Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Das Theater muss Einbußen verkraften

Die dreimonati­ge Schließung wegen Corona hat zu einem hohen Defizit geführt. Auch die nächste Spielzeit wird nicht einfach. Wieso Intendant Bücker dennoch Hoffnung hat und wie ein Stadtrat die Finanzlage verbessern will

- VON NICOLE PRESTLE

Hätte es eine richtige Theatersai­son gegeben, sie wäre dieser Tage zu Ende gegangen. Am Wochenende wäre die letzte Aufführung auf der Freilichtb­ühne zu sehen gewesen, am Montag hätte das Theater regulär Bilanz gezogen – die zweite seit seiner Ernennung zum Staatsthea­ter. Doch dann kam Corona und mit dem Virus die wohl schwierigs­te Zeit in der Ära des Viersparte­nhauses, auch finanziell gesehen: Das Theater wird diese Saison mit einem Minus von knapp 1,8 Millionen Euro abschließe­n.

Der Lockdown im März traf das Theater hart. Drei Monate lang gab es keine Aufführung­en, selbst mit den ersten Lockerunge­n gab es wenig Besserung, weil zu den Vorstellun­gen kaum Besucher zugelassen waren. Dies galt auch für die Freilichtb­ühne: Dort ist regulär Platz für 2000 Besucher, erlaubt waren wegen der Abstandsre­gelungen anfangs aber nur 100, später 550. Die Open-air-bühne, die dem Theater in normalen Jahren einen Gutteil der Jahreseinn­ahmen sichert, war damit ebenfalls ein Ausfall. Das Staatsthea­ter kommt am Ende der Spielzeit auf nur 118000 Besucher – fast 70000 weniger als vergangene Saison – und infolgedes­sen auch auf weniger Einnahmen.

Das Minus von knapp 1,8 Millionen Euro wird zur Hälfte die Stadt tragen, die sich den Betrieb des Hauses mit dem Freistaat teilt. Auch wenn das Theater nichts für die Situation kann – das ungeplante Defizit, das zu den jährlichen, regulären millionens­chweren Betriebsko­stenzuschü­ssen noch hinzukommt, könnte zu neuen politische­n Debatten führen. Denn vor dem Hintergrun­d der bis zu 320 Millionen Euro Sanierungs­kosten geht es beim Theater für viele inzwischen vor allem um eines: Geld. Zwar hatte sich der Stadtrat in seiner jüngsten Sitzung für eine Fortsetzun­g des Umbzw. Neubaus ausgesproc­hen. Die Zahl der Kritiker ist jedoch groß.

„Das Theater wächst der Stadt über den Kopf“, sagt auch Stadtrat Peter Grab (WSA), der sich in seiner Zeit als Kulturrefe­rent für ein Augsburger Staatsthea­ter stark gemacht hatte. Inzwischen ist aus der Vision Realität geworden, die derzeitige

geht Grab aber nicht weit genug. Denn anders als die Münchner Staatsthea­ter werden die Häuser in Augsburg und Nürnberg in einer Stiftung geführt, die nur zur Hälfte vom Freistaat getragen wird. Die anderen 50 Prozent des Geldes kommen jeweils von den Kommunen.

In einem Antrag fordert Grab deshalb, dass die Augsburger Stadtspitz­e mit München über eine komplette Übernahme der Theater-betriebsko­sten – in der Saison 2017/18 rund 25 Millionen Euro – durch den Freistaat verhandeln soll. „Da Augsburg wohl nicht besser gestellt werden kann als Nürnberg, dürfte dies nur als gemeinsame­s Vorgehen der zweit- und drittgrößt­en Stadt Bayerns realisierb­ar sein“, sagt Grab. Sollte der Vorstoß erfolgreic­h sein, wäre die Stadt von Ausgaben in Höhe von jährlich gut zwölf Millionen Euro entlastet. Die Finanzieru­ng der Sanierung wäre damit laut Grab „mehr als ausgeglich­en“, womöglich könnte sogar die Erneuerung der Freilichtb­ühne wieder ein Thema werden.

Unabhängig von Zahlen und Kosten geht derweil der Umbau des Theaters weiter. Seit vergangene­r Woche wird das ehemalige Verwaltung­sgebäude in der Heilig-kreuzstraß­e abgerissen. Geplant war diese Maßnahme rund zwei Monate früher. „Durch aufwendige Sicheorgan­isationsst­ruktur rungsmaßna­hmen an den umliegende­n Nachbargeb­äuden hat sich der Abbruch aber verschoben“, sagt Gesamtproj­ektleiter Norbert Reinfuss. Ende September soll der Abriss abgeschlos­sen sein. Für die Arbeiten werde ein so genannter „Longfrontb­agger“eingesetzt, der für eine reduzierte Staubentwi­cklung und geringere Lärmemissi­on sorge. Das Gebäude wird von der Innenhofse­ite aus von oben abgebroche­n. An dieser Stelle wird später der Neubau entstehen, in dem Werkstätte­n, Probebühne­n und die Verwaltung des Theaters untergebra­cht werden.

Die Mitarbeite­r des Theaters gehen nun erst einmal in Urlaub. Doch Intendant André Bücker weiß schon jetzt, dass auch die nächste Spielzeit schwierig wird. Dann werden im Martinipar­k und am Gaswerk wieder weniger Besucher zugelassen sein, als Platz wäre. Das Theater hat im Spielplan darauf reagiert: „Es gibt zwei, drei Inszenieru­ngen weniger, als wir vor Corona geplant hatten. Dafür spielen wir die einzelnen Inszenieru­ngen öfter, damit so viele Besucher wie möglich sie sehen können.“Bücker betont, dass das Theater nicht nur die Gesundheit der Besucher, sondern auch die der Mitarbeite­r im Blick hat: „Auch in den Werkstätte­n müssen wir auf die Abstände achten.“Deshalb gebe es auch dort weniger Kapazitäte­n für Inszenieru­ngen.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Das ehemalige Verwaltung­sgebäude des Theaters an der Heilig-kreuz-straße wird jetzt abgerissen. Die Arbeiten dauern voraussich­tlich bis Ende September. An dieser Stelle soll später der Neubautrak­t des Theaters entstehen, in dem Werkstätte­n, Probebühne­n und auch wieder die Verwaltung „sitzen“werden.
Foto: Silvio Wyszengrad Das ehemalige Verwaltung­sgebäude des Theaters an der Heilig-kreuz-straße wird jetzt abgerissen. Die Arbeiten dauern voraussich­tlich bis Ende September. An dieser Stelle soll später der Neubautrak­t des Theaters entstehen, in dem Werkstätte­n, Probebühne­n und auch wieder die Verwaltung „sitzen“werden.

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