Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
RB Leipzig darf vor Fans spielen
Bundesliga-auftakt unter strengen Auflagen
Leipzig Knapp drei Wochen sind es noch bis zum Auftakt der Fußballbundesliga – und noch immer ringen die Vereine um Konzepte für Fans. Zumindest für einen Klub gibt es für das Auftaktspiel Klarheit: RB Leipzig darf vor mehreren tausend Fans spielen. Beim Spiel gegen den 1. FSV Mainz 05 am 20. September sind bis zu 8500 Zuschauer zugelassen. Das entspricht 20 Prozent des Fassungsvermögens der Red Bull Arena. Die Stadt Leipzig bestätigte die Freigabe am Dienstagnachmittag. „Wir wollen mit dieser Genehmigung ein Stück Normalität wagen. Wir sind uns bewusst, dass die Pandemie noch lange nicht besiegt ist. Aber dort, wo es geht, muss Menschen – unter strengen Auflagen – auch erlaubt sein, ihren Alltag zurückzubekommen“, sagte Oberbürgermeister Burkhard Jung. Bedingung ist unter anderem eine Maskenpflicht für die Zuschauer sowie strenge Abstandsregeln. Die
Karten werden unter Dauerkarteninhabern verlost und kommen nicht in den offenen Verkauf.
Beim FC Augsburg reagierte man verhalten auf die Nachricht. „Zum jetzigen Zeitpunkt und aufgrund der momentanen Verordnungen in Bayern gehen wir derzeit nicht davon aus, dass Zuschauer in der Wwk-arena zugelassen werden“, sagt Fca-geschäftsführer Michael Ströll unserer Redaktion.
Vom ehemaligen Kanzler Helmut Schmidt stammt die Erkenntnis, in der Krise beweise sich der Charakter. Was sind wir Deutsche also für Menschen? Dieser Krise wohnt ja ein derartiger Wumms inne, dass sich eine Antwort aufdrängt: Wir sind – zumindest in der Mehrheit und verkörpert durch die Große Koalition – eine Nation, die sehr gerne auf Nummer sicher geht, also die Zukunft des Landes in Pandemiezeiten nicht fahrlässig dem freien Spiel der Marktkräfte überlässt.
Demnach zeigt sich der nationale Charakter darin, dass der coronabedingte, also unverschuldete Ausfall von Arbeit von der Solidargemeinschaft in Form einer großzügigen Kurzarbeiter-regelung aufgefangen wird. In der Krise stehen wir überwiegend zusammen und wenden dafür Milliarden an Versicherten
und Steuergeldern auf. Welche stabilisierende Wirkung davon ausgeht, lässt sich aus dem aktuellen Arbeitsmarktbericht herauslesen: Angesichts der Wucht der Krise ist die Arbeitslosenzahl mit 2,955 Millionen nur um 636 000 höher als vor einem Jahr. Kaum auszudenken, wenn der Staat nicht die schützende Hand über den Arbeitsmarkt halten würde. Dann hätten viele der zuletzt gezählten 5,36 Millionen Kurzarbeiter ein ernstes Problem und mehr als vier Millionen Menschen wären arbeitslos. Doch nicht nur die Kurzarbeit wirkt sich segensreich aus. Auch die noch einmal bis Jahresende verlängerte Möglichkeit für überschuldete Betriebe, eine Insolvenz nicht anzeigen zu müssen, verhindert Massenarbeitslosigkeit.
All diese Puffer machen es indes schwierig, eine Prognose zu treffen, wie es 2021 und nach dem Auslaufen der Kurzarbeit vor allem 2022 auf dem Arbeitsmarkt weitergeht. Fallen dann weitere hunderttausende, vielleicht mehr als eine Million Stellen weg? Zahlt sich unsere Solidarität nicht aus? Wäre es ehrlicher, schon 2020 die wohlige Hand des Staates über dem Kopf der Nation wegzuziehen und aufreizend-eiskalt in die Tasche zu stecken? Ein solches Verhalten könnte nur als riskant und schäbig zugleich gelten: Denn die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die deutsche Solidaritäts-taktik zumindest für viele Wirtschaftszweige aufgeht. Wenn die Menschen weltweit geimpft sind, wird das kapitalistische Rad schnell wieder in gewohntem Tempo laufen. Dann kommt die deutsche Exportwirtschaft auf Touren, Restaurants sind endlich voll, Bars dürfen öffnen und alle, die mit Großveranstaltungen Geld verdienen, können erneut loslegen. Dafür garantieren allein die Lebenslust, der Tatendrang und die Findigkeit des Menschen. Deutschland erwacht endgültig aus der Corona-schockstarre.
Es spricht also viel für ein Gelingen des warmherzigen deutschen Groß-experiments. Dennoch könnte 2022 die Arbeitslosigkeit spürbar höher als vor dem Corona-ausbruch ausfallen – und das nicht nur als Folge der Pandemie. Allein in der Autobranche kostet der Wechsel zur Elektromobilität wohl zehntausende Jobs, auch weil die neuen Motoren nicht mehr aus derart vielen Teilen wie herkömmliche bestehen. Einige Wirtschaftszweige werden sicher dauerhaft Einbußen hinnehmen müssen: Dazu zählen Reise-dienstleister, Hotelbetreiber, Messe-unternehmen, Caterer, Event-manager und Fluglinien. Schließlich lernen Unternehmer wie Beschäftigte, dass die eine oder andere Dienstreise, ja mancher Kongress kostensparend digitalisiert werden kann. Im Gegenzug entstehen jedoch neue Jobs, um dafür die technische Infrastruktur auszubauen. Der Idealfall wäre also: Deutschland setzt mit seinem Solidar-modell international Maßstäbe, kommt schnell aus der Krise und digitalisiert sich endlich, wie es einem Industriestaat angemessen ist.
Es spricht viel für ein Gelingen des Experiments