Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Bundestag lässt Maske fallen
Abgeordnete sind nicht verpflichtet
Berlin Die größtmögliche Maske hatte der Bundestag 1995 auf. Damals verhüllte das Ehepaar Christo und Jeanne-claude das Reichstagsgebäude und es gab nicht wenige, die sich das Kunstprojekt als Dauerzustand wünschten. Besser nicht mitbekommen, was die Volksvertreter da alles so vermurksen, lästerten manche. Auch jetzt schüttelt mancher den Kopf über eine Entscheidung im Parlament: Während an immer mehr Orten im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus eine Maskenpflicht erlassen wird, hat sich der Bundestag davon ausgenommen. Seit Dienstag gilt dort lediglich „die dringende Empfehlung des Bundestagspräsidenten zum Tragen einer Mund-nasenbedeckung in allen Liegenschaften des Parlaments“. Mit anderen Worten: Wer keine Maske tragen will, muss das auch nicht tun. In der Tat ernten maskenlose Besucher allenfalls tadelnde Blicke, gemaßregelt werden sie nicht.
Dabei ist die neue Regelung sogar noch eine Verschärfung, denn monatelang gab es nicht einmal eine „dringende Empfehlung“zum Maskentragen. Und während drumherum das Land im Zwangsstillstand versank, Gaststätten und Kneipen schließen mussten, speisten die Abgeordneten in Einrichtungen des Parlamentsgebäudes weiter. Ohne Abstandsregeln. Ohne Masken.
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hätte gerne eine Maskenpflicht angeordnet. Der Cdu-politiker hätte dann allerdings auch Sanktionen für Maskenverweigerer
Im Landtag gilt seit Juli die Maskenpflicht
verfügen müssen – was offenbar nicht gewollt war. Grundsätzlich sind Geldbußen gegen Abgeordnete nicht verboten: Der Bundestagspräsident kann in bestimmten Fällen ein Ordnungsgeld verhängen.
Am Wochenende erst demonstrierten vor dem Parlament jene, die eine Maskenpflicht für komplett überflüssig halten. Sie äußerten ihr Misstrauen gegen die Politik. Sie dürften sich in ihrer Meinung durch diese halbherzige Maskenregelung bestärkt fühlen.
Im Bayerischen Landtag gilt übrigens für die Abgeordneten schon seit Juli die Pflicht, eine Maske zu tragen. Parlamentarier, die sich nicht daran halten, müssen mit einem Zwangsgeld rechnen, bei wiederholten Verstößen auch mehrfach. Und Ärger gab es auch schon: Die Afd-fraktion kämpft gegen die Einschränkung. Ein Abgeordneter setzte sich aus Protest eine Gasmaske auf. Landtagsvizepräsident Alexander Hold erteilte ihm eine Rüge wegen „ungebührlichen Verhaltens“und entzog ihm dann das Wort.