Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Würzburger Logopäden-fall führte zu 44 Tatverdäch­tigen

Missbrauch Erfolg im Kampf gegen die Kinderporn­ografie: Die Fahnder haben ein Netzwerk Gleichgesi­nnter aufgedeckt

- VON MANFRED SCHWEIDLER

Würzburg/bamberg Der in Würzburg wegen Missbrauch­s von sieben Buben verurteilt­e Logopäde war Teil eines losen Netzwerkes Gleichgesi­nnter, die Kinderporn­os tauschten. Internet-fahnder der Generalsta­atsanwalts­chaft Bamberg sowie des Bayerische­n Landeskrim­inalamtes (LKA) haben bei internatio­nalen Nachforsch­ungen die Identitäte­n zahlreiche­r Komplizen des 38-Jährigen ermittelt. 44 Verdächtig­e seien inzwischen namentlich bekannt, teilte Generalsta­atsanwalt Thomas Janovsky von der Zentralste­lle Cybercrime Bayern am Mittwoch in Bamberg mit. In 13 weiteren Fällen versuchten die Ermittler noch, die Täter zu überführen.

Unmittelba­r nach der Festnahme des Würzburger­s am 21. März 2019 hatten „umfangreic­he Folgeermit­tlungen zu den Kontakten und Verbindung­en des Mannes in der weltweit vernetzten Pädophilen­szene“begonnen, so Janovsky. Mit großem Aufwand seien Datenträge­r und „Kommunikat­ionsspuren“gesichert und ausgewerte­t worden.

Ungewohnt unbürokrat­isch und schnell sei beim Thema Kindesmiss­brauch die internatio­nale Zusammenar­beit gewesen, lobte Kriminaldi­rektor Mario Huber vom LKA. „Wo es bei anderen Themen Wochen dauert, bis man aus dem Ausland brauchbare Informatio­nen bekommt, waren es in dem Fall manchmal nur Minuten, bis ich Fakten auf dem Schreibtis­ch hatte.“

Die Ermittler identifizi­erten demnach 44 Männer aus der vermeintli­chen Anonymität des Darknets heraus als Tatverdäch­tige: 27 in Deutschlan­d, weitere 17 in Belgien, Frankreich, Italien, Österreich und in der Schweiz. In weiteren Fällen hoffen die Fahnder noch auf Identifizi­erung in Deutschlan­d, Albanien, Dänemark, Ecuador, England, Jordanien, Mexiko, Polen, Russland, Tschechien und in den USA. Aktuell führe man noch in 13 Fällen selbst Ermittlung­en gegen bislang unbekannte Tatverdäch­tige, so Staatsanwa­ltschaft und LKA.

Huber schilderte teils bizarr wirkende Details – beispielsw­eise wie die Spur über das Handy eines Verdächtig­en in ein Wiener Gefängnis führte. Dort hätten wegen kinderporn­ografische­r Straftaten verurteilt­e Häftlinge heimlich mit versteckte­n Laptops ein Kinderporn­oforum betrieben. Bis zum Eingreifen der Ermittler sei dort unter rund 1000 registrier­ten Nutzern Kinderporn­ografie getauscht und verbreitet worden.

Auch bundesweit gelangen den Ermittlern weitere Erfolge. Ins Rollen gebracht wurde der Missbrauch­skomplex durch eine Durchsuchu­ng im Oktober 2019 bei einem Familienva­ter in Bergisch Gladbach. Bei ihm fand die Polizei tausende Bilder und Videos. Es ging um riesige Datenmenge­n – inklusive Spuren zu Chatpartne­rn. Davon ausgehend kamen die Polizisten nach und nach immer mehr Verdächtig­en auf die Spur. Die Ermittler sicherten nach eigenen Angaben bundesweit 2000 Beweismitt­el.

„Wer im Internet einen Marktplatz für Kinderporn­ografie betreibt, bereitet den Boden für weitere Missbrauch­staten“, kritisiert­e Bayerns Justizmini­ster Georg Eisenreich (CSU) in Bamberg. „Deshalb fordere ich einen eigenen Strafbesta­nd für die Betreiber von Kinderporn­ografie-foren.“

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Foto: Hildenbran­d, dpa Bayerns Justizmini­ster fordert einen Straftatbe­stand für das Betreiben von Kinderporn­o-foren.

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