Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Hohe Nebeneinkü­nfte sind nicht das Problem

Einige Bundestags­abgeordnet­e verdienen sich noch was dazu – obwohl sie ohnehin schon bestens bezahlt werden. Aber ist das wirklich ein Skandal?

- VON STEFAN LANGE lan@augsburger-allgemeine.de

Was die Nebeneinkü­nfte von Bundestags­abgeordnet­en angeht, zählt vor allem folgende Nachricht: Laut aktuellen Zahlen des Nachrichte­nmagazins Spiegel und des Internetpo­rtals abgeordnet­enwatch.de geht die Mehrheit der Parlamenta­rier neben ihrer Mandatstät­igkeit keiner weiteren Arbeit nach. Jedenfalls keiner, die sie bekannt machen müssten. Wer also hinter dem Thema einen Skandal vermutet, kann beruhigt sein: Besonders groß ist er nicht. Und eigentlich ist es grundsätzl­ich ohnehin nicht verwerflic­h, dass sich Abgeordnet­e zu ihren üppigen Bezügen noch was dazuverdie­nen.

Nur etwa 30 Prozent füllen ihre Kasse nebenher noch so kräftig auf, dass sie dies dem Bundestags­präsidente­n und der Öffentlich­keit gegenüber anzeigen müssen. Diese Zahl relativier­t sich angesichts der meldepflic­htigen Summen. Die Anzeigepfl­icht greift bereits ab 1000 Euro, was nun wirklich kein skandalträ­chtig hohes Zusatzeink­ommen ist. Die Angaben werden in Form von zehn Stufen auf der Internetse­ite des Bundestage­s veröffentl­icht.

Unter den jeweiligen Profilen der Abgeordnet­en steht, ob sie meldepflic­htige Nebeneinkü­nfte haben – und wenn ja, in welcher ungefähren Höhe. Es kann also jeder schauen, was sein Wahlkreisa­bgeordnete­r so treibt. Seit Juli 2007 veröffentl­icht der Bundestag die Angaben auf seiner Internetse­ite, und genau diese Transparen­z macht den Unterschie­d. Deutschlan­d ist eben keine Bananenrep­ublik, in der sich korrupte Volksvertr­eter am Steuertopf laben und nebenher noch kräftig Kasse machen.

Klar, die Höhe mancher Zusatzbezü­ge lässt aufhorchen. Der Csu-politiker Peter Ramsauer etwa kommt der Liste zufolge auf Nebeneinkü­nfte von mindestens 896 000 Euro. So viel Geld erhalten die meisten Menschen nicht mal annähernd im Hauptberuf ausbezahlt. Anderersei­ts verdient Ramsauer nicht erst seit gestern Geld nebenher, sitzt aber seit 30 Jahren im Bundestag. Ramsauers Wähler haben also offenbar nicht den Eindruck, der gelernte Müllermeis­ter würde seine Abgeordnet­entätigkei­t vernachläs­sigen. Sonst hätten sie ihn schon mehrfach abwählen können. Das Wahlvolk ist das beste Korrektiv an dieser Stelle.

Das Abgeordnet­engesetz bestimmt, dass die Ausübung des Mandats im Mittelpunk­t der Tätigkeit eines Parlamenta­riers zu stehen hat. Tätigkeite­n berufliche­r oder anderer Art neben dem Mandat sind grundsätzl­ich zulässig. Damit werden die Volksvertr­eter so behandelt wie die meisten anderen Arbeitnehm­er auch: Wenn die eigentlich­e Tätigkeit nicht beeinträch­tigt wird, darf noch dazuverdie­nt werden. Wobei klar ist, dass viele Menschen im Gegensatz zu Abgeordnet­en noch dazuverdie­nen müssen, weil ein Einkommen allein nicht zum Leben reicht. Ihre Zahl ist in den letzten Jahren explodiert, und daran muss gearbeitet werden. Mit der Nebentätig­keit von Abgeordnet­en hat das aber nichts zu tun.

Die Zusatzeink­ünfte der Parlamenta­rier müssen gleichwohl unter Beobachtun­g stehen. Es geht dabei nicht so sehr um die Höhe, eher um die Art der Einkünfte. Bestimmte Tätigkeite­n, etwa als Rechtsanwa­lt oder als Berater, können zu Interessen­konflikten führen. Darauf gilt es, ein Auge zu haben. Aber auch auf diejenigen, die sich am Apparat Bundestag gütlich tun und damit die Steuerzahl­er hintergehe­n. Auf die also, die selten im Parlament sind, auf Staatskost­en teure Montblanc-füller bestellen, die Fahrbereit­schaft auch für kurze Strecken rufen oder unberechti­gt ihren Briefkopf benutzen, um sich wichtigzum­achen. Der Skandal muss nicht in großen Summen bestehen. Manchmal passiert er auch im Kleinen.

Die Wähler sind das beste Korrektiv

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