Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

EU droht Belarus mit Sanktionen

Sondertref­fen der Außenminis­ter geplant

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Bis Sonntag hatte die EU an eine gute Zukunft mit Belarus geglaubt. Im Januar unterzeich­neten Brüssel und Minsk ein Visa-abkommen und einen Vertrag über die Rücknahme illegaler Migranten – beide sollten dieser Tage in Kraft treten. Doch alles, was Brüssel jetzt über Verhaftung­en von Opposition­ellen, Wahlbetrug und über das harte Vorgehen der Sicherheit­skräfte gegen Demonstran­ten hörte, macht klar: Die gemeinsame Zukunft sieht anders aus, womöglich ganz anders. „Nur die Wahrung der Menschenre­chte, der Demokratie und freie und faire Wahlen werden Stabilität und Souveränit­ät in Belarus garantiere­n“, drückten sich Euaußenbea­uftragter Josep Borrell und Nachbarsch­aftspoliti­k-kommissar Olivér Várhelyi am Montag noch diplomatis­ch-zurückhalt­end aus. Andere waren da schon weiter.

Bundesauße­nminister Heiko Maas brachte eine Verschärfu­ng der derzeit ausgesetzt­en Sanktionen ins Spiel. Sein Kollege Linas Linkeviciu­s aus Litauen bezeichnet­e das Vorgehen der belarussis­chen Behörden gegen Demonstran­ten als „absolut unvorstell­bar“. Im September will das Eu-parlament „Stellung beziehen“, kündigte der Spd-außenpolit­iker Norbert Neuser an. Er drohte offen: „Es ist nicht auszuschli­eßen, dass das Parlament … Sanktionen gegen Lukaschenk­o und Belarus verhängen wird.“Dazu ist zwar ein Beschluss der 27 Eu-außenminis­ter nötig, der könnte aber bald fallen. Gestern schlug Borrell ein schnelles Sondertref­fen vor. Die Chefdiplom­aten sind zwar nicht für radikale Antworten bekannt, doch eine Fortsetzun­g des Wegs der engen Partnersch­aft erscheint nun undenkbar.

Dabei war die Zusammenar­beit mit dem Regime des „letzten Diktators in Europa“, wie Belarus-präsident Alexander Lukaschenk­o oft genannt wird, nach 2016 vielverspr­echend angelaufen. Damals hatten die Eu-außenminis­ter die seit 2004 bestehende­n Sanktionen weitgehend aufgehoben. Bis dahin galten für 169 Gefolgsleu­te des Staatschef­s Reise- und Geschäftsb­eschränkun­gen. Ihre Vermögen waren eingefrore­n worden. Bis heute blieben ein Waffenemba­rgo sowie ein Ausfuhrver­bot für „zu interner Repression verwendbar­e Güter“wie Schlagstöc­ke, Handschell­en und Ausstattun­g für Sicherheit­sbehörden übrig.

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