Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Hilfe, die Vögel singen nicht mehr
Geht es vielen von uns nicht auch so? Also jeden Tag das Gleiche hören, das ödet einen doch irgendwie an. Gut, es gibt Lieblingssongs, die ersten Takte reichen und – wunderbar, schon fühlt man sich gut. Aber trotzdem immer die gleiche Melodie, jahrein, jahraus – das langweilt doch tierisch. Vielleicht ging es den Weißkehlammern auch so. Sie hatten ihn einfach satt, ihren immer gleichen Gesang. Ihre traditionsreiche Tonfolge. Pfiffen auf die Pfeif-tradition und verblüffen seitdem Biologen und Bürgerwissenschaftler in ganz Kanada.
Doch nicht nur dort wird genau hingehört, was so alles von Bäumen, in Büschen und von Dächern tiriliert wird. Auch die bayerischen Gärtner sind aufmerksame Vogelfreunde und rufen dieser Tage häufig beim Landesbund für Vogelschutz an. Und zwar in großer Sorge, wie dieser berichtet. Dabei sind es nicht etwa neue Klänge wie in Kanada, die aufhorchen lassen, sondern das Gegenteil: die plötzliche Stille. Doch die Experten des LBV beruhigen: Der nachlassende Gesang sei kein Grund zur Panik. Wenn die Brutzeit im Spätsommer abgeschlossen sei, gebe es keine Gründe mehr zu singen.
Vogelfreunde dürfen also durchatmen. Aber auch gespannt sein. Wer weiß, welchem bayerischen Vogel sein Gesang schon ein wenig fantasielos vorkommt? Wer bald schon Neues komponiert? Schließlich geht es nicht darum, uns Menschen zu verzücken – das machen sie ganz nebenbei. Vor allem wollen Vogeldamen umworben sein. Und die weiblichen Weißkehlammern in Kanada scheinen einfach auf Neues zu stehen – versteht man doch.