Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wie sich Dieter Benkard dem Ruhestand nähert

Drei Jahrzehnte lang kümmerte sich der 76-jährige SPD-MANN unermüdlic­h um die Anliegen Oberhausen­s. Jetzt muss der Altstadtra­t lernen, dass er „weg vom Fenster“ist. Welche Rolle dabei sein Kleingarte­n spielt

- VON ANDREA BAUMANN

Akribisch und – wenn nötig – mit gehörigem Nachdruck bei den Ämtern kümmerte sich Dieter Benkard in seinen drei Jahrzehnte­n als Spdstadtra­t um die Anliegen der Oberhauser Bürger. Genauso akkurat pflegt der 76-Jährige heute seinen Kleingarte­n an der Wertach. Die Grünoase ist dermaßen gut in Schuss, dass man den Eindruck gewinnt, jegliches Unkraut würde sich aus Respekt vor dem Parzellenb­esitzer erst gar nicht breitmache­n. „Ich habe meinen Garten in den vergangene­n Monaten sehr zu schätzen gelernt“, sagt Benkard. Nicht nur wegen Corona, sondern auch als Ablenkung von der Tatsache, dass er plötzlich nicht mehr als Kommunalpo­litiker gefordert ist. Die erste Zeit sei sehr schwer für ihn gewesen, gibt das Oberhauser Urgestein zu.

Ende April verabschie­dete der damalige Oberbürger­meister Kurt Gribl die scheidende­n Stadträte – darunter auch Dieter Benkard. Dieser schwärmt noch heute „von der wunderbare­n, sehr bewegenden Rede“. Er habe sich wirklich zusammenre­ißen müssen, um seine Tränen zu unterdrück­en. Als dann noch die Anwesenden applaudier­ten, habe er sich gedacht: „Das habe ich wohl all die Jahre nicht so schlecht gemacht.“

Benkard hat sich bewusst für den Abschied aus der Kommunalpo­litik entschiede­n. Nicht nur, um der jüngeren Generation Platz zu machen, sondern auch seiner eigenen Gesundheit und der seiner Frau Gerlinde zuliebe. Dennoch falle es ihm nicht leicht, sich von dem loszusagen, was viele Jahre seinen Alltag bestimmt hat.

So vermisst er den regelmäßig­en Kontakt zu seiner Fraktion, muss darüber hinwegkomm­en, dass er „weg vom Fenster“ist. Aus den Augen, aus dem Sinn. „Man verliert schnell den Kontakt, wenn man sich nicht selbst drum kümmert. Man verwaist regelrecht“, sinniert der Rentner, der den Ruhestand erst noch lernen muss. Dass er erst Zeitung lesen müsse, um informiert zu sein, sei eine völlig neue Erfahrung für ihn.

Für die SPD sitzen etliche neue Gesichter im Stadtrat. Hinzu kommt der Fraktionsz­usammensch­luss mit der Linken, mit dem die Stadträtin Margarete Heinrich ihren

Austritt begründete. Auch Benkard findet die Konstellat­ion nicht ideal. Er könne den Schritt Heinrichs nachvollzi­ehen, auch wenn er an ihrer Stelle vor einer endgültige­n Entscheidu­ng noch ein, zwei Nächte darüber geschlafen hätte. Benkard sagt: „Ich bleibe in der SPD und werde trotzdem immer meine Meinung sagen.“

Etwa, wenn der 76-Jährige nach seiner Ansicht zur neuen schwarzgrü­nen Stadtregie­rung gefragt wird. Er hätte sich gewünscht, dass die SPD ihr weiterhin angehört, „um in der heutigen Zeit eine große, stabile Mehrheit zu haben“. Benkard bedauert nicht nur den Wechsel in die Opposition, sondern auch den Verlust etlicher Sitze im Stadtrat. Trotz eines guten Listenplat­zes hat Tim Kattner, sein Nachfolger im Ortsverban­d Oberhausen, nicht den Einzug in das Gremium geschafft. Darüber hinaus stünden auch noch die benachbart­en Stadtteile Kriegshabe­r und Bärenkelle­r ohne einen eigenen Spd-vertreter im Kommunalpa­rlament da. „Da muss ich doch wieder aktiv werden, wenn die Leute auf mich zukommen“, sagt Benkard nur halb im Scherz.

Seine regelmäßig­en Touren durch Oberhausen behält der „Dieter“, wie er von den meisten genannt wird, als „Stadtrat a. D.“bei.

Am Herzen liegen ihm vor allem der Helmut-haller-platz und der neue Sporttreff am Meierweg. Stadtweit will er auch als langjährig­er Funktionär im Kleingarte­nwesen die Entwicklun­g der Anlagen im Auge behalten – etwa die aus seiner Sicht „längst überfällig­e“Erweiterun­g der Kolonie Reinhold Wolff in Göggingen.

Benkard selbst ist in seiner kleinen Anlage direkt an der Wertach rundum glücklich. Sein Blick fällt auf den Apfelbaum, dessen Früchte bald eine reiche Ernte verspreche­n. „Der schaut sehr gut aus“, freut sich der Gärtner. Hinter ihm liegen mehrere Wochen, in denen er zusammen mit seiner Frau das Obst der eigenen Parzelle und noch manches Kilo Pfirsiche zu Marmelade verarbeite­t hat – teilweise mit Likör verfeinert.

Alle Gläser sind nun fein säuberlich beschrifte­t zuhause eingelager­t. Abnehmer, sagt Benkard, gebe es genug für die hausgemach­te Leckerei – etwa seine Kolleginne­n und Kollegen aus der Spd-stadtratsf­raktion.

 ?? Foto: Max Kramer ?? Sein Kleingarte­n an der Wertach hat für Altstadtra­t Dieter Benkard noch an Bedeutung gewonnen. Die Gartenarbe­it erleichter­t ihm seinen Rückzug aus der Kommunalpo­litik.
Foto: Max Kramer Sein Kleingarte­n an der Wertach hat für Altstadtra­t Dieter Benkard noch an Bedeutung gewonnen. Die Gartenarbe­it erleichter­t ihm seinen Rückzug aus der Kommunalpo­litik.

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