Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Polizeieinsatz eskaliert: Beteiligte Wirtin wird angeklagt
Im Mai kommt es bei einem Einsatz der Polizei in der Maximilianstraße zu brutalen Szenen. Handyvideos erregen große Aufmerksamkeit. Jetzt liegt eine Anklage vor: Darin geht es auch um einen Biss
Es waren Handyvideos, die im Mai bundesweit für Aufsehen sorgten. Darauf zu sehen: eine unübersichtliche Situation vor einer Bar in der Maximilianstraße, eine Auseinandersetzung zwischen mehreren Polizisten, der Wirtin einer Bar und ihrer Mutter. Ein Polizeieinsatz, der eskaliert. Als ein Beamter in Richtung des Kopfes einer der Frauen schlägt, werfen umstehende Menschen Tische und Stühle um, manche skandieren „Polizeigewalt“. Doch der Polizist, der auf den Videos zu sehen ist, hat offenbar nicht grundlos zugeschlagen.
Die Staatsanwaltschaft Augsburg jedenfalls hat nach Informationen unserer Redaktion die Wirtin und ihre Mutter wegen der Geschehnisse an dem Abend angeklagt. Es geht um mehrere und unterschiedliche Delikte: Demnach geht es in der Anklage um Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung, Beleidigung und gefährliche Körperverletzung.
Die Ermittler gehen davon aus, dass der Beamte, der auf dem Video zu sehen ist, zuvor von der Wirtin in den Oberschenkel gebissen wurde, und zwar so massiv, dass der Stoff der Hose dabei kaputt ging und der Mann eine klaffende Wunde erlitt. Der Beamte musste deshalb im Krankenhaus behandelt werden.
Auch drei weitere Beamten sollen bei dem Einsatz nach früheren Polizeiangaben verletzt worden sein. Die Wirtin und ihre Mutter erlitten ebenfalls Verletzungen. Beide wiederum sollen die Polizisten mit deftigen Worten beleidigt haben, „Arschloch“und „scheiß Schlampe“seien gefallen.
An dem Abend hatten sich abends viele Menschen am Herkulesbrunnen versammelt, Gruppen gebildet und dabei auch gegen die damals im Freistaat gültigen Corona-einschränkungen verstoßen. Die Wirtin der Bar hatte, wie andere Gastronomen in der Straße, Getränke zum Mitnehmen verkauft. Sie geriet dann offenbar mit Mitarbeitern des Ordnungsamtes aneinander, die unter anderem die laute Musik und die Gruppenbildung vor ihrem Lokal beanstandet haben sollen.
Laut damaligem Polizeibericht habe die Wirtin die Ordnungsdienstler verbal angegangen und die Stimmung der Menschenmenge gegen die städtischen Mitarbeiter aufgeheizt. Eine Polizeibeamtin soll daraufhin versucht haben, die 30-jährige Wirtin und deren anwesende Mutter hinsichtlich der Verstöße zu sensibilisieren, „als plötzlich eine der beiden Frauen unvermittelt der Beamtin ins Gesicht schlug“, wie es hieß. Demnach gingen die Handgreiflichkeiten von der Wirtin und ihrer Mutter aus. Die Gastronomin hatte die Situation gegenüber unserer Redaktion anders dargestellt und geschildert, die Aggressionen seien von den Ordnungsbehörden ausgegangen. Später wollte sie sich auf Anraten ihres Anwaltes Ralf Schönauer zu dem Abend nicht mehr äußern. Schönauer sagt nun auf Anfrage, er wolle zum derzeitigen Zeitpunkt nichts zu den Vorwürfen in der Anklage sagen.
Das Landeskriminalamt prüft, wie in solchen Fällen üblich, den Einsatz und das Verhalten der Beamten. Ob das bereits abgeschlossen ist, war zunächst nicht in Erfahrung zu bringen. Strafantrag gegen die beteiligten Polizisten gestellt haben die Wirtin oder ihre Mutter dem Vernehmen nach nicht. Der Prozess gegen die Angeklagten soll vor dem Amtsgericht stattfinden. Ein Termin steht offenbar noch nicht fest.