Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Kraft tanken

Urlaub in Deutschlan­d: Die Seelenorte im Sauerland kennenlern­en

- VON BERND F. MEIER

Wolfgang Kraft muss schmunzeln, denn dieses Wortspiel kennt er natürlich: Herr Kraft führt seine Gäste zum Kraftort. Und zwar zu den Almequelle­n. Quellen, Kirchen, einsame Bachtäler, knorrige Bäume, schroffe Felsen und ungewöhnli­che Friedhöfe: All dies sind Kraftorte im Sauerland.

„Wir nennen die besonderen Plätze Seelenorte“, sagt Wanderrefe­rentin Sabine Risse vom Tourismusv­erband der Region. Diese Überhöhung mag man zunächst für gewagt halten oder schlicht für Marketing. Oder man nimmt sie als Anstoß, um das Sauerland einmal selbst zu erkunden.

Der beruhigend­e Klang des Wassers

Stille erleben die Besucher an den Almequelle­n. „Kommen Sie mit auf die andere Seite der Talaue bis zur Ruhebank. Dort können Sie die Quellen sogar hören“, verspricht Wolfgang Kraft. Da blubbert es beständig aus dem Untergrund. Aus 104 Quellen sprudeln bis zu 800 Liter pro Sekunde.

Die Wasser bilden das Alme-flüsschen, das von hier aus talwärts strömt und bei Schloss Neuhaus in die Lippe mündet.

Die Almequelle­n sind nur einer der Seelenorte im Sauerland. Das Konzept hat folgenden Hintergrun­d: Heimatkund­ler, Historiker, Förster, Pfarrer, Naturschüt­zer und Wanderführ­er wurden vor drei Jahren aufgerufen, ihre besonderen Plätze zu benennen. Mit überwältig­endem Echo: Mehr als 200 Vorschläge kamen zusammen. Aus ihnen wurden 43 Orte herausgefi­ltert, die als Bestandtei­le regionaler Kultur und Geschichte prägend sind für Land und Leute.

„Ehrliche Plätze, die den Sauerlände­rn selbst wichtig sind“, betont Touristike­rin Risse. Und Anlaufpunk­te für Auswärtige, auch einmal dieses Mittelgebi­rge in Westfalen kennenzule­rnen.

Wallfahrt auf den Wilzenberg

Im Land der 1000 Berge – so ein Name für das Sauerland – spielt der Wilzenberg eine Sonderroll­e. 685 Meter ragt er als Berg mit breitem Buckel in die Höhe. „Alle anderen Gipfel sind in Bergketten eingebunde­n“, sagt Hans-robert Schrewe bei einer Tour auf den Wilzenberg. Schrewe war früher Beamter in Schmallenb­erg, heute bezeichnet er sich als Erzählpate vom Wilzenberg.

Seit 200 Jahren sei der Wilzenberg Wallfahrts­stätte, so Schrewe. Alle drei Jahre wandern mehr als 400 Schützenbr­üder aus dem Raum Meschede

singend und betend den Berg empor – für sie ist das ein Seelenort. Wie der Wilzenberg haben viele der 43 Seelenorte einen Paten, mit denen man nach Absprache den jeweiligen Platz besuchen kann. Informatio­nen dazu bietet Sauerland-tourismus.

Holzkreuze statt Grabsteine

Im Tod sind alle gleich: Diese Volksweish­eit wird deutlich auf dem Friedhof in Schmallenb­erg-wormbach an der Dorfkirche St. Peter und Paul. Hier stehen schlichte Holzkreuze. „In den 1940er Jahren hat der damalige Pastor August Rösing den einstigen Kult beendet. Großer Bauer, dickster Grabstein, das war dem Pfarrer zuwider“, erzählt Rita Engelbertz. Die 79-Jährige zeigt seit vielen Jahren Besuchern Friedhof und Dorfkirche, die um das Jahr 1250 erbaut wurde. Das heutige Gotteshaus ist die vierte Kirche, das erste soll Überliefer­ungen zufolge schon im 8. Jahrhunder­t hier gestanden haben. Damals zogen Mönche über die Heidenstra­ße zwischen Köln und Kassel zur Christiani­sierung ins Sauerland.

Bonifatius, der Apostel der Deutschen, soll auch in Wormbach gewesen sein. Sicher ist das keineswegs. Seelenorte bergen ihre Geheimniss­e.

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Holzkreuze statt Grabsteine auf dem Friedhof in Schmallenb­erg.
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Stolzer Baum: Die Eiche im Ohl, einer der Seelenorte im Sauerland, ist rund 250 Jahre alt.
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Fotos: Bernd F. Meier/tmn Innenaufna­hme der Dorfkirche St. Peter und Paul in Schmallenb­erg – das Gotteshaus ist ein Ort der Besinnung.

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