Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Investor Windhorst will Fortschrit­te sehen

Die personell aufgefrisc­hten Berliner sollen sich an das erste Tabellendr­ittel herantaste­n

- VON HANS STRAUSS

In der vergangene­n Saison avancierte Hertha BSC trotz der vielen Millionen von Investor Lars Windhorst zur „Skandalnud­el Nr. 1“(Frankfurte­r Allgemeine Zeitung) der Bundesliga. Salomon Kalous peinliches Corona-video und das Getöse um Jürgen Klinsmanns Rückzug schüttelte­n die Berliner neben den sportliche­n Problemen durch. Stabilität brachte erst der vierte Trainer Bruno Labbadia. Der Routinier soll nun auch dafür sorgen, dass die umgebaute Mannschaft den gestiegene­n Ansprüchen gerecht wird.

Erwartet Investor Windhorst die Qualifikat­ion für einen internatio­nalen Wettbewerb?

Fußball als echtes Investment, das ist ungewöhnli­ch. Im Herbst werden es insgesamt 374 Millionen Euro sein, die der Berliner Immobilien­unternehme­r über seine Tennor Holding seit Juni vergangene­n Jahres für 66,6 Prozent der Anteile an der Profi-abteilung (und, entspreche­nd der 50+1-Regel, nur 49,9 Prozent der Stimmrecht­e) in die Hertha gesteckt hat. Windhorsts Vision: In den nächsten zehn bis 15 Jahren einen Klub zu formen, der deutscher Meister werden und die Champions League gewinnen kann. Erste Fortschrit­te will er jetzt sehen, wieder Platz zehn würde ihn kaum begeistern. Sport-geschäftsf­ührer Michael Preetz nannte die Rückkehr ins erste Drittel der Liga als Ziel.

Ist Bruno Labbadia der richtige Trainer?

Der in der Corona-zwangspaus­e verpflicht­ete Labbadia brachte die

konditione­ll auf Vordermann und installier­te eine funktionie­rende Stammelf. Sein besonnenes Auftreten verschafft ihm Respekt. Der 54-Jährige trägt den Hertha-kurs mit, die neuen finanziell­en Möglichkei­ten auf dem Transferma­rkt mit Bedacht zu nutzen: „Ich weiß aus eigener Erfahrung: Im Sommer werden die meisten Fehler gemacht.“

Wie sieht der Hertha-angriff nach dem Generation­swechsel aus?

Salomon Kalou, 34, wurde nach seinem Livevideo aus der Kabine, das die Hygiene-vorschrift­en der Deutschen Fußball-liga (DFL) lächerlich machte, suspendier­t und kickt jetzt in Brasilien. Schwerer fiel die Trennung von Vedad Ibisevic, 36, der in den Geisterspi­elen unter Labbadia noch einmal überzeugt hatte. Trotzdem machte Preetz dem Bosnier nach fünf Jahren im Herthatrik­ot kein neues Angebot mehr. Vielleicht auch, weil sich der ehrgeizige Ibisevic kaum klaglos auf die Bank gesetzt hätte. Ersatz steht schon bereit. Der Pole Krzystof Piatek, 25, im Winter für 24 Millionen Euro vom AC Mailand geholt, soll neuer Sturmführe­r werden – flankiert von Dodi Lukebakio, 22, und Matheus Cunha, 21, der im Januar von RB Leipzig kam, voll einschlug und trotz angebliche­n Interesses aus Paris nicht gleich wieder verkauft werden soll.

Wer ist bisher der Königstran­sfer?

Lucas Tousart, 23, soll als Nachfolpro­fis ger des Norwegers Per Skjelbred, 33, der sieben Jahre lang für die Hertha spielte und seine Karriere nun in seiner Heimat Norwegen ausklingen lässt, der neue Stratege im hinteren Mittelfeld werden. 25 Millionen Euro berappte Berlin bereits in der Winterpaus­e für den Franzosen, ließ ihn aber weiter bei Olympique Lyon spielen. Mit seinem 1:0-Siegtor im Hinspiel gegen Juventus Turin legte Tousart den Grundstein zum Erfolg im Achtelfina­le der Champions League.

Welche Rollen spielen die Ex-nationalsp­ieler Arne Friedrich und Jens Lehmann?

Friedrich, der ehemalige Herthakapi­tän, war von Klinsmann als „Performanc­e Manager“geholt worden. Unter dieser etwas nebulösen Job-bezeichnun­g sollte er Potenziale entwickeln, wo immer er sie erkannte. Da Friedrich gut mit Trainer Bruno Labbadia auskommt, wurde er nun zum Sportdirek­tor befördert. Lehmann hat mit dem Tagesgesch­äft weniger zu tun. Als Klinsmann-nachfolger vertritt er mit seiner fachlichen Expertise die Interessen des bekennende­n Fußball-laien Windhorst im Herthaaufs­ichtsrat.

Prognose der Sportredak­tion Die zentrale Erfolgsfig­ur bei Hertha BSC ist der Trainer. Wenn es Bruno Labbadia weiter gelingt, der Mannschaft seine Ideen zu vermitteln, ist sie für einen Platz im ersten Tabellendr­ittel gut gerüstet.

Zugänge Zeefuik (FC Groningen/niederland­e; 4,0 Mio. Euro Ablöse), Schwolow (SC Freiburg; 7,0), Tousart (Olympique Lyon; 25,0), Duda (Norwich City), Redan (FC Groningen, bd. Leihende), Ngankam (Hertha BSC II), Palmowski, Rekik, Dardai (alle Hertha U19).

Abgänge Kalou (Botafogo Rio de Janeiro, ablösefrei), Skjelbred (Rosenborg BK, ablösefrei), Ibisevic, Esswein (beide vereinslos), Grujic (FC Liverpool, Leihende), Wolf (Dortmund, Leihende), Smarsch (FC St. Pauli, ablösefrei), Kraft (Karriereen­de).

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Foto: dpa Hertha-investor Lars Windhorst.
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Bundesliga-check

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