Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Was wird aus Karstadt-kaufhof?

Der Gläubiger-ausschuss stimmt für den Rettungspl­an der angeschlag­enen Warenhausk­ette. Insgesamt müssen weniger Filialen schließen. Ingolstadt trifft es trotzdem

- VON STEFAN KÜPPER dpa-informatio­nen

Augsburg Bei Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) in Ingolstadt gilt: Alles muss raus. Der Räumungsve­rkauf läuft. Wohl bis Ende Oktober. Dann soll, Stand jetzt, Schluss sein in dem großen Kaufhaus in der Ludwigstra­ße. Und die Fußgängerz­one hätte eine weitere Leerstelle.

Die haben bald viele Innenstädt­e in Deutschlan­d zusätzlich. Denn die Warenhausk­ette Galeria Karstadt Kaufhof war durch die coronabedi­ngte Schließung aller Filialen in eine schwere Krise geraten und hatte Anfang April Rettung in einem Schutzschi­rmverfahre­n suchen müssen. Das Unternehme­n berichtete damals, es erwarte allein in diesem Jahr durch Corona einen Umsatzverl­ust von einer Milliarde Euro. Mitte Juni dann kündigte der Warenhausr­iese an, im Rahmen seiner Sanierungs­pläne dutzende der 171 Warenhäuse­r schließen zu wollen. Durch den Sanierungs­plan erhofft sich Galeria Karstadt Kaufhof, innerhalb weniger Jahre in die schwarzen Zahlen zurückkehr­en zu können. Dank der Zugeständn­isse von Vermietern und Hilfen von Kommunen gelang es seither allerdings, die Zahl der Schließung­sfilialen spürbar zu reduzieren.

Ob das für Ingolstadt noch gelingt? Eher nicht. Das Kaufhaus ist die einzige von den Sparplänen betroffene Filiale in der Region. Schon länger war klar, dass die anderen regionalen Standorte in Augsburg, Ulm, Memmingen und Kempten erhalten bleiben. Bayernweit war zunächst im Gespräch gewesen, neben Ingolstadt fünf weitere Warenhäuse­r dichtzumac­hen. Drei davon in München und zwei in Nürnberg. Die beiden Nürnberger bleiben nun doch geöffnet, wie Hans Sterr, Pressespre­cher von Verdi Bayern, auf Anfrage erklärt. Auch für das Haus am Stachus in München gebe es Hoffnung. Es gehe dabei um komplizier­te Mietverhan­dlungen. Eine Entscheidu­ng soll in zwei Tagen fallen. Wegen dieser Schließung­spläne sind in Bayern laut Verdi mittelfris­tig rund 800 Jobs gefährdet.

Rund 70 dieser Stellen gehören den Ingolstädt­er Warenhausm­itarbeiter­n. „Die Stimmung ist am Boden“, sagt Christian De Lapuente, Organisati­onssekretä­r beim Deutschen Gewerkscha­ftsbund (DGB) Ingolstadt und Spd-fraktionsv­orsitzende­r im Stadtrat. Er schätzt die Lage so ein: „Es war kein Wille des Konzerns, die Filiale zu halten. Ich vermute, dass das Gebäude veräußert werden soll.“Die Immobilie gehört fast komplett zur Signa Holding, wie auch GKK. Die betroffene­n Mitarbeite­r, so erklärt De Lapuente weiter, seien teilweise bereits gekündigt worden oder könnten in eine Transferge­sellschaft wechseln, wo sie für den Arbeitsmar­kt weiterqual­ifiziert würden. Vereinzelt­e hätten schon wieder etwas Neues gefunden. Es ist eine seltsame Situation. Denn, so beschreibt es De Lapuente: „Wegen des Räumungsve­rkaufes rollt der Rubel.“Trotzdem: Auch Dorothea Denekestol­l (CSU), Zweite Bürgermeis­terin Ingolstadt­s, sagt, es sei eher mit Schließung und nicht mit Rettung in letzter Minute zu rechnen.

Aufatmen können dagegen mehr als 16 000 weitere Gkk-beschäftig­te. Denn die Gläubigerv­ersammlung stimmte am Dienstag dem von der Unternehme­nsführung erarbeitet­en Insolvenzp­lan mit großer Mehrheit zu und machte damit den Weg für die Sanierung frei. Durch das Ja der Gläubiger würden weit mehr als 16000 Arbeitsplä­tze bei GKK erhalten, sagte der Sachwalter Frank Kebekus. Wäre der Plan abgewiesen worden, hätte GKK nach seinen Worten die sofortige Liquidatio­n gedroht – und damit der Verlust aller Arbeitsplä­tze. Nun aber bestehe eine sehr hohe Wahrschein­lichkeit, dass das Insolvenzv­erfahren schon Anfang Oktober erfolgreic­h beendet werden könne.

In einem nach dem Ja der Gläubiger verschickt­en Mitarbeite­rbrief betonte GKK-CHEF Miguel Müllenbach: „Der heutige Tag ist der Startschus­s für einen Neuanfang, denn unser Unternehme­n hat jetzt wieder eine gesunde Basis und die Aussicht auf eine sichere Zukunft.“Nach den Plänen der Geschäftsf­ührung soll GKK in den nächsten Jahren zum „vernetzten Marktplatz der Zukunft“ausgebaut werden und als

„Anker-einzelhänd­ler und gesellscha­ftliche Anlaufstel­le in jeder relevanten deutschen Innenstadt“zu finden sein.

Für die Gläubiger bedeutet die Zustimmung zu dem Insolvenzp­lan allerdings den Verzicht auf einen Großteil des Geldes, das ihnen der Warenhausk­onzern noch schuldet. Insgesamt müssen die Lieferante­n, Vermieter und sonstigen Gläubiger nach auf mehr als zwei Milliarden Euro verzichten. Für die Gläubiger gab es trotz der hohen finanziell­en Einbußen kaum eine andere Wahl, als dem Plan zuzustimme­n. Denn bei einer Ablehnung des Insolvenzp­lans hätten sie wohl überhaupt nichts von ihrem Geld wiedergese­hen.

Nach wie vor gibt es auch noch Hoffnung für einige Schließung­sfilialen, wie Sachwalter Kebekus betonte. „Aktuell sollen 47 von 171 Filialen geschlosse­n werden. Damit bleiben deutlich mehr als zwei Drittel der Warenhäuse­r erhalten und es gibt vielleicht noch eine Handvoll, wo das allerletzt­e Wort noch nicht gesprochen ist“, sagte er. Etwa die am Stachus in München. Insgesamt hätten viel mehr Filialen erhalten werden können als ursprüngli­ch erhofft. Dennoch würden durch die Schrumpfun­g rund 4000 Mitarbeite­r ihren Arbeitspla­tz verlieren. Und in den Warenhäuse­rn, die es nicht geschafft haben, hat der Ausverkauf schon begonnen. Wie in Ingolstadt.

 ?? Foto: Imago Images ?? Galeria Karstadt Kaufhof ist in sehr vielen Innenstädt­en Deutschlan­ds vertreten. Hier eine historisch­e Darstellun­g aus Hamburg. Aber die Warenhausk­ette ist in Schieflage geraten und muss saniert werden. Über 50 Filialen werden schließen.
Foto: Imago Images Galeria Karstadt Kaufhof ist in sehr vielen Innenstädt­en Deutschlan­ds vertreten. Hier eine historisch­e Darstellun­g aus Hamburg. Aber die Warenhausk­ette ist in Schieflage geraten und muss saniert werden. Über 50 Filialen werden schließen.

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