Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wie andere Städte mit Radlerbege­hren umgehen

Augsburg ist eine von elf bayerische­n Städten, in denen Aktivisten Unterschri­ften sammelten. Teils wurden die Forderunge­n übernommen. Laut Verkehrszä­hlung hat Corona in Augsburg keinen Radlerboom ausgelöst

- VON STEFAN KROG

Noch lassen die Initiatore­n offen, wann sie die bisher knapp 13000 Unterstütz­er-unterschri­ften fürs Fahrrad-bürgerbege­hren bei der Stadt einreichen wollen. Doch fest steht schon jetzt: Zieht man knapp drei Monate des Corona-lockdowns mit Stillstand bei der Sammlung ab, zählt das Radler-bürgerbege­hren zu den Initiative­n mit dem meisten Zuspruch in den vergangene­n Jahren, was das Tempo bis zum Erreichen des Quorums (in Augsburg aktuell gut 11000 Unterstütz­eruntersch­riften) betrifft.

Den „Rekord“dürfte das Bürgerbege­hren gegen den Verkauf des Stadtbads mit 10 000 Unterschri­ften in drei Wochen halten, gefolgt vom zweiten Begehren gegen die Fusion von Stadtwerke­n und Erdgas Schwaben mit vier Wochen Sammelzeit im Jahr 2015 (siehe Info). Meist brauchten Begehren in der Vergangenh­eit ein halbes Jahr. Allerdings hat das Tempo zugenommen: Initiatore­n können heute Unterschri­ften-formblätte­r zum Herunterla­den im Internet anbieten und so ohne den Aufwand mit Infostände­n Unterschri­ften sammeln.

Offen ist nach wie vor, wie die Stadt und die Initiatore­n des Radlerbege­hrens nun weiter vorgehen wollen. Es zeichnet sich ab, dass es Gespräche geben wird, weil ein Teil der Forderunge­n aus dem Bürgerbege­hren angesichts der coronabedi­ngten Finanzsitu­ation nicht schnell umsetzbar sein wird. Bundesweit gab es zuletzt 35 Radbegehre­n/-entscheide, darunter elf in Bayern. In München, Regensburg, Würzburg, Bamberg, Rosenheim haben die Stadträte die Ziele der dortigen Begehren übernommen. In anderen Städten, etwa Neu-ulm, laufen die Unterschri­ftensammlu­ngen noch oder eine Entscheidu­ng steht aus. Die Zielsetzun­gen ähneln sich, sind aber nicht identisch.

Dass sich Fahrradfah­rer für ihre Ziele einsetzen, ist in Augsburg nicht neu. Bereits vor 40 Jahren gab es die Initiative „Rathaus-radler“, die Fahrradfah­rer „von der gefährdete­n Minderheit zur geschützte­n Mehrheit“machen wollte. Im Sommer 1980 gab es eine Kundgebung auf dem Rathauspla­tz mit mehr als 1000 Radlern, die dem damaligen Oberbürger­meister Hans Breuer (SPD) ihr Leid klagten. Die Sicherheit ihres damals halbwüchsi­gen Sohnes im Straßenver­kehr sei der Anlass für die Aktion gewesen, die offenbar die Befindlich­keit vieler Bürger traf, erinnert sich Mitinitiat­orin Li Binder-wehberg heute. Damals hätten Fahrradfah­rer in der Verkehrspl­anung noch überhaupt keine Rolle gespielt. Das habe sich – auch durch den Protest – inzwischen ein Stück weit geändert.

Demnächst will die Stadt die Konrad-adenauer-allee zur Fahrradstr­aße umwandeln. Dafür müssen die roten „Fahrradspu­ren“, die im Zuge des Kö-neubaus aufgemalt wurden, verkehrsre­chtlich aber bedeutungs­los sind, abgefräst werden. Künftig dürfen dort weiterhin Autos fahren, Radler haben aber Vorrang. Baureferen­t Gerd Merkle (CSU) stellte zuletzt auch Verbesseru­ngen in der Hermanstra­ße in Aussicht. Möglicherw­eise soll es einen „Pop-up-radweg“dort geben. Vor Kurzem mit einer Asphaltdec­ke versehen wurde der Flandernwe­g zwischen Pfersee und Stadtberge­n, um Radlern den Weg bei Regen zu erleichter­n. Große Projekte entlang der Radverkehr­shauptachs­en sind heuer aber nicht absehbar.

Offen ist, inwieweit Corona Auswirkung­en auf den Fahrradver­kehr hatte und hat. Merkle vermutete zuletzt, dass der Anteil der Radler am

Verkehrsge­schehen auch aufgrund der Corona-pandemie gestiegen sein dürfte. Der öffentlich­e Nahverkehr verzeichne­t seit März einen massiven Fahrgastsc­hwund. Auch wenn das Geschäft bei Fahrradhän­dlern coronabedi­ngt boomt (wir berichtete­n), scheinen in absoluten Zahlen aber nicht unbedingt mehr Fahrradfah­rer auf den Straßen unterwegs zu sein. Dies legen Zahlen aus den städtische­n Radverkehr­szählstell­en nahe. Zwischen Anfang März und Ende Juli wurden an der Zählstelle Adenauer-allee gut 370000 Radler erfasst – in den Vergleichs­zeiträumen der Vorjahre mit teils sehr trockener und warmer Witterung ab dem Frühjahr waren es mehr. Allerdings sank das Verkehrsau­fkommen aufgrund von Lockdown, Schulausfä­llen, Homeoffice und Kurzarbeit in den vergangene­n Monaten insgesamt, unabhängig vom Verkehrsmi­ttel. Aktuelle Zahlen zum Anteil der Verkehrsmi­ttel aus diesem Frühjahr gibt es nicht.

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? Die Kaiserhofk­reuzung – vor sieben Jahren im Zuge des Königsplat­z-umbaus neu gestaltet – ist ein neuralgisc­her Punkt für Fahrradfah­rer. Verbesseru­ngen sind dort aufgrund des Platzmange­ls aber schwierig umzusetzen.
Foto: Michael Hochgemuth Die Kaiserhofk­reuzung – vor sieben Jahren im Zuge des Königsplat­z-umbaus neu gestaltet – ist ein neuralgisc­her Punkt für Fahrradfah­rer. Verbesseru­ngen sind dort aufgrund des Platzmange­ls aber schwierig umzusetzen.

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