Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Ein Mann, ein Signal
Was hinter Florian Herrmanns Kür zum bayerischen „Corona-koordinator“steckt
München Mitten in der Sommerpause hat Markus Söder die Corona-zügel wieder und nochmals stärker an sich gezogen. Erst rief der bayerische Ministerpräsident sein Kabinett außerplanmäßig zu einer Videokonferenz zusammen, und dann traf er dort auch noch eine wichtige Personalentscheidung: Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) trägt seither den Titel „Corona-koordinator“. Die Aufgabenbeschreibung: Herrmann soll „sämtliche pandemiebedingte Maßnahmen bündeln, koordinieren und deren Umsetzung gewährleisten“.
Auf den ersten Blick scheint dies eine bloße Formalie zu sein. Auf den zweiten Blick aber wird klar: Söder zieht in der Corona-politik wieder mehr Macht in die Staatskanzlei, auch im Tagesgeschäft. Die Leitlinien der Politik gibt der Regierungschef eh vor, oft in einem Tempo, dass die eigenen Minister und der gesamte Verwaltungsapparat kaum hinterherkommen. Im normalen Geschäft sind die Ministerien für ihre Bereiche zuständig. Das freilich bleibt so. Aber: Herrmann, Jurist, Söders rechte Hand in der Staatskanzlei und sozusagen sein „Mann für alle Fälle“, soll die Fäden nun nochmals stärker zusammenhalten, als er dies als Staatskanzleichef eh schon muss.
Die Personalie ist, wenn man sich in Regierungskreisen umhört, vor allem auch als Signal an einzelne Ministerien zu verstehen. So ist es schon länger ein offenes Geheimnis, dass Söder mit dem Krisenmanagement im Gesundheitsministerium, das von Melanie Huml (CSU) geführt wird, nicht durchgängig zufrieden ist. Und auch in der Schulpolitik will Söder Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) das Feld nicht alleine überlassen. Zu wichtig ist die Schulpolitik mit der Hauptfrage, wie es dort nach den Ferien weitergehen kann. Kurz: Im Gesundheits- und im Kultusbereich kann derzeit vielleicht am meisten schiefgehen – und das will Söder unter allen Umständen vermeiden.
Beispiel Gesundheit: Für Negativ-schlagzeilen sorgten zuletzt Verzögerungen bei den neuen Corona-teststationen, insbesondere an den Autobahnen – eine der Ideen, mit denen Söder bundesweit vorgeprescht war. Viele Reiserückkehrer, die sich dort testen ließen, mussten tagelang auf ein Ergebnis warten. Söder und Huml begründeten dies am Montag zwar vor allem mit der hohen Zahl an Tests – man teste schließlich auch Menschen aus anderen Bundesländern, die einreisen. Dennoch: Auch wenn die anfänglichen Verzögerungen vielleicht erklärbar sind, so sind sie für Söder jedenfalls nicht lange hinnehmbar. Probleme und Negativschlagzeilen kann Söder nun einmal nicht leiden. „Die
Verzögerungen müssen natürlich reduziert und abgestellt werden“, sagte er nach der Kabinettsschalte lapidar.
Dann zum Beispiel Bildung: Minister Piazolo hatte zuletzt, aber unabhängig von Söder und einer Kabinettssitzung, einen Vier-stufenplan vorgelegt, wie es nach den Sommerferien an den Schulen weitergehen könnte. Endgültig entschieden werden soll dies erst in der Kabinettssitzung am 1. September. Kurz vorher will Söder über all dies aber noch einmal selbst mit den Bildungsverbänden sprechen.
Herrmann soll nun schlichtweg sicherstellen, dass in den nächsten Wochen nirgendwo etwas anbrennt. Neu ist die Rolle für den 48-Jährigen nicht: Auf dem Höhepunkt der Corona-krise hatte er schon den Katastrophenstab der Staatsregierung geleitet. Der wurde zwar vor einigen Wochen aufgelöst. Die Rolle als Chef-koordinator der gesamten Corona-politik der Staatsregierung hat Herrmann aber nun zurück.