Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Drei, zwei, eins…
Börse Das Online-auktionshaus Ebay war einer der ersten Stars des digitalen Zeitalters. Sind die besten Tage gezählt? Die Feierlaune am 25. Geburtstag hält sich jedenfalls in Grenzen. Doch ausgerechnet Corona wurde zum Lichtblick
San José Endlich das lang ersehnte Designer-kanapee für ein Drittel des Neupreises erstehen oder die alten Homeland-dvds für ein Zehntel davon wieder verhökern. Ebay macht so was seit einem Vierteljahrhundert möglich. Dieses Alter haben nicht so viele Internetkonzerne auf dem Buckel, Ebay zählt damit zu den Urgesteinen der Online-ära. Nur wenige E-commerce-firmen haben so viel Konkurrenz kommen und gehen sehen. Aber auch die Online-handelsplattform selbst geriet in den vergangenen Jahren immer stärker in den Schatten größerer Rivalen wie Amazon und Alibaba. Am Donnerstag feiert Ebay sein 25. Jubiläum, doch im Zeichen von Expansion und Prosperität steht es nicht. Zuletzt gab es sogar noch einen handfesten Skandal.
Ganz am Anfang stand ein kaputter Laser-pointer. Das war der Artikel, der am 3. September 1995 auf der Website Auctionweb vom damals 28-jährigen Ebay-gründer Pierre Omidyar eingestellt wurde. Einige Tage später gab es den ersten Zuschlag für 14,83 Dollar. Der verdutzte Omidyar fragte den Bieter zur Sicherheit, ob ihm bewusst sei, dass er gerade ein defektes Gerät ersteigert habe. Aber alles passte: Der Käufer war ein Sammler kaputter Laser-pointer. Zunächst betrieb Omidyar das Geschäft quasi im Alleingang, 1996 heuerte dann mit dem noch heute beim Konzern beschäftigten Chris Agarpao der erste Mitarbeiter an.
Richtig los ging es aber erst 1997 mit der Umbenennung in Ebay und der Einführung des Bewertungssystems für Käufer und Verkäufer. Im März 1998 wurde Meg Whitman als Vorstandschefin verpflichtet, die den Aufstieg des Unternehmens stark prägen sollte. Im September folgte der fulminante Börsengang an der Nasdaq, der Omidyar schlagartig zum Milliardär machte.
Wie vor dem Platzen der Dotcom-blase üblich, reichten bescheidene Zahlen, um Anleger zu beeindrucken. Im Halbjahr vor dem Börsendebüt hatte Ebay gerade einmal 348000 Dollar verdient, bei einem Umsatz von 14,9 Millionen Dollar. Einige inzwischen vergessene E-commerce-rivalen wie Onstar galten manchem Analysten als das bessere Geschäft.
Inzwischen konzentriert sich Omidyar auf die Rolle als Mäzen und finanziert etwa die durch Edward Snowden und den Nsa-skandal bekannte Investigativ-website „The Intercept“. In Deutschland legte Ebay nebenbei den Grundstein den Reichtum der Samwer-brüder: Omidyar kaufte ihnen 1999 für über 50 Millionen Dollar den rund ein halbes Jahr zuvor gegründeten Ebay-klon Alando ab.
Die Deutschen hatten Ebay in Kalifornien entdeckt und die Idee schneller in Deutschland umgesetzt, als das Original den Markt betreten konnte. Ebay erreichte damals zehn Millionen registrierte Mitglieder weltweit. Heute sind es 182 Millionen aktive Käufer, zu jeder Zeit sind rund 1,5 Milliarden Angebote auf dem Marktplatz. Es ist aus heutiger Sicht schwer zu glauben, aber es gab durchaus Zeiten, in denen Ebay von Investoren deutlich höher bewertet wurde als der weltgrößte Onlinehändler Amazon. Mittlerweile wirkt Ebay mit einem Börsenwert von knapp 40 Milliarden Dollar im Vergleich zu Amazon mit 1,6 Billionen wie ein Zwerg.
Das ist auch einer der Gründe, warum sich die Feierlaune am 25. Geburtstag in Grenzen halten dürfte. Konkurrenten wie Amazon und Alibaba haben die einstige Internetauktionsfirma, die sich über die Jahre immer mehr zu einer normalen Online-handelsplattform entwickelt hat, längst abgehängt. Zwar hat Ebay derzeit einen kleinen Höfür henflug, weil der Online-shoppingboom in der Corona-krise starke Geschäftszuwächse beschert. Doch insgesamt ist spätestens seit der Abspaltung der wachstumsstarken Exbezahltochter Paypal vor fünf Jahren klar, dass Ebay nicht mehr in der Champions League der Internetkonzerne mitspielt.
Wirklich unangenehm und potenziell rufschädigend wurde für Ebay jüngst eine Affäre, bei der Exmitarbeiter Blogger tyrannisiert haben sollen, die das Unternehmen kritisiert hatten. Die Anklage der Staatsanwaltschaft liest sich teilweise wie das Drehbuch eines schlechten Gruselfilms. So sollen die sechs früheren Ebay-angestellten den Verfassern eines Online-newsletters zum Thema E-commerce zur Einschüchterung unter anderem lebendige Kakerlaken sowie einen Trauerkranz und eine Schweinemaske geschickt haben. Den Beschuldigten drohen nun jahrelange Haft- und hohe Geldstrafen. Ebay betonte zwar umgehend in einer Stellungnahme, dass sich die Anklage weder gegen das Unternehmen selbst noch gegen aktuelle Angestellte richte. Doch aus den Gerichtsunterlagen wird deutlich, dass der Skandal Kreise bis in die Chefetage zog.