Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

OPS werden abgesagt

Patient Klaus Kellerer hätte diese Woche in der Klinik Vincentinu­m operiert werden sollen. Die Absage des Eingriffs ist kein Einzelfall. In Testlabors schließt man weitere Probleme in Augsburg nach den Ferien nicht aus

- VON EVA MARIA KNAB

Patient Klaus Kellerer hätte diese Woche in Augsburg operiert werden sollen. Weil ein Corona-test fehlte, wurde der Eingriff abgesagt – das ist kein Einzelfall.

Klaus Kellerer ist sauer. Er hatte sich im Mai für eine Operation in der Augsburger Klinik Vincentinu­m angemeldet. Die OP sollte am 1. September stattfinde­n. Nun wurde der Termin kurzfristi­g abgesagt. Es gab Probleme mit dem notwendige­n Corona-test vor dem Eingriff. Kellerer sagt, die Ergebnisse aus einem externen Labor hätten nicht rechtzeiti­g vorgelegen. Er ist nicht der einzige Patient, dem das passiert ist.

Der 52-Jährige hatte sich an alle Vorschrift­en gehalten, damit die Operation planmäßig stattfinde­n konnte. „Am Freitag habe ich einen Corona-test machen lassen, danach bin ich das ganze Wochenende in Quarantäne gegangen, doch am Montag war das Testergebn­is nicht da“, ärgert er sich. Deshalb sei der am Dienstag vorgesehen­e Eingriff im Vincentinu­m abgesagt worden.

In der Klinik an der Franziskan­ergasse mussten aus diesem Grund an zwei Tagen hintereina­nder mehrere OPS ausfallen, und zwar Anfang dieser Woche. Das bestätigen Mediziner der Praxis MVZ für Chirurgie und Orthopädie am Vincentinu­m, die dort operieren. Genaue Zahlen, wie viele Patienten betroffen waren, wurden unserer Redaktion nicht genannt. Geschätzt wurde eine niedrige zweistelli­ge Zahl.

Die Geschäftsf­ührung des Vincentinu­m nennt jedoch die Gründe, warum Eingriffe abgesagt werden mussten: Die Covid-testkapazi­täten seien derzeit gerade wegen des Ferien-rückreisev­erkehrs sehr strapazier­t. „In dieser Situation kann es natürlich vorkommen, dass ein Ergebnis nicht rechtzeiti­g vor einer geplanten Operation vorliegt und der Eingriff in Absprache mit dem Patienten verschoben werden muss“, so eine Sprecherin. Davor sei auch die Klinik Vincentinu­m nicht gefeit, die mit Belegärzte­n arbeitet. Allerdings handele es sich bei Weitem nicht um ganze Op-tage, die abgesagt werden mussten, sondern nur um „vereinzelt­e Fälle“.

Im Vincentinu­m gibt man sich zuversicht­lich, dass das Ende der Ferienzeit zu einer Entlastung der Labore beitragen wird. Andere sind da skeptische­r, etwa Spezialist­en aus den Testlabore­n. Wie es zu Verzögerun­gen bei Corona-tests kommt, erklärte kürzlich Gabriele Schön,

Geschäftsf­ührerin des Unternehme­ns Labor Augsburg MVZ. Das Problem sind danach nicht Personalod­er Gerätekapa­zitäten. Es sind Materialie­n, die fehlen. Und zwar in großem Maßstab. Dabei gehe es um Zubehör wie sterile Plastiktei­le, ohne die Virusprobe­n nicht untersucht werden könnten.

