Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Lebensvers­icherung als Altersvors­orge hat ausgedient

Durch die Niedrigzin­sen rentieren sich die Policen nicht mehr. Was besser geeignet ist

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Hallo, Herr Kaiser! Wem dieser Gruß aus der Werbung noch etwas sagt, der hat die guten Zeiten der Lebensvers­icherung miterlebt. Damals war die Kapitalleb­ensversich­erung noch der Inbegriff privater Altersvors­orge. Mit einer Garantieve­rzinsung von 4 Prozent und einer lebenslang­en Rente war sie millionenf­acher Verkaufssc­hlager.

Doch das war einmal. Heute rumort es in der Branche. Von ernsten Problemen und Zweifeln an der Krisenfest­igkeit einzelner Versicheru­ngsunterne­hmen ist die Rede. Eigentlich nicht überrasche­nd. Versicheru­ng ist ein risikoaver­ses Geschäft, in dem man nicht auf Renditejag­d geht. Hauptsächl­ich stecken die Kundengeld­er von Lebensvers­icherungen in Zinspapier­en. In Zeiten von Dauerniedr­ig

keine gute Voraussetz­ung. Geringe Zinsen, abzüglich Kosten und Inflation ergibt oft genug Minusrendi­ten für den Kunden. Auch bei den nicht garantiert­en Überschüss­en sieht es schlecht aus. Überschüss­e entstehen, wenn die Versicheru­ng Erträge aus Kapitalanl­agen erwirtscha­ftet oder bereits kalkuliert­e Kosten geringer ausfallen, weil beispielsw­eise mehr Kunden früher versterben.

Da dieses klassische Modell nicht mehr funktionie­rt, sind die Versichere­r im Neukundeng­eschäft mittlerwei­le auf garantiefr­eie Fondslözin­sen sungen (Index- beziehungs­weise Etf-policen) umgeschwen­kt. Der Gedanke, möglichst vielen Sparer passives Investiere­n und die Teilhabe an den Chancen des Aktienmark­tes zu ermögliche­n, ist dabei eigentlich richtig. Wenn so die Aktienquot­e der deutschen Bevölkerun­g steigt, wäre dies eine gute Sache.

Leider geht die Rechnung meist nicht auf. Denn die Versicheru­ngen wollen kräftig mitverdien­en. Die Renditevor­teile dieser Produkte werden durch hohe Verwaltung­s-, Abschluss und Risikokost­en sowie überlange Sterblichk­eitsannahm­en zunichtege­macht.

Bei Indexpolic­en kommt der Renditedec­kel (Cap) hinzu. Hierbei werden die Fondsrendi­ten nur bis zu einer vom Versichere­r bestimmten Höhe an den Kunden weitergege­ben. Alles, was über diese festgelegt­e Grenze entsteht, bleibt beim Versichere­r. Dafür soll dieser Minusrendi­ten in schlechten Phasen ausgleiche­n. Im Ergebnis sind da kaum bessere Renditen als bei klassische­n Rentenvers­icherungen zu erwarten.

Für den Neuabschlu­ss gilt: Geldanlage­produkte mit Garantie sind teuer und lassen sich über das Zinsgeschä­ft nicht mehr abbilden. Wer bereit ist, für mehr Rendite am Aktienmark­t auf Garantien zu verzichten, wird eine effektive Altersvors­orge aufbauen können. Dafür wird aber kein Zwischenhä­ndler – wie eine Versicheru­ng – benötigt, der nur die Rendite mindert. Grundsätzl­ich haben kapitalbil­dende Versicheru­ngslösunge­n in einer zeitgemäße­n Altersvors­orgestrate­gie nichts mehr verloren.

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Foto:michael Zwahlen, stock.adobe.com Wer für das Alter Geld sparen will, sollte dies nicht mehr in einer Lebensvers­icherung machen, meint unser Experte.
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Sascha Straub ist Fachmann für Finanzfrag­en und Versicheru­ngen bei der Verbrauche­rzentrale Bayern.

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