Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Pflege: Jeder Fünfte arbeitet für Niedriglohn
Prekäre Jobs auch im Handel und in der Gastronomie. Arbeitsmarkt erholt sich
Berlin Dass Schwestern, Pfleger, Verkäuferinnen und Verkäufer zwar systemrelevant sind, aber nicht zu den Gutverdienern gehören, ist der Gesellschaft in den zurückliegenden Monaten bewusst geworden. Sie bekamen Beifall von den Balkonen, aber diese Anerkennung übersetzt sich nicht auf den Lohnzettel. Neue Zahlen der Bundesregierung zeigen, dass viele Coronahelden zu den am schlechtesten bezahlten Beschäftigten der ganzen Wirtschaft gehören. Im Handel ist es jeder Vierte, der in Vollzeit weniger als 2270 Euro brutto pro Monat verdient und damit unter die Niedriglohnschwelle fällt. In der Pflege ist es jeder Fünfte.
Insgesamt sind in Deutschland 4,06 Millionen Vollzeitbeschäftigte Geringverdiener, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Allgäuer Abgeordneten Susanne Ferschl (Linke) hervorgeht. Die Ergebnisse liegen unserer Redaktion vor. Niedriglöhner bekommen weniger als zwei Drittel des mittleren Einkommens von 3400 Euro brutto. Neben Pflege und Handel wird auch in der Landwirtschaft und in der Logistik wenig gezahlt. Einsames Schlusslicht bei den Gehältern ist die Gastronomie. Zwei Drittel der Köche, Kellner und Barmänner sind Geringverdiener. „Dass so viele Vollzeitbeschäftigte nur einen Niedriglohn verdienen, zeigt, dass der gesetzliche Mindestlohn noch immer ein Armutslohn ist“, beklagt Ferschl. Aktuell steht die Lohnuntergrenze bei 9,35 Euro vor Steuern und Abgaben.
In den wirtschaftsstarken Bundesländern Bayern und Badenwürttemberg liegt der Anteil der Geringverdiener bei jeweils rund 15 Prozent. Damit ist jede sechste Vollzeitstelle betroffen. Der Anteil war in den zurückliegenden Jahren des Aufschwungs, bevor diesen das Virus jäh unterbrach, stabil geblieben. Zum Vergleich: Im Osten Deutschlands
sind mehr als 30 Prozent aller Vollzeitstellen schlecht bezahlt. „Der Arbeitsmarkt lag schon vor Corona im Argen. Deutschland hat den größten Niedriglohnsektor in Westeuropa“, sagt Ferschl. Höhere Löhne, so Ferschls Rechnung, sorgen für höhere Einnahmen der Sozialkassen, die durch die jetzige Krise schwer beansprucht werden.
Aus der Wirtschaft mehren sich die Zeichen dafür, dass sich die Konjunktur nach dem Coronaschock gefangen hat. Zwar legte die Zahl der Arbeitslosen im August erneut zu, aber nicht durch Coronaentlassungen, sondern wegen der Sommerpause. Insgesamt sind laut Arbeitsagentur mittlerweile knapp 3 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet und damit über 600000 mehr als vor einem Jahr. Rückläufig sind hingegen die Anzeigen für Kurzarbeit. „Die Zahlen geben Anlass zu vorsichtiger Zuversicht“, sagt Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Sein Kabinettskollege Peter Altmaier hob seine Konjunkturprognose leicht an. Ende April rechnete sein Wirtschaftsministerium noch mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung im Gesamtjahr von 6,3 Prozent. Nun ist der CDUMANN etwas optimistischer und erwartet ein Minus von 5,8 Prozent. „Der Aufholprozess der Wirtschaft nach dem Lockdown hat eingesetzt“, sagt Altmaier.
