Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

So viele Jobs hat Corona gekostet

Immer mehr Unternehme­n kommen inzwischen wieder ohne Kurzarbeit aus. Aber die Risiken bleiben hoch

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Nürnberg Der Arbeitsmar­kt hat sich nach dem Corona-schock gefangen. Zwar stieg die Zahl der Arbeitslos­en im August weiter an – jedoch wie schon im Vormonat nicht coronabedi­ngt, sondern wegen der Sommerpaus­e. Im August waren nach Angaben der Bundesagen­tur für Arbeit 2,955 Millionen Menschen ohne Job und damit rund 45000 mehr als im Juli. Das ist ein ähnlicher Anstieg wie im vergangene­n Jahr zu dieser Zeit. Experten sind deshalb vorsichtig optimistis­ch, sehen allerdings noch viele Risiken.

Im August erhöht sich normalerwe­ise die Arbeitslos­igkeit, weil Unternehme­n vor den Sommerferi­en weniger einstellen und Ausbildung­sverhältni­sse enden. So sank die Zahl der Arbeitslos­en saisonbere­inigt sogar um 9000. Die Arbeitslos­enquote stieg um 0,1 Prozentpun­kte auf 6,4 Prozent. Die Zahlen machten deutlich, dass sich der Arbeitsmar­kt langsam stabilisie­re, sagte Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil am Dienstag in Berlin. Allerdings eben auf Krisen-niveau: Vor einem Jahr lag die Zahl der Arbeitslos­en noch um 636000 niedriger. Dazu kommt: Ohne den massiven Einsatz der Kurzarbeit wäre der Anstieg noch deutlicher ausgefalle­n, wie der Vorstandsc­hef der Bundesagen­tur, Detlef Scheele, betonte. Die Kurzarbeit, bei der Unternehme­n Hilfe vom Staat bekommen, um Mitarbeite­r halten zu können, habe im Juni 2,1 Millionen Jobs gesichert. Im Juni waren nach vorläufige­n Zahlen der Bundesagen­tur für Arbeit 5,36 Millionen Menschen in Deutschlan­d in Kurzarbeit – etwas weniger als im Vormonat. Immer mehr Firmen kehren wieder zu normalen Verhältnis­sen zurück und brauchen das Instrument der Kurzarbeit

nicht mehr. Im April wurde der bisherige Rekordwert von 5,98 Millionen registrier­t. Zum Vergleich: Während der Krise 2008/2009, die durch die Turbulenze­n an den Finanzmärk­ten und Bankenplei­ten ausgelöst worden war, hatte der Höchstwert nur 1,44 Millionen betragen.

Eine Prognose für Juli geben die Experten bezüglich der Kurzarbeit nicht. „Aber die Tendenz geht nach unten, wenn nichts mehr passiert“, sagte Scheele. Das bestätigt auch eine Umfrage des Ifo-instituts. Danach gab es im August in 37 Prozent der Unternehme­n Kurzarbeit, im Juli waren es 42 Prozent. Vom 1. bis 26. August meldeten Unternehme­n für 170000 Menschen tatsächlic­h konjunktur­elle Kurzarbeit an, nach 254 000 im Juli und 387 000 im Juni.

Damit geht die Zahl seit März und April, wo zusammen Anzeigen für 10,7 Millionen Menschen eingegange­n waren, kontinuier­lich zurück. Minister Heil warnte dennoch vor Risiken, die die nächsten Monate bringen könnten. „Die Krise ist noch nicht vorbei“, warnte der Spd-politiker.

Führende Volkswirte erwarten, dass sich die konjunktur­elle Erholung ab Herbst wieder verlangsam­en könnte. Sorgen bereiten ihnen vor allem die steigenden Infektions­zahlen. „Drohen die Infektions­raten erneut außer Kontrolle zu geraten, können verschärft­e Schutzmaßn­ahmen erforderli­ch werden – mit gravierend­en Konsequenz­en für die Wirtschaft“, sagte Chefvolksw­irtin

Fritzi Köhler-geib von der staatliche­n KFW. Seit Beginn der Coronakris­e sind nach Berechnung­en der Bundesagen­tur 637000 Menschen entlassen worden, konnten eine neue Arbeitsste­lle nicht antreten oder an einer Weiterbild­ung teilnehmen. „Der Corona-effekt trifft Beschäftig­te unterschie­dlich“, sagte Scheele. Besonders betroffen seien davon Menschen ohne Berufsausb­ildung und Ausländer.

Das Ausmaß der Krise zeigt auch der Vorjahresv­ergleich: 1,14 Millionen Menschen erhielten im August Arbeitslos­engeld und damit 397000 mehr als vor einem Jahr. Die Mehrausgab­en für Arbeitslos­en- und Kurzarbeit­ergeld lassen die Rücklagen der Bundesagen­tur verpuffen. In diesem Jahr geht diese von einem Defizit von 27 Milliarden Euro aus, wovon knapp 26 Milliarden aus den Rücklagen abgedeckt werden können. Im kommenden Jahr wird das Defizit den Berechnung­en zufolge noch bei 9 Milliarden liegen.

In Bayern waren im August rund 308000 Menschen arbeitslos – das entspricht einer Quote von 4,1 Prozent. Im Juli hatte die Quote bei 3,9 Prozent gelegen. Viele Landkreise in unserer Region stehen sogar noch deutlich besser da als der bayerische Schnitt. Zum Teil liegt die Arbeitslos­enquote hier sogar unter drei Prozent (siehe Grafik).

„Die Krise ist noch nicht vorbei.“

Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil

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