Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Polizeiein­satz eskaliert: Beteiligte Wirtin wird angeklagt

Im Mai kommt es bei einem Einsatz der Polizei in der Maximilian­straße zu brutalen Szenen. Handyvideo­s erregen große Aufmerksam­keit. Jetzt liegt eine Anklage vor: Darin geht es auch um einen Biss

- VON JAN KANDZORA

Es waren Handyvideo­s, die im Mai bundesweit für Aufsehen sorgten. Darauf zu sehen: eine unübersich­tliche Situation vor einer Bar in der Maximilian­straße, eine Auseinande­rsetzung zwischen mehreren Polizisten, der Wirtin einer Bar und ihrer Mutter. Ein Polizeiein­satz, der eskaliert. Als ein Beamter in Richtung des Kopfes einer der Frauen schlägt, werfen umstehende Menschen Tische und Stühle um, manche skandieren „Polizeigew­alt“. Doch der Polizist, der auf den Videos zu sehen ist, hat offenbar nicht grundlos zugeschlag­en.

Die Staatsanwa­ltschaft Augsburg jedenfalls hat nach Informatio­nen unserer Redaktion die Wirtin und ihre Mutter wegen der Geschehnis­se an dem Abend angeklagt. Es geht um mehrere und unterschie­dliche Delikte: Demnach geht es in der Anklage um Widerstand gegen Vollstreck­ungsbeamte, Körperverl­etzung, Beleidigun­g und gefährlich­e Körperverl­etzung.

Die Ermittler gehen davon aus, dass der Beamte, der auf dem Video zu sehen ist, zuvor von der Wirtin in den Oberschenk­el gebissen wurde, und zwar so massiv, dass der Stoff der Hose dabei kaputt ging und der Mann eine klaffende Wunde erlitt. Der Beamte musste deshalb im Krankenhau­s behandelt werden.

Auch drei weitere Beamten sollen bei dem Einsatz nach früheren Polizeiang­aben verletzt worden sein. Die Wirtin und ihre Mutter erlitten ebenfalls Verletzung­en. Beide wiederum sollen die Polizisten mit deftigen Worten beleidigt haben, „Arschloch“und „scheiß Schlampe“seien gefallen.

An dem Abend hatten sich abends viele Menschen am Herkulesbr­unnen versammelt, Gruppen gebildet und dabei auch gegen die damals im Freistaat gültigen Corona-einschränk­ungen verstoßen. Die Wirtin der Bar hatte, wie andere Gastronome­n in der Straße, Getränke zum Mitnehmen verkauft. Sie geriet dann offenbar mit Mitarbeite­rn des Ordnungsam­tes aneinander, die unter anderem die laute Musik und die Gruppenbil­dung vor ihrem Lokal beanstande­t haben sollen.

Laut damaligem Polizeiber­icht habe die Wirtin die Ordnungsdi­enstler verbal angegangen und die Stimmung der Menschenme­nge gegen die städtische­n Mitarbeite­r aufgeheizt. Eine Polizeibea­mtin soll daraufhin versucht haben, die 30-jährige Wirtin und deren anwesende Mutter hinsichtli­ch der Verstöße zu sensibilis­ieren, „als plötzlich eine der beiden Frauen unvermitte­lt der Beamtin ins Gesicht schlug“, wie es hieß. Demnach gingen die Handgreifl­ichkeiten von der Wirtin und ihrer Mutter aus. Die Gastronomi­n hatte die Situation gegenüber unserer Redaktion anders dargestell­t und geschilder­t, die Aggression­en seien von den Ordnungsbe­hörden ausgegange­n. Später wollte sie sich auf Anraten ihres Anwaltes Ralf Schönauer zu dem Abend nicht mehr äußern. Schönauer sagt nun auf Anfrage, er wolle zum derzeitige­n Zeitpunkt nichts zu den Vorwürfen in der Anklage sagen.

Das Landeskrim­inalamt prüft, wie in solchen Fällen üblich, den Einsatz und das Verhalten der Beamten. Ob das bereits abgeschlos­sen ist, war zunächst nicht in Erfahrung zu bringen. Strafantra­g gegen die beteiligte­n Polizisten gestellt haben die Wirtin oder ihre Mutter dem Vernehmen nach nicht. Der Prozess gegen die Angeklagte­n soll vor dem Amtsgerich­t stattfinde­n. Ein Termin steht offenbar noch nicht fest.

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Archivfoto: Axel Mengewein Im Mai kam es bei einem Polizeiein­satz zu Gewalt.

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