In Bayern waren im August 308000 Menschen ohne Job. Arbeitsministerin Carolina Trautner (CSU) sagte: „Mit einer Arbeitslosenquote von 4,1 Prozent steht Bayern zwar im August im bundesweiten Vergleich erneut am besten da. Die Quote liegt aber auch sehr deutlich über der Vorjahresmarke von 2,9 Prozent.“Je nach Ort sind die Unterschiede gewaltig. In der Stadt Schweinfurt stieg die Arbeitslosenquote auf 7,6 Prozent. Auch in Augsburg liegt sie über 7 Prozent. Am niedrigsten ist sie in Eichstätt mit 2,3 Prozent.
So manches Kind träumt davon, Astronaut zu werden. Ins All fliegen, auf einem anderen Planeten landen, einen Fuß auf Mond oder Mars setzen. Von dort in aller Ruhe die Erde beobachten, staunen. Als kleiner Junge will Claus Kleber genau das. Seinem Vater nacheifern, ihn womöglich überflügeln. Der Papa ist damals Ingenieur und arbeitet für die deutsche Raumfahrt.
Heute, viele Jahre später, hat Claus Kleber die Welt immer im Blick. Nicht als Astronaut, sondern als einer der Moderatoren der Nachrichtensendung heute-journal im Zweiten Deutschen Fernsehen. Um 21.45 Uhr, wenn der disziplinierte Arbeitnehmer mit geputzten Zähnen das Bett für den bevorstehenden Schlaf richtet, kommt Kleber mit dem Wichtigsten des Tages um die Ecke. Im Hintergrund dreht sich die Weltkugel – ganz langsam. Man schaut auf die Länder, von denen der Mann mit dem Scheitel erzählt. Von Kriegen, Krisen. Heute, an Claus Klebers 65. Geburtstag, moderiert Kollegin Marietta Slomka.
Vielleicht erinnert sich Kleber an seinem Ehrentag daran, wie seine Karriere beginnt. Wie bei vielen Journalisten beginnt Klebers Berufsleben zunächst im Lokalen. Er arbeitet als freier Mitarbeiter für den Kölner Stadtanzeiger. Kleber ist damals Schüler im nicht weit entfernten Bensberg. Danach studiert er Jura in Tübingen, geht zum Südwestfunk nach Konstanz und wird 1986 Hörfunkkorrespondent in den Vereinigten Staaten, in der Hauptstadt Washington.
Dass die USA Klebers Leidenschaft werden, hängt wieder mit seinem Vater zusammen. Der erzählt ihm von Dienstreisen dorthin. In seinen Berichten versteht sich Kleber als Anwalt des Landes der unbegrenzten Möglichkeiten. „Mir waren immer solche Geschichten die liebsten, in denen das stark vorurteilsbehaftete Amerikabild der Deutschen gegen den Strich gebürstet wurde“, sagt Kleber. Den Leitsatz des langjährigen Tagesthemen-moderators Hanns Joachim Friedrichs will Kleber aber beherzigen: „Ein Journalist soll sich nicht gemeinmachen mit einer Sache, auch nicht mit einer guten.“Seine Kritiker finden, dass Kleber immer wieder seine eigene Meinung einbringt.
Ein halbes Jahr London, zwölf Jahre USA, das ist Klebers Auslandsbilanz. Währenddessen wird er Vater. Seit 1982 ist er mit der Medizinerin Renate Grziwok verheiratet. Das Paar bekommt zwei Töchter, Catharina und Alexandra. Heute lebt Claus Kleber in Wiesbaden. Zum ZDF auf dem Mainzer Lerchenberg ist es nicht weit.
Seit 17 Jahren leitet und moderiert Claus Kleber das heute-journal. Mehr als dreieinhalb Millionen schauen die Sendung jeden Tag. Das sind mehr Zuschauer, als die Tagesthemen in der ARD haben. Eine Zeitung nennt Kleber einen „Gewinn für die Sendung“. Doch es gibt auch Kritik. Etwa widerspricht Kleber 2012 dem damaligen iranischen Staatspräsidenten Mahmud Ahmadinedschad nicht, als dieser den Holocaust leugnet. Claus Kleber sagt später: „Heute würde ich das anders machen.“Philipp Schulte