Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Der vielleicht gefährlichste Sport der Welt
Radfahren kann lebensgefährlich sein. Das gilt für Freizeitradler wie für die Profis. Auf der sonst gemütlichen Fahrt zur Arbeit sollte niemand leichtsinnig werden und mindestens die Lkw im Auge behalten. Beim Abbiegen der Brummer lauert die tödliche Gefahr im toten Winkel des Rückspiegels.
Bei den Radprofis fährt der Tod immer mit. Erst vor einem Jahr starb der Belgier Bjorg Lambrecht bei der Polen-rundfahrt. Auf regennasser Fahrbahn war der Profi gestürzt und in eine Betonkonstruktion geprallt. Nach einer Schweigeminute am Tag darauf ging die Hatz um Siege und Punkte weiter. Alltag im Rennfahrerleben. Nun erwischte es Fabio Jakobsen. Nach einem Horrorsturz in der Zieldurchfahrt der ersten Etappe der Polen-rundfahrt brach sich der Niederländer sämtliche Knochen im Gesicht und schwebte zwischen Leben und Tod.
Waren es in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Formel-1-piloten, die fast schon im Monats-rhythmus ihr Leben ließen, schreibt nun der Profi-radsport ein trauriges Kapitel nach dem anderen. Gefühlt steigt die Zahl der Todesfälle von Jahr zu Jahr. Seit 2010 starben knapp 20 Profis im Renneinsatz, mehr als zwei Dutzend Todesfälle kommen nach Trainingsunfällen hinzu. Doch nicht immer sind Pech, das Wetter oder
Begleitfahrzeuge die Ursachen für den Tod auf dem Asphalt. In Polen kommen zwei Faktoren hinzu. Erstens war das Streckenlayout auf Nervenkitzel ausgelegt. Nicht genug, dass die Hasardeure auf zwei Rädern normalerweise mit über 50 Sachen im Zielsprint unterwegs sind, legten die Organisatoren die Ankunft in Kattowitz auf ein Bergab-stück. Radprofis wie Simon Geschke oder Rick Zabel monieren, dass Massensprints gefährlich genug sind. Man braucht kein Bergabfinale mit 85 Stundenkilometern. Zweitens drängte Dylan Groenewegen seinen 23-jährigen Landsmann in die Absperrgitter. Jakobsens Teamchef Patrick Lefevere wählte unmissverständliche Worte und sprach von einem „Mordanschlag“. Der Radsport-weltverband UCI ermittelt. Am Freitag rollt die Zweirad-karawane einer der gefährlichsten Sportarten der Welt weiter.