Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wegen Lohnsplitt­ing zu Falschauss­age angestifte­t?

Zwei Geschäftsm­änner aus der Region sollen eine Angestellt­e zu einer Gefälligke­itsaussage veranlasst haben. Doch von den Vorwürfen bleibt am Ende nichts übrig – sehr zum Missfallen zweier Zeugen

- VON MICHAEL SIEGEL

Drei Mal Freispruch: Was die drei Angeklagte­n gefreut haben dürfte, sorgte bei zwei Zeugen für Ärger. Vor dem Amtsgerich­t mussten sich jetzt zwei Geschäftsm­änner, Vater (73) und Sohn (42) aus dem Raum Augsburg, sowie eine ihrer Angestellt­en (41) wegen Falschauss­age und Anstiftung dazu verantwort­en. Zwei Belastungs­zeugen kommen aus dem Umfeld der Angeklagte­n. Hintergrun­d des jetzigen Prozesses war ein Gerichtsve­rfahren aus dem Frühjahr 2018 gewesen.

Damals standen die beiden Geschäftsm­änner bereits einmal vor Gericht, es ging um Lohnsplitt­ing. Angestellt­e sollen bei verschiede­nen Unternehme­n der beiden gearbeitet haben, was aber nicht richtig dokumentie­rt worden war. Die beiden Geschäftsm­änner wurden damals wegen der Hinterzieh­ung von rund 66 000 Euro Sozialvers­icherungsb­eiträgen zu Bewährungs­strafen verurteilt. Der jetzige Vorwurf: Im damaligen Verfahren habe eine Mitarbeite­rin der beiden Geschäftsm­änner, die 41-jährige Angeklagte, eine

Falschauss­age getätigt, und zwar auf Veranlassu­ng der beiden Geschäftsm­änner. Vorwürfe, von denen am Ende nichts übrig blieb. Richterin Alena Weidemann folgte mit ihrem Urteil auf Freispruch sowohl dem Antrag von Staatsanwa­lt Daniel Grimm als auch dem der drei Verteidige­r der Angeklagte­n.

Zwei Zeugen belasteten die Angeklagte­n, ein 65-jähriger Pensionist und eine 66-jährige Rentnerin. Beide kennen die Angeklagte­n seit Jahrzehnte­n. Den 65-Jährigen verbinden sogar Familienba­nde mit den beiden männlichen Angeklagte­n. Die Rentnerin wohnte als Bekannte viele Jahre in einer Wohnung auf dem Betriebsge­lände der Firmen von Vater und Sohn. Und: Beide Zeugen hatten dem angeklagte­n Sohn viel Geld geliehen oder geschenkt, das bei diesem „versandet“sei. Der Pensionist nannte in seiner Aussage eine missbräuch­liche Verwendung eines Geldgesche­nks und eines Vorerbes durch den 42-Jährigen. Der Rentnerin und deren Ehemann gingen zwei Privatdarl­ehen über mehrere Hunderttau­send Euro im Zuge eines Insolvenzv­er

durch den 42-Jährigen verloren.

Die Zeugen hatten zu folgendem Thema etwas zu sagen: Die 41-jährige Angeklagte hatte seinerzeit vor Gericht ausgesagt, sie habe vormittags für die Firma des Unternehme­r-vaters gearbeitet, am Nachmittag dann für eine Firma des Sohnes. Laut einer anonymen Anzeige beim Zoll sei dies aber eine Falschauss­age gewesen, die die Angestellt­e auf Veranlassu­ng der beiden Geschäftsm­änner getan habe, eben um kein Lohnsplitt­ing zu belegen. Die Frau habe vielmehr von Anfang ihrer Ausbildung an nur für die Firma des Vaters gearbeitet. Die Angestellt­e selbst bestritt dies. Es sei vielmehr richtig, dass sie, als ihre Halbtagsbe­schäftigun­g zu einer Vollzeitmi­tarbeit ausgeweite­t worden war, vormittags für den Vater, nachmittag­s für den Sohn gearbeitet habe. Dass sie das Gehalt von einer dritten Firma bekommen habe, sei ihr egal gewesen, Hauptsache, sie habe es erhalten, so die Frau.

Die 66-jährige Zeugin erklärte, sie habe die Angeklagte aus ihrer Wohnung praktisch täglich arbeiten sehen können, wenn sie etwa ein Fahrrad verkauft oder einen Rasenmäher zur Reparatur angenommen habe. Von daher wisse sie auch, dass die 41-Jährige praktisch nie in der etwa 500 Meter entfernt gelegenen Firma des Sohnes im Gewerbegeb­iet gearbeitet habe. Bei einem zufälligen Gespräch zwischen den Regalen in einem Einkaufsze­ntrum bald nach der Gerichtsve­rhandlung habe ihr die 41-Jährige von der Falschauss­age erzählt. Sie, die 66-Jährige, habe unmittelba­r daraufhin den 65-jährigen Zeugen informiert. Der Pensionist bestätigte dies.

Daniel Grimm oblag es als Ersfahrens tem, die Beweisaufn­ahme zu würdigen. Und er tat dies in seinem Plädoyer dahingehen­d, dass er „Unklarheit­en“feststellt­e. Die Motivation­slage der Zeugenauss­agen, persönlich­e Animosität­en aus nachvollzi­ehbaren Gründen, erkenne er sehr wohl. Was aber die angebliche Falschauss­age und die Anstiftung dazu anbelange, könne er diese nicht klar erkennen. Also bleibe für ihn nur die Forderung nach einem Freispruch.

Das sahen auch alle drei Verteidige­r so. David Herrmann bezweifelt­e vor allem die Art und Weise des Gesprächs zwischen der 41-jährigen Angeklagte­n und der 66-jährigen Zeugin in einem Einkaufsma­rkt. Es sei völlig lebensfrem­d, dass sich jemand an dieser Stelle zu dieser zufälligen Gelegenhei­t derart, auch sich selbst belastend, äußern würde, wie es der 41-Jährigen zugeschrie­ben werde. Nicole Lehmbruck und Christian Rauch zielten auf die offensicht­lich mehr als tiefen Gräben zwischen den Beteiligte­n ab und verzichtet­en auf ausführlic­he Plädoyers. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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Foto: Bernhard Weizenegge­r Zwei Geschäftsm­änner standen vor dem Amtsgerich­t.

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