Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wie sich Dieter Benkard dem Ruhestand nähert
Drei Jahrzehnte lang kümmerte sich der 76-jährige SPD-MANN unermüdlich um die Anliegen Oberhausens. Jetzt muss der Altstadtrat lernen, dass er „weg vom Fenster“ist. Welche Rolle dabei sein Kleingarten spielt
Akribisch und – wenn nötig – mit gehörigem Nachdruck bei den Ämtern kümmerte sich Dieter Benkard in seinen drei Jahrzehnten als Spdstadtrat um die Anliegen der Oberhauser Bürger. Genauso akkurat pflegt der 76-Jährige heute seinen Kleingarten an der Wertach. Die Grünoase ist dermaßen gut in Schuss, dass man den Eindruck gewinnt, jegliches Unkraut würde sich aus Respekt vor dem Parzellenbesitzer erst gar nicht breitmachen. „Ich habe meinen Garten in den vergangenen Monaten sehr zu schätzen gelernt“, sagt Benkard. Nicht nur wegen Corona, sondern auch als Ablenkung von der Tatsache, dass er plötzlich nicht mehr als Kommunalpolitiker gefordert ist. Die erste Zeit sei sehr schwer für ihn gewesen, gibt das Oberhauser Urgestein zu.
Ende April verabschiedete der damalige Oberbürgermeister Kurt Gribl die scheidenden Stadträte – darunter auch Dieter Benkard. Dieser schwärmt noch heute „von der wunderbaren, sehr bewegenden Rede“. Er habe sich wirklich zusammenreißen müssen, um seine Tränen zu unterdrücken. Als dann noch die Anwesenden applaudierten, habe er sich gedacht: „Das habe ich wohl all die Jahre nicht so schlecht gemacht.“
Benkard hat sich bewusst für den Abschied aus der Kommunalpolitik entschieden. Nicht nur, um der jüngeren Generation Platz zu machen, sondern auch seiner eigenen Gesundheit und der seiner Frau Gerlinde zuliebe. Dennoch falle es ihm nicht leicht, sich von dem loszusagen, was viele Jahre seinen Alltag bestimmt hat.
So vermisst er den regelmäßigen Kontakt zu seiner Fraktion, muss darüber hinwegkommen, dass er „weg vom Fenster“ist. Aus den Augen, aus dem Sinn. „Man verliert schnell den Kontakt, wenn man sich nicht selbst drum kümmert. Man verwaist regelrecht“, sinniert der Rentner, der den Ruhestand erst noch lernen muss. Dass er erst Zeitung lesen müsse, um informiert zu sein, sei eine völlig neue Erfahrung für ihn.
Für die SPD sitzen etliche neue Gesichter im Stadtrat. Hinzu kommt der Fraktionszusammenschluss mit der Linken, mit dem die Stadträtin Margarete Heinrich ihren
Austritt begründete. Auch Benkard findet die Konstellation nicht ideal. Er könne den Schritt Heinrichs nachvollziehen, auch wenn er an ihrer Stelle vor einer endgültigen Entscheidung noch ein, zwei Nächte darüber geschlafen hätte. Benkard sagt: „Ich bleibe in der SPD und werde trotzdem immer meine Meinung sagen.“
Etwa, wenn der 76-Jährige nach seiner Ansicht zur neuen schwarzgrünen Stadtregierung gefragt wird. Er hätte sich gewünscht, dass die SPD ihr weiterhin angehört, „um in der heutigen Zeit eine große, stabile Mehrheit zu haben“. Benkard bedauert nicht nur den Wechsel in die Opposition, sondern auch den Verlust etlicher Sitze im Stadtrat. Trotz eines guten Listenplatzes hat Tim Kattner, sein Nachfolger im Ortsverband Oberhausen, nicht den Einzug in das Gremium geschafft. Darüber hinaus stünden auch noch die benachbarten Stadtteile Kriegshaber und Bärenkeller ohne einen eigenen Spd-vertreter im Kommunalparlament da. „Da muss ich doch wieder aktiv werden, wenn die Leute auf mich zukommen“, sagt Benkard nur halb im Scherz.
Seine regelmäßigen Touren durch Oberhausen behält der „Dieter“, wie er von den meisten genannt wird, als „Stadtrat a. D.“bei.
Am Herzen liegen ihm vor allem der Helmut-haller-platz und der neue Sporttreff am Meierweg. Stadtweit will er auch als langjähriger Funktionär im Kleingartenwesen die Entwicklung der Anlagen im Auge behalten – etwa die aus seiner Sicht „längst überfällige“Erweiterung der Kolonie Reinhold Wolff in Göggingen.
Benkard selbst ist in seiner kleinen Anlage direkt an der Wertach rundum glücklich. Sein Blick fällt auf den Apfelbaum, dessen Früchte bald eine reiche Ernte versprechen. „Der schaut sehr gut aus“, freut sich der Gärtner. Hinter ihm liegen mehrere Wochen, in denen er zusammen mit seiner Frau das Obst der eigenen Parzelle und noch manches Kilo Pfirsiche zu Marmelade verarbeitet hat – teilweise mit Likör verfeinert.
Alle Gläser sind nun fein säuberlich beschriftet zuhause eingelagert. Abnehmer, sagt Benkard, gebe es genug für die hausgemachte Leckerei – etwa seine Kolleginnen und Kollegen aus der Spd-stadtratsfraktion.