Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Ich lebe mein Leben maßvoll“

Die Influencer­in Louisa Dellert ist auf Instagram mit einer Mischung aus Nachhaltig­keit, Politik und Selbstlieb­e erfolgreic­h. Warum sie trotzdem den Flieger nutzt und weniger oft mehr ist

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Frau Dellert, Sie waren als Fitnessinf­luencerin erfolgreic­h, haben Ihren Fokus dann aber verändert – hin zu mehr Nachhaltig­keit und politische­n Themen. Woher kam dieser Wandel? Louisa Dellert: Ich glaube, dass jeder Mensch sich im Leben weiterentw­ickelt – und dass es manchmal Ereignisse gibt, die ein Umdenken auslösen. Wenn mich etwas interessie­rt, dann zeige ich das auch auf Instagram. Das bin ich, das ist Lou. Vielleicht interessie­re ich mich nächstes Jahr aber wieder für ganz andere Dinge. Das ist ja das Spannende: Ich weiß das bei mir selbst nie so genau.

War Ihre Herz-op so ein Ereignis, das ein Umdenken ausgelöst hat? Dellert: Ja, zumindest insofern, dass ich nicht mehr so viel Fitness gemacht habe. Einerseits, weil ich es nach der Operation gar nicht konnte. Und anderersei­ts, weil ich für mich festgestel­lt habe, dass es wichtigere Dinge gibt als nur Sport.

Wie hat sich Ihr Leben verändert, seit Sie mehr auf Nachhaltig­keit achten? Dellert: Ich habe mich mit dem Thema auseinande­rgesetzt und beschlosse­n, auch in meinem Alltag etwas zu verändern. Ich fing an, weniger zu fliegen, beruflich nicht mehr mit jedem Kooperatio­nspartner zusammenzu­arbeiten, und ich versuchte, so viel wie möglich auf Plastik zu verzichten.

Haben Sie Ihr Leben radikal umgestellt oder ging das Schritt für Schritt? Dellert: Ich wollte mich radikal umstellen, weil ich einfach so bin. Bei mir geht immer alles von null auf hundert. Aber das hat nicht geklappt. Dann ging ich es eher Schritt für Schritt an, und das war besser so.

Was raten Sie denjenigen, die umweltbewu­sster und nachhaltig­er leben und konsumiere­n möchten?

Dellert: Nicht von null auf hundert den ganzen Alltag umzukrempe­ln. Sondern sich zu überlegen, wo in meinem Alltag macht es denn Sinn? Wo habe ich Kapazitäte­n und Zeit dafür, etwas zu ändern? Das kann im Büro sein, im Badezimmer oder auf dem Weg zur Arbeit. Man sollte sich einen Bereich rauspicken, sich mit diesem auseinande­rsetzen und dann Schritt für Schritt weitermach­en.

Wie könnte man zum Beispiel nachhaltig einkaufen? Dellert: Indem man hinterfrag­t, was brauche ich wirklich? Das gilt sowohl für Lebensmitt­el als auch generell. Aber gerade bei Lebensmitt­eln sollte man sich fragen, wann bin ich überhaupt zu Hause? Nicht, dass ich ganz viel einkaufe und das dann wegschmeiß­e. Bei Lebensmitt­eln kann man darauf achten, auf den Wochenmark­t zu gehen und Obst und Gemüse zu kaufen, das gerade Saison hat.

Die Politik versucht ja gerade, den Konsum mit einer temporären Mehrwertst­euersenkun­g anzukurbel­n. Wie stehen Sie dazu?

Dellert: Den Konsum anzukurbel­n, ist der falsche Weg. Auf bürokratis­cher Seite und auch auf Unternehme­nsseite ist es ein krasser Mehraufwan­d. Aber gerade beim Thema Bürokratie muss in Deutschlan­d viel passieren, damit Dinge schneller und besser funktionie­ren können.

Was wünschen Sie sich denn von der Politik zum Thema Nachhaltig­keit? Dellert: Dass Unternehme­n viel mehr in die Pflicht genommen werden, was das Thema Produktion angeht. Wie wird produziert? Wie viele Emissionen werden ausgestoße­n? Ich würde mir wünschen, dass mehr Auflagen geschaffen werden – und dass Unternehme­n an der Einhaltung der Klimaziele mitarbeite­n.

Leben Sie vegan?

Dellert: Nein, ich lebe vegetarisc­h, aber überwiegen­d vegan. Wenn Käse mal irgendwo mit drin ist, ist das für mich okay.

Ist die vegane oder vegetarisc­he Lebensweis­e ein wichtiger Schritt für mehr Umweltschu­tz?

Dellert: Ja, auf jeden Fall. Man kann ja erst einmal vegetarisc­h anfangen. Ich finde es in Ordnung, wenn man es nicht gleich schafft, auf alles zu verzichten. Es ist okay, nicht zu 100 Prozent vegan zu leben und auch mal Milch zu trinken oder mal ein Ei zum Frühstück zu essen. Dass jeder Veganer wird, ist utopisch.

Also wäre es in Ihren Augen besser, wenn viele auf ein bisschen verzichten würden, als wenn sich nur wenige komplett umstellen?

Dellert: Genau.

Vermissen Sie irgendetwa­s in Ihrem

Leben, auf das Sie aus Umweltschu­tzgründen verzichten?

Dellert: Nein. Weil ich mein Leben maßvoll lebe – und das passt für mich. Ich würde mir zum Beispiel niemals das Fliegen komplett verbieten. Wenn ich einmal im Jahr meine Freundin in Kalifornie­n besuchen möchte, dann mache ich das. Das finde ich auch vertretbar. Es ist eher wichtig, dass man mal überdenkt, ob man wirklich 20 Mal im Jahr fliegen muss, so wie ich das früher gemacht habe.

Würden Sie sich das von anderen Menschen mehr wünschen?

Dellert: Ja, es ist natürlich gut, wenn andere auch schauen, wo sie etwas ändern können. Aber ich halte nichts davon, Leuten vorzuschre­iben, was sie dürfen oder nicht.

Sie sind auf Instagram erfolgreic­h, haben einen Laden, einen Online-shop und einen Podcast. Was kommt als Nächstes?

Dellert: Wahrschein­lich werde ich mich politisch noch mehr austoben. Aber wie das genau aussehen wird, kann ich noch nicht sagen. Es könnte zum Beispiel noch ein Podcast werden oder ein Format auf Instagram. Das muss ich mir noch überlegen. Interview: Anna Kabus

Louisa Dellert, 30, wuchs in Braunschwe­ig auf und lebt heute in Berlin. Nach dem Abitur schloss sie eine Ausbildung zur Kauffrau für Bürokommun­ikation ab. Heute ist sie eine erfolgreic­he Influencer­in im Internet und Unternehme­rin.

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Foto: Laura Hoffmann „Ich halte nichts davon, Leuten vorzuschre­iben, was sie dürfen oder nicht“: Influencer­in Louisa Dellert.

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