Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Bio muss raus aus der Nische
Die Absichten sind ja durchaus ehrenhaft. Wenn man die Menschen fragt, ob es ihnen wichtig ist, dass die Tiere auf dem Bauernhof viel Platz haben, dass keine Chemie eingesetzt und nachhaltiger gearbeitet wird, dann würden viele aus dem Bauch heraus wohl sagen: Ja, natürlich! Nur bleibt es leider meist bei den Absichten – an der Supermarktkasse werden die guten Vorsätze dann oft vergessen. Denn dann steht etwas anderes im Vordergrund: der Preis.
So ist es auch zu erklären, dass Bio-lebensmittel in Deutschland noch immer Nischen-produkte sind. Ihr Anteil am Lebensmittelmarkt betrug nach Angaben des Umweltbundesamtes im Jahr 2018 gerade einmal 5,4 Prozent. Dieser Anteil wird wachsen, keine Frage. Das zeigt etwa auch die erfreuliche Entwicklung in Schwaben, wo es heute mehr als 2000 Biobetriebe gibt – im Jahr 2007 waren es gerade mal 823. Aber reicht diese Geschwindigkeit?
Nein. Ein Blick auf die Probleme, die die industrielle Massentierhaltung vielerorts mit sich bringt, macht dies deutlich: Als Beispiel seien nur Pestizide auf den Feldern genannt, die Insekten gefährden. Oder Schweine, die zum Teil unter erbärmlichsten Zuständen gehalten werden, um dann zu Billigschnitzeln zerlegt zu werden.
Beim Thema Lebensmittel ist die Kluft zwischen lapidaren Lippenbekenntnissen und tatsächlichem Handeln offenbar ähnlich groß wie beim Klimaschutz. Die Frage, ob einem das Thema wichtig sei, würden sicher viele Menschen mit Ja beantworten. Aber das Auto verkaufen? Mit dem Zug an die Ostsee fahren, statt mit dem Flugzeug ans Mittelmeer jetten? Da hört für viele dann die Liebe zum Klima schon auf. So wie an der Supermarktkasse eben die – offenbar sich selbst vorgegaukelte – Liebe zum Tier dem billigen Preis zum Opfer fällt.
Lesen Sie dazu den Artikel „Bio boomt – auch dank Corona“auf der zweiten