Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Gefährlich: Liebe und Hass im Internet
Wichtige Regel für alle Freunde der sozialen Medien, aber beileibe nicht nur für die: Das Internet vergisst nichts. Deswegen sollte man sich nicht allzu sehr aus dem Fenster lehnen, wenn es um öffentlich bekundete Liebes- oder Abscheubekundungen geht.
Wie verfänglich ein vor Jahren unachtsam abgesetzter Tweet sein kann, musste nun Matt Doherty erfahren. Der 28-jährige Verteidiger wechselte unlängst zum Premierleague-klub Tottenham Hotspur. Kurz nachdem der Verein die Verpflichtung bekannt gegeben hatte, lud Tottenham noch ein Video hoch. Es zeigt, wie Doherty am Laptop zwei Nachrichten löscht, die er vor acht Jahren auf dem Kurznachrichtendienst Twitter veröffentlicht hat. Der erste Tweet lautet: „Ich liebe Arsenal für immer und ewig“, der zweite „Ja, ich bin ein GROSSER Arsenal-fan“. Es mit dem Londoner Stadtrivalen so zu halten – es soll Dinge geben, die bei Tottenham besser ankommen.
Doherty bekam mit den Videos noch elegant die Kurve – den Stab über ihn zu brechen, wäre aber etwas unfair gewesen. Generationen von ehemaligen Fußball-profis dürften froh sein, dass es zu ihrer aktiven Zeit noch kein Twitter, Facebook oder was auch immer gab.
Ob Bruno Labbadia, der einen etwas promiskuitiven Umgang mit seinen Klubs pflegt – manche sagen, er wechselt die Vereine häufiger als andere die Unterwäsche – ein Kandidat gewesen wäre? Gut möglich, dass der Stürmer in Diensten des HSV mal ein „Was ist grün und stinkt nach Fisch?“getweetet hätte und das etliche Jahre später beim Wechsel zu Werder Bremen wieder löschen hätte müssen. Ob Udo Lattek als Bayern-trainer den Gladbacher Rivalen „viel Spaß bei der Vizemeisterschaft, ihr Luschen“gewünscht hätte, um diesen Facebook-post als Fohlen-trainer zu revidieren? Hätte sich Andreas Möller als Dortmunder zu einem „Schalke – ein Leben lang dieselbe Unterhose an“hinreißen lassen, bevor er selbst Königsblau wurde? Ob Manuel Neuer als Schalke-ultra dem FC Bayern „schon wieder keine Stimmung, FCB!“konstatiert hätte? Selbst wenn: Das ist so lange her, dass Neuer es bestenfalls auf Lokalisten geschrieben haben könnte. Und dieses Netzwerk gibt es nicht mehr – dem Branchenriesen Facebook sei Dank. Manchmal vergisst das Netz eben doch.