Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Der Zauberer
USA Ex-botschafter will beweisen, dass Merkel Trump bewundert
Richard Grenell ist ein Mensch, der aus seinen Überzeugungen kein Geheimnis macht. Als Diplomat in Trumps Diensten wurde er nach Berlin geschickt – und damit zum wohl undiplomatischsten Botschafter, den diese Stadt je gesehen hat. Wer sich gegen den Us-präsidenten stellt oder auch nur die leiseste Kritik an dessen Handeln (siehe
Dritte Seite) übt, bekommt den Furor Grenells zu spüren. Mit stechendem Blick und scharfen Worten kämpft er für seinen Boss. Und das auf allen Kanälen. Wer dem 53-Jährigen auf Twitter folgt, der wird derzeit mit Bildern überflutet, die er mit einem einzigen Wort kommentiert: „Charmed“– verzaubert. Denn genau das, so die Theorie des Hardliners, habe Donald Trump mit Bundeskanzlerin Angela Merkel getan. Aufgestellt hat er diese steile These beim Parteitag der Republikaner in der vergangenen Woche.
Seither erntet Grenell Spott – und pariert den mit „Beweisfotos“, auf denen Merkel dem starken Mann aus dem Weißen Haus tatsächlich so etwas wie ein zartes Lächeln schenkt. Anders als Richard Grenell beherrscht sie die hohe Kunst der Verschleierung. Die Sphinx von der Spree gibt nur selten preis, was sie von anderen hält. Bei Donald Trump aber muss man wenig zwischen den Zeilen lesen, um zu wissen: Freunde werden die beiden nicht mehr. Entsprechend fiel ihre Reaktion aus. Von einer Reporterin wurde sie kürzlich gefragt, ob Trump sie tatsächlich verzaubert habe. Die Antwort war mehr Entsetzen: „Was hat er mich?“– „Verzaubert“– „Ach so.“Keine weiteren Fragen.