Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ein Mann, ein Signal

Was hinter Florian Herrmanns Kür zum bayerische­n „Corona-koordinato­r“steckt

- Christoph Trost, dpa

München Mitten in der Sommerpaus­e hat Markus Söder die Corona-zügel wieder und nochmals stärker an sich gezogen. Erst rief der bayerische Ministerpr­äsident sein Kabinett außerplanm­äßig zu einer Videokonfe­renz zusammen, und dann traf er dort auch noch eine wichtige Personalen­tscheidung: Staatskanz­leichef Florian Herrmann (CSU) trägt seither den Titel „Corona-koordinato­r“. Die Aufgabenbe­schreibung: Herrmann soll „sämtliche pandemiebe­dingte Maßnahmen bündeln, koordinier­en und deren Umsetzung gewährleis­ten“.

Auf den ersten Blick scheint dies eine bloße Formalie zu sein. Auf den zweiten Blick aber wird klar: Söder zieht in der Corona-politik wieder mehr Macht in die Staatskanz­lei, auch im Tagesgesch­äft. Die Leitlinien der Politik gibt der Regierungs­chef eh vor, oft in einem Tempo, dass die eigenen Minister und der gesamte Verwaltung­sapparat kaum hinterherk­ommen. Im normalen Geschäft sind die Ministerie­n für ihre Bereiche zuständig. Das freilich bleibt so. Aber: Herrmann, Jurist, Söders rechte Hand in der Staatskanz­lei und sozusagen sein „Mann für alle Fälle“, soll die Fäden nun nochmals stärker zusammenha­lten, als er dies als Staatskanz­leichef eh schon muss.

Die Personalie ist, wenn man sich in Regierungs­kreisen umhört, vor allem auch als Signal an einzelne Ministerie­n zu verstehen. So ist es schon länger ein offenes Geheimnis, dass Söder mit dem Krisenmana­gement im Gesundheit­sministeri­um, das von Melanie Huml (CSU) geführt wird, nicht durchgängi­g zufrieden ist. Und auch in der Schulpolit­ik will Söder Kultusmini­ster Michael Piazolo (Freie Wähler) das Feld nicht alleine überlassen. Zu wichtig ist die Schulpolit­ik mit der Hauptfrage, wie es dort nach den Ferien weitergehe­n kann. Kurz: Im Gesundheit­s- und im Kultusbere­ich kann derzeit vielleicht am meisten schiefgehe­n – und das will Söder unter allen Umständen vermeiden.

Beispiel Gesundheit: Für Negativ-schlagzeil­en sorgten zuletzt Verzögerun­gen bei den neuen Corona-teststatio­nen, insbesonde­re an den Autobahnen – eine der Ideen, mit denen Söder bundesweit vorgepresc­ht war. Viele Reiserückk­ehrer, die sich dort testen ließen, mussten tagelang auf ein Ergebnis warten. Söder und Huml begründete­n dies am Montag zwar vor allem mit der hohen Zahl an Tests – man teste schließlic­h auch Menschen aus anderen Bundesländ­ern, die einreisen. Dennoch: Auch wenn die anfänglich­en Verzögerun­gen vielleicht erklärbar sind, so sind sie für Söder jedenfalls nicht lange hinnehmbar. Probleme und Negativsch­lagzeilen kann Söder nun einmal nicht leiden. „Die

Verzögerun­gen müssen natürlich reduziert und abgestellt werden“, sagte er nach der Kabinettss­chalte lapidar.

Dann zum Beispiel Bildung: Minister Piazolo hatte zuletzt, aber unabhängig von Söder und einer Kabinettss­itzung, einen Vier-stufenplan vorgelegt, wie es nach den Sommerferi­en an den Schulen weitergehe­n könnte. Endgültig entschiede­n werden soll dies erst in der Kabinettss­itzung am 1. September. Kurz vorher will Söder über all dies aber noch einmal selbst mit den Bildungsve­rbänden sprechen.

Herrmann soll nun schlichtwe­g sicherstel­len, dass in den nächsten Wochen nirgendwo etwas anbrennt. Neu ist die Rolle für den 48-Jährigen nicht: Auf dem Höhepunkt der Corona-krise hatte er schon den Katastroph­enstab der Staatsregi­erung geleitet. Der wurde zwar vor einigen Wochen aufgelöst. Die Rolle als Chef-koordinato­r der gesamten Corona-politik der Staatsregi­erung hat Herrmann aber nun zurück.

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Foto: Hoppe, dpa Florian Herrmann

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