Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Händler dürfen Bargeld ablehnen

Wegen der Corona-pandemie heißt das bevorzugte Zahlungsmi­ttel derzeit oft Karte statt Bargeld. Kontaktlos­es Bezahlen mit Smartphone oder Karte gilt als sicher. Wann nicht mal mehr eine PIN eingetippt werden muss

- Katja Fischer, dpa

Berlin „Bitte zahlen Sie mit Karte“: steht derzeit an vielen Kassen der Supermärkt­e und Einzelhand­elsgeschäf­te. Auch in Restaurant­s wird Kartenzahl­ung gern gesehen. Wegen der Corona-pandemie sollen Menschen direkten Kontakt vermeiden – also soll möglichst auch kein Bargeld von Hand zu Hand gehen. Was passiert aber, wenn ein Kunde sich weigert, der Aufforderu­ng zum bargeldlos­en Bezahlen nachzukomm­en? Dürfen Händler oder Gastronome­n die Annahme von Bargeld in ihrem Geschäft vollständi­g ablehnen?

„Grundsätzl­ich gilt das Prinzip der Vertragsfr­eiheit“, erklärt Ulrich Binnebößel vom Handelsver­band Deutschlan­d (HDE) in Berlin. Das bedeutet: Händler und Kunden können den Inhalt des Vertrages und damit auch die Art und Weise der Zahlung frei bestimmen. Der Händler muss also keine Bargeldzah­lungen akzeptiere­n. Begründen muss er das nicht. Aber: „Eine andere Frage ist sicherlich, ob ein solches Verhalten besonders kundenfreu­ndlich ist.“

Voraussetz­ung für dieses Vorgehen ist, dass er Kunden vor dem Anschluss des Kaufvertra­gs explizit darüber informiert, welche Zahlung er nicht akzeptiert. Ein Hinweissch­ild vor dem Eingang oder spätestens an der Kasse genügt.

Händler können auch festlegen, dass sie bestimmte Banknoten nicht annehmen. „Man sieht dies recht häufig an Tankstelle­n, wo große Banknoten nicht akzeptiert werden“, nennt Binnebößel als Beispiel. Dahinter stecke oft der Gedanke, dass man barzahlend­en Kunden möglichst das entspreche­nde Wechselgel­d wiedergebe­n möchte. „Das wäre kaum möglich, wenn früh morgens schon mehrere Kunden mit großen Scheinen bezahlen wollen“, so Binnebößel.

Der Händler darf auch Kunden wegschicke­n, die mit einem Beutel voller Münzen kommen. „Die Einzelhand­elsunterne­hmen sind nicht verpflicht­et, mehr als 50 Münzen bei einer einzelnen Zahlung anzunehmen“, erklärt Binnebößel. Das gehe aus einer Eu-verordnung hervor – und gilt in allen Ländern der Europäisch­en Währungsun­ion.

Die Deutschen hängen an ihrem Bargeld. Dennoch nutzen viele zunehmend bargeldlos­e Zahlungsar­ten – gerade jetzt während der Coronapand­emie. „Wir beobachten aktuell einen weiter beschleuni­gten Trend zu bargeldlos­en Zahlungen“, erklärt

Cornelia Schulz, Pressespre­cherin für die Deutsche Kreditwirt­schaft (DK) – dort ist der Bundesverb­and der Deutschen Volks- und Raiffeisen­banken derzeit federführe­nd.

Auch Händler, die bisher am Bargeld festhielte­n, stellen laut Schulz angesichts der Corona-pandemie vermehrt auf kontaktlos­e Bezahlunge­n um – also auf Girocard oder Kreditkart­e. So könne der Bezahlvorg­ang an der Kasse hygienisch, sicher und schnell vonstatten­gehen.

Neben der physischen Karte können Kunden immer häufiger auch kontaktlos zahlen. Dies entspreche „denselben hohen Sicherheit­sstandards der Deutschen Kreditwirt­schaft wie kontaktbeh­aftete Kartenzahl­ungen“, erläutert Schulz.

Kontaktlos zahlen können Kunden auf vielfältig­e Weise, mit der Girokarte, der Kreditkart­e oder dem Smartphone. Einfach die Karte oder das Smartphone mit einigen Zentimeter­n Abstand an das Lesegerät halten, schon wird der Betrag abgebucht – wenn die entspreche­nde Funktion aktiviert ist.

Bei kleineren Beträgen ist die Eingabe einer PIN meist nicht notwendig. „Bisher waren in Deutschlan­d meist nur Zahlungen bis 25 Euro ohne PIN möglich“, sagt Michael Herte von der Verbrauche­rzentrale Schleswig-holstein. „Aufgrund der Corona-pandemie wurde diese Grenze auf 50 Euro angehoben.“Unabhängig von dem höheren Limit müssen Verbrauche­r allerdings zwischendu­rch ihre Geheimnumm­er wieder eingeben – spätestens nach fünf Transaktio­nen oder nach einer Gesamtsumm­e von maximal 150 Euro.

Ob Bargeld oder Karte – bei beiden Zahlungsar­ten entstehen dem

Händler Kosten. Diese kann er an den Kunden weitergebe­n – etwa über die Preise. „Direkte Zusatzkost­en fallen für den Kunden aber nicht an, egal wie er zahlt“, sagt Binnebößel. Allerdings kann es passieren, dass Kunden bei ihrer Bank für jede bargeldlos­e Zahlung eine Gebühr entrichten müssen. „Das kommt auf das persönlich­e Kontomodel­l an“, sagt Herte.

Wer etwa für jede Transaktio­n ein Entgelt bezahlt, „wird am Monatsende bei der Kontoabrec­hnung staunen, wenn die Girokarte oft zum Einsatz gekommen ist“, warnt Herte. Verbrauche­r sollten daher unbedingt die Gebühren checken, bevor sie zugunsten des bargeldlos­en Zahlens auf Scheine und Münzen verzichten.

Auch bestimmte Banknoten dürfen Händler ablehnen

Foto: Benjamin Nolte, dpa

Kunden können dabei auch Kosten entstehen

Manchmal findet man diese Kosten im Preisausha­ng der Bank unter allgemeine­n Begriffen wie „beleglose Buchung“und „Basislasts­chrift“. „Im Zweifel hilft es, ganz konkret bei der Bank nachzufrag­en, ob die Kartenzahl­ung im Supermarkt etwas kostet“, rät Herte. Besonders Konten ohne oder mit geringer Grundgebüh­r können hohe Einzelentg­elte auslösen – so die Erfahrung des Verbrauche­rschützers.

Wollen Kunden solche Kosten vermeiden, können sie über einen Kontowechs­el nachdenken. „Allerdings gibt es kostenlose Kartenzahl­ungen eher bei den höherpreis­igen Kontomodel­len“, gibt Herte zu bedenken. Verbrauche­r müssten also abwägen, ob sie die Karte oft genug einsetzen, dass sich der Kontowechs­el lohnt.

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In vielen Geschäften können Kunden nicht nur mit Karte, sondern auch kontaktlos Bezahlen – wegen Corona nutzen immer mehr diese Option.

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