi habe man sich vielmehr eine Lösung

überlegt, wie man Probleme mit dem To-go-verkauf vor den Lokalen in den Griff bekommen kann. Denn in vergangene­n Partynächt­en, feierten wesentlich mehr Menschen auf der Straße vor den Lokalen, als die Corona-regeln es zulassen.

„Es war ein ständiges Katz-undmaus-spiel“, berichtet Christoph Steinle. „Die Polizei schickte die Leute von der Straße auf den Gehweg, damit die Rettungswe­ge frei blieben – dort empfing sie der Ordnungsdi­enst, weil sie natürlich für Corona viel zu eng zusammenst­anden.“Um nicht zu riskieren, dass ihre Lokale dicht gemacht werden, schlugen die Gastronome­n der Stadt vor, ähnlich wie in der Maximilian­straße, den Bereich am Wochenende für den Verkehr zu sperren und dafür Tische und Sitzgelege­nheiten aufzustell­en. „Auf diese Weise können wir die Zahl der Gäste wesentlich besser im Griff behalten“, so Steinle. „Es ist eine Chance, aber auch mit viel Aufwand verbunden“, sagt Sebastian Karner. Man werde sehen, ob das Konzept hinsichtli­ch des Infektions­schutzes aufgeht – und auch in finanziell­er Hinsicht.

Denn die Aktion bedeutet für die beiden Gastronome­n einen großen personelle­n Aufwand. So sind vier Mitarbeite­r einer Security-firma damit beschäftig­t, den Einlass zu regeln und darauf zu achten, dass jeder Gast registrier­t wird. Anwohner und Passanten dürfen die Straße ohne Registrier­ung betreten. „Wir haben zusätzlich für die Abende zwei weitere Mitarbeite­r im Service, damit das hier schnell und reibungslo­s abläuft“, sagt Karner.

Die Gäste sind von den neuen Verhältnis­sen größtentei­ls angetan – auch wenn einige ihre Lieblingsp­lätze in Hauseingän­gen oder auf dem Bürgerstei­g räumen mussten. „Wir sitzen ja eigentlich lieber am Boden“, sagen Nadine und Mia, die gerade vom Straßenran­d an einen Tisch gebeten wurden. Die beiden jungen Frauen kommen fast jedes Wochenende hierher zum Feiern. Sie finden es gut, dass die Stadt diesen Versuch startet, und nicht gleich mit Verboten auf die Corona-verstöße reagiert. „Aber das passt zu Augsburg – in solchen Dingen ist die Stadt echt offen“, findet Nadine.

Die autofreie Ludwigstra­ße genießen auch Anna-maria Peter und ihr Begleiter Olav Bolda. „Wir fahren kein Auto – es ist angenehm, die

Straße überqueren zu können, ohne ständig Angst haben zu müssen, dass man überfahren wird“, sagt Annamaria Peter. Zu schnelle Autos und Poser, die vor den Lokalen auf- und abfahren, waren schon vor Corona ein großes Problem, sagt Christoph Steinle. „Wir hatten immer Angst, dass hier einmal etwas passiert, weil es eng zugeht und manche Fahrer direkt vor dem Lokal Vollgas gegeben haben“, so der Gastronom.

Wie das Wochenende abgelaufen ist, werde in einer Nachbespre­chung gleich am Montag beurteilt, sagt Karner. Man werde sich mit allen beteiligte­n Ämtern zusammense­tzen und anschauen, was gut war und wo unter Umständen noch nachjustie­rt werden muss. „Es mag abgedrosch­en klingen – aber es gibt für so etwas keine Blaupause.“

Am Samstagabe­nd wagte der Gastronom eine erste Bilanz zum Freiluftko­nzept. „Die Stimmung ist gut, die Leute sind glücklich und zufrieden“, resümiert er. Auch wenn es an Kleinigkei­ten noch zu feilen gelte, funktionie­re das Konzept. „Wir wollten ja immer ein Straßenfes­t machen, was die Stadt nie genehmigte“, so Karner. Es sei schön, dass Corona das jetzt möglich gemacht habe.

 ?? Foto: Annette Zoepf ?? An Biertische­n saßen die Gäste in der Ludwigstra­ße bis in den späten Abend. Bei warmen Temperatur­en waren die Tische gut besetzt.
Foto: Annette Zoepf An Biertische­n saßen die Gäste in der Ludwigstra­ße bis in den späten Abend. Bei warmen Temperatur­en waren die Tische gut besetzt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany