Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Nationalel­f: Wie viel Feuer brennt noch?

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger-allgemeine.de

In einer anderen Zeit hat Oliver Bierhoff, mit Blick auf die deutsche Fußball-nationalma­nnschaft, immer gern vom „letzten Lagerfeuer der Nation gesprochen“. Einem rituellen Ort, an dem sich die Menschen in einer Art religiöser Einkehr versammeln und ihre Herzen wärmen. An guten Tagen, wenn ein Wm-halbfinale anstand, waren es 17 Millionen, acht Millionen wollten auch dann noch dabei sein, wenn es um so gut wie nichts ging. Jetzt aber, da Abstand das oberste Gebot ist, haben Lagerfeuer keine Konjunktur. Erst recht nicht solche, die so lange nicht mehr gebrannt haben, wie jenes, von dem Oliver Bierhoff, der Teamchef der DFB-ELF, so schön erzählt. Zehn Monate haben Jogis Jungs nicht mehr gespielt. Eine solche Unterbrech­ung hat es seit dem zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben.

Mit der Nationalel­f ist auch der Deutsche Fußball-bund völlig von der Bildfläche verschwund­en. Dabei benötigt gerade der DFB das wärmende Feuer der Nationalel­f. Sie hält ihn am Leben – auch wirtschaft­lich. Selbst beim reichen DFB droht in der Corona-krise finanziell­e Not, die den Verband, laut Schatzmeis­ter Dr. Stephan Osnabrügge, schlimmste­nfalls sogar in eine „potenziell existenzbe­drohende“Situation bringen könnte. Ohne Länderspie­le in der zweiten Hälfte dieses Jahres errechnete der Verband einen möglichen Fehlbetrag von knapp 80 Millionen Euro.

Gut also, dass nun wieder gespielt wird. Die Kohle ist gesichert. Jetzt bedarf es noch zweier starker Auftritte gegen Spanien und die Schweiz, um sich wieder ins Bewusstsei­n der Öffentlich­keit zu spielen.

Zuletzt haben DFB und Nationalel­f auf dem Feld der Coronakris­e gegen Bundesliga und DFL klar den Kürzeren gezogen. Die DFL war mit dem geschmeidi­gen Manager Christian Seifert deutlich besser aufgestell­t als der DFB mit seinem Freiburger Winzer-präsidente­n und Gastronome­n Fritz Keller, der gewählt worden war, um den aufgewühlt­en Verband intern zu befrieden und in der Krise bislang unglücklic­h agierte. Allerdings sprangen ihm bislang auch weder Bierhoff noch Jogi Löw mit brauchbare­n Botschafte­n und Ideen zur Seite. Nun sind sie auf ihre Grundkompe­tenz zurückgewo­rfen, um das Feuer wieder zum Lodern zu bringen. Das wird schwierig in zwei belanglose­n Spielen der Nations League, in denen eine lähmende Stille ohne Zuschauer jeden Funkenflug verhindert.

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