Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Hohe Nebeneinkünfte sind nicht das Problem
Einige Bundestagsabgeordnete verdienen sich noch was dazu – obwohl sie ohnehin schon bestens bezahlt werden. Aber ist das wirklich ein Skandal?
Was die Nebeneinkünfte von Bundestagsabgeordneten angeht, zählt vor allem folgende Nachricht: Laut aktuellen Zahlen des Nachrichtenmagazins Spiegel und des Internetportals abgeordnetenwatch.de geht die Mehrheit der Parlamentarier neben ihrer Mandatstätigkeit keiner weiteren Arbeit nach. Jedenfalls keiner, die sie bekannt machen müssten. Wer also hinter dem Thema einen Skandal vermutet, kann beruhigt sein: Besonders groß ist er nicht. Und eigentlich ist es grundsätzlich ohnehin nicht verwerflich, dass sich Abgeordnete zu ihren üppigen Bezügen noch was dazuverdienen.
Nur etwa 30 Prozent füllen ihre Kasse nebenher noch so kräftig auf, dass sie dies dem Bundestagspräsidenten und der Öffentlichkeit gegenüber anzeigen müssen. Diese Zahl relativiert sich angesichts der meldepflichtigen Summen. Die Anzeigepflicht greift bereits ab 1000 Euro, was nun wirklich kein skandalträchtig hohes Zusatzeinkommen ist. Die Angaben werden in Form von zehn Stufen auf der Internetseite des Bundestages veröffentlicht.
Unter den jeweiligen Profilen der Abgeordneten steht, ob sie meldepflichtige Nebeneinkünfte haben – und wenn ja, in welcher ungefähren Höhe. Es kann also jeder schauen, was sein Wahlkreisabgeordneter so treibt. Seit Juli 2007 veröffentlicht der Bundestag die Angaben auf seiner Internetseite, und genau diese Transparenz macht den Unterschied. Deutschland ist eben keine Bananenrepublik, in der sich korrupte Volksvertreter am Steuertopf laben und nebenher noch kräftig Kasse machen.
Klar, die Höhe mancher Zusatzbezüge lässt aufhorchen. Der Csu-politiker Peter Ramsauer etwa kommt der Liste zufolge auf Nebeneinkünfte von mindestens 896 000 Euro. So viel Geld erhalten die meisten Menschen nicht mal annähernd im Hauptberuf ausbezahlt. Andererseits verdient Ramsauer nicht erst seit gestern Geld nebenher, sitzt aber seit 30 Jahren im Bundestag. Ramsauers Wähler haben also offenbar nicht den Eindruck, der gelernte Müllermeister würde seine Abgeordnetentätigkeit vernachlässigen. Sonst hätten sie ihn schon mehrfach abwählen können. Das Wahlvolk ist das beste Korrektiv an dieser Stelle.
Das Abgeordnetengesetz bestimmt, dass die Ausübung des Mandats im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Parlamentariers zu stehen hat. Tätigkeiten beruflicher oder anderer Art neben dem Mandat sind grundsätzlich zulässig. Damit werden die Volksvertreter so behandelt wie die meisten anderen Arbeitnehmer auch: Wenn die eigentliche Tätigkeit nicht beeinträchtigt wird, darf noch dazuverdient werden. Wobei klar ist, dass viele Menschen im Gegensatz zu Abgeordneten noch dazuverdienen müssen, weil ein Einkommen allein nicht zum Leben reicht. Ihre Zahl ist in den letzten Jahren explodiert, und daran muss gearbeitet werden. Mit der Nebentätigkeit von Abgeordneten hat das aber nichts zu tun.
Die Zusatzeinkünfte der Parlamentarier müssen gleichwohl unter Beobachtung stehen. Es geht dabei nicht so sehr um die Höhe, eher um die Art der Einkünfte. Bestimmte Tätigkeiten, etwa als Rechtsanwalt oder als Berater, können zu Interessenkonflikten führen. Darauf gilt es, ein Auge zu haben. Aber auch auf diejenigen, die sich am Apparat Bundestag gütlich tun und damit die Steuerzahler hintergehen. Auf die also, die selten im Parlament sind, auf Staatskosten teure Montblanc-füller bestellen, die Fahrbereitschaft auch für kurze Strecken rufen oder unberechtigt ihren Briefkopf benutzen, um sich wichtigzumachen. Der Skandal muss nicht in großen Summen bestehen. Manchmal passiert er auch im Kleinen.
Die Wähler sind das beste Korrektiv