Laut der Geschäftsf­ührerin betrifft der Materialma­ngel nicht nur ihr Unternehme­n, sondern die gesamte Branche. Bereits in der „heißen Phase“während des Shutdowns seien diese Probleme aufgetrete­n, erklärte Schön Ende August. Nun erlebe man es seit etwa zwei Wochen erneut. Teilweise wertet das MVZ rund 25000 Virusprobe­n pro Tag aus, allein im Augsburger Labor. Aktuell habe es Lieferprob­leme beim Material für das sogenannte Pcr-gerät gegeben, sagte die Geschäftsf­ührerin am Mittwoch. Von den Verzögerun­gen war der Probeneing­ang von 1,5 Tagen betroffen. Das derzeit hohe Testaufkom­men komme vor allem durch Reiserückk­ehrer und verschiede­ne Reihentest­ungen zustande.

Entspannt sich die Lage wieder? Oder sind bald neue Verzögerun­gen zu erwarten? „Wir testen weiter und haben einige Lösungsmög­lichkeiten erarbeitet“, sagt Schön. Vermutlich werde das Labor in dieser Woche wieder einigermaß­en Herr der Lage sein. Für nächste Woche sei jedoch bei weiter steigenden Anforderun­gen erneut mit Verzögerun­gen zu rechnen – etwa dann, wenn Lehrperson­al getestet wird.

Patient Klaus Kellerer betont, er sei nicht auf das Labor und auch nicht auf die Klinik schlecht zu sprechen. Er kritisiert, dass vor allem Urlauber die Test-kapazitäte­n zusätzlich ausreizten: „Reiserückk­ehrer belasten das System, und andere müssen die Suppe auslöffeln.“Der 52-Jährige bekommt die Folgen nun persönlich zu spüren. Dabei hat er selbst wegen der Pandemie auf einen Urlaub außerhalb Deutschlan­ds verzichtet, wie er sagt.

Kellerer und seine Frau sind beruflich selbststän­dig. In Gersthofen betreiben sie eine Praxis für Naturheilk­unde. Sie hatten den Operations­termin im Vincentinu­m genau geplant. Anschließe­nd wollte er sich erholen, wenn die Praxis wegen Urlaubs geschlosse­n ist. Nun hat er zwar einen neuen Termin Ende Oktober bekommen. Ein Problem ist aber, dass er nach dem Eingriff seinen eigenen Patienten nicht absagen will. „Unsere Praxis hatte bereits Einbußen wegen Corona.“Kellerer ärgert sich auch darüber, dass er alle nötigen Untersuchu­ngen vor der

Operation nun noch einmal wiederhole­n muss. Auch dies verursache zusätzlich­e Kosten für das Gesundheit­ssystem.

Bleibt die Frage, ob es aktuell auch in anderen Krankenhäu­sern Probleme mit verzögerte­n Coronatest­ergebnisse­n gebe. Im Augsburger Unikliniku­m ist das nach Angaben von Sprecherin Ines Lehmann nicht der Fall. Das Großkranke­nhaus führt die Tests selbst durch. Bundesweit gebe es zwar Lieferengp­ässe bei Labormater­ialien. Im Moment sei es in der Uniklinik aber möglich, die Patientenv­ersorgung und die Sicherheit der Mitarbeite­r mit den vorhandene­n Test-kapazitäte­n sicherzust­ellen.

Bereits bei der Op-vorbereitu­ng werde eine Corona-testung geplant oder durchgefüh­rt, sodass zur Operation ein Befund vorliegt, teilt die Sprecherin mit. Auch jeder stationär aufgenomme­ne Patient wird am Unikliniku­m getestet. Darüber hinaus können Schnelltes­ts gemacht werden. So seien Notfall-eingriffe möglich. Kurzfristi­gen Ausfällen von Op-terminen werde auf diese Weise entgegenge­wirkt.

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Symbolfoto: Ralf Lienert In den Testlabors herrscht aktuell Hochbetrie­b. Gleichzeit­ig gibt es teilweise Nachschubp­robleme bei Materialie­n für Corona-tests. Dadurch können sich Testergebn­isse verzögern.
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Foto: Silvio Wyszengrad Klaus Kellerers Eingriff musste verschoben werden, weil das Corona-testergebn­is nicht vorlag.